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PolitikEuropa

Belarus setzt Auslandsmedien massiv zu

2. Oktober 2020

Journalisten, die für ausländische Medien arbeiten, dürfen zumindest am Wochenende nicht mehr aus Belarus berichten. Offiziell ist von Zwängen wegen Corona die Rede. Doch diese Taktik Lukaschenkos ist allzu durchsichtig.

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Belarus Minsk Polizisten Presse Journalisten
Bewaffnete Polizei kontrolliert Journalisten während einer Demonstration im August in Minsk Bild: Natalia Fedosenko/ITAR-TASS/Imago Images

Ausländische Journalisten können vorerst nicht weiter aus Belarus berichten. Das geht aus einer Erklärung des Außenministeriums in Minsk hervor. Die belarussischen Behörden haben die entsprechenden Akkreditierungen mit Ablauf dieses Freitags entzogen. Von dieser Regelung betroffen sind auch einheimische Journalisten, die für ausländische Medien tätig sind.

Als Grund für den Entzug sämtlicher Akkreditierungen gab die Regierung von Belarus offiziell an, dass die zuständige Kommission des Außenministeriums wegen der Einschränkungen durch Corona nicht regulär arbeiten und deshalb keine Akkreditierungen mehr bearbeiten könne. Dies solle durch ein Online-Verfahren wieder möglich werden. Die Kommission könne aber erst am kommenden Montag ihre Arbeit aufnehmen. Eine unabhängige Berichterstattung über die für das Wochenende erneut angekündigten Demonstrationen gegen Staatschef Alexander Lukaschenko ist damit nicht möglich.

DW-Chefredakteurin: "Absurder Vorgang"

Von dem rigiden Vorgehen sind auch Mitarbeiter der Deutschen Welle betroffen. "Die einzig mögliche Erklärung ist, dass die belarussische Regierung unabhängige Medien fürchtet und jeden erdenklichen Trick anwendet, um unabhängige Berichterstattung zu unterbinden", kritisierte DW-Chefredakteurin Manuela Kasper-Claridge. Denn es sei ein "absurder Vorgang", jedem einzelnen für ausländische Medien arbeitenden Journalisten die Akkreditierung zu entziehen, um sie dann unter einer neuen Regelung neu herauszugeben. Kasper-Claridge: "Wer die Pressefreiheit respektiert, würde es ermöglichen, dass die derzeitige Akkreditierung verlängert wird."

Weißrussland Minsk | Proteste gegen die Regierung Lukashenkos
Solche Fotos soll die Welt künftig nicht mehr sehen - Zehntausende Menschen demonstrierten am vorigen Sonntag gegen Machthaber Lukaschenko Bild: TUT.BY/Reuters

Diese und noch weitere Maßnahmen von Belarus sind unmittelbare Reaktionen auf die Sanktionen der Europäischen Union gegen 40 Spitzenbeamte von Lukaschenkos Apparat. Dabei handelt es sich um Kontensperrungen und Einreiseverbote. Das belarussische Außenministerium hatte zuvor schon damit gedroht, im Fall von EU-Sanktionen keine Berichterstattung westlicher Medien aus dem Land mehr zu erlauben.

Besonders Litauen und Polen im Visier

Laut dem Ministerium gibt es zudem eine Liste mit Namen von Personen aus der EU, die nicht mehr einreisen dürften. Die EU-Nachbarländer Polen und Litauen wurden aufgefordert, bis zum 9. Oktober zahlreiche Mitarbeiter aus ihren Botschaften in Minsk abziehen. So soll die litauische Vertretung von 25 auf 14 Mitarbeiter, diejenige Polens von 50 auf 18 reduziert werden. Im Gegenzug will auch Belarus das Personal in den eigenen Vertretungen in den EU-Staaten reduzieren.

Litauen will der Forderung aus Minsk allerdings nicht nachkommen. "Wir haben definitiv nicht vor, (den Botschafter) zu Konsultationen zurückzurufen, und wir werden uns sicherlich nicht dazu entscheiden, die Mitarbeiterzahl zu reduzieren", sagte Außenminister Linas Linkevicius in Vilnius. Litauen sei nicht daran interessiert, die Kommunikationskanäle zu reduzieren.

Weißrussland Minsk | Proteste gegen die Regierung Lukashenkos
Polizisten gingen am vergangenen Sonntag gegen Demonstranten vor Bild: BelaPAN/Reuters

Auch Sanktionen der USA

Nach der EU verhängten inzwischen auch die USA Sanktionen gegen acht Regierungs- und Behördenvertreter von Belarus. US-Finanzminister Steven Mnuchin gab Sanktionen gegen Innenminister Juri Karaeu, dessen Stellvertreter Alexander Barsukow sowie Vertreter der Sicherheitsbehörden und der Wahlkommission bekannt. Mögliches Vermögen der Betroffenen in den USA wird eingefrorenen, Geschäfte mit ihnen werden untersagt. Präsident Lukaschenko wurde nicht mit Sanktionen belegt - so wie dies auch die EU nicht getan hat.

Mnuchin kritisierte die Präsidentschaftswahl in Belarus vom 9. August als "betrügerisch" und verurteilte das "brutale Vorgehen gegen friedliche Demonstranten" durch die Sicherheitskräfte. Die USA würden gemeinsam mit ihren internationalen Partnern gegen jene vorgehen, die die Demokratie in Belarus über Jahre untergraben hätten, erklärte Mnuchin weiter.

sti/se (dw, afp, dpa, rtr kna)