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Belarus: Zehn Jahre Diktatur und kein Ende in Sicht ?

23. November 2006

Seit einem Referendum vor zehn Jahren regiert Präsident Lukaschenko mit umfangreichen Vollmachten. Die EU sucht nach Strategien der Demokratisierung und bietet jetzt Belarus neue Formen der Zusammenarbeit an.

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Bild: picture-alliance/ dpa/dpaweb

Am 21. November hat die EU-Kommissarin für Außenbeziehungen und Europäische Nachbarschaftspolitik, Benita Ferrero-Waldner, den belarussischen Behörden ein Dokument vorgelegt, in dem ausgeführt wird, welche Maßnahmen die EU zugunsten von Belarus ergreifen könnte, sollte sich das Land um Demokratisierung, Achtung der Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit bemühen. Sollte dies geschehen und Belarus seinen Verpflichtungen als UN- und OSZE-Mitglied nachkommen, könnte es in vollem Umfang an der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) teilnehmen.

Die EU und Belarus könnten zusammenarbeiten, um die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern. Dies umfasse unter anderem neue Handelsmöglichkeiten, um die belarussische Wirtschaft zu fördern und bessere Beschäftigungsbedingungen zu schaffen. Ferner würde dies eine Verbesserung des Gesundheitswesens und des Bildungssystems sowie die Unterstützung der besonders bedürftigen Gruppen der Gesellschaft, die Verbesserung des Verkehrs- und des Energienetzes und die Behandlung von Umweltfragen, aber auch die Reform des Rechts- und Justizsystems vorsehen, um Rechtsgleichheit für alle zu schaffen. Schließlich solle die grenzübergreifende Zusammenarbeit intensiviert werden.

Angebot an Bedingungen geknüpft

Damit die belarussische Bevölkerung in den Genuss dieser Möglichkeiten kommen könne, müsse die belarussische Regierung die Rechte ihrer Bürger achten. Sie müsse demokratische Wahlen, freie Meinungsäußerung und Zugang zu unabhängigen Informationen sowie Verbandsfreiheit gewährleisten. Die Behandlung durch das Justizsystem müsse fair und transparent sein. Kein Bürger sollte verhaftet werden, weil er seine Meinung geäußert hat, und keinem Bürger sollte versagt werden, uneingeschränkt an der Gestaltung der Zukunft des Landes mitzuwirken.

Ergänzend merkte Frau Ferrero-Waldner an: "Ich hoffe, dass die belarussische Bevölkerung in diesem Papier eine Chance auf eine demokratische Zukunft sieht und dass die Regierung in Belarus diese Gelegenheit nutzen wird, um die von ihren Bürgern benötigten Reformen einzuleiten und die Isolation zu beenden." Die EU-Kommissarin betonte, dass aufgrund der derzeitigen politischen Lage es der EU bisher nicht möglich gewesen sei, Belarus alle mit der ENP verbundenen Vorteile anzubieten, die bereits andere Länder in der Region wie die Ukraine und die Republik Moldau in Anspruch nehmen können.

EU-Kommission erntet Lob und Kritik

Die Europa-Abgeordnete der deutschen Grünen, Elisabeth Schrödter, meint, das Dokument sei nichts Neues: "Es ist das zusammengeschrieben worden, was wir alle wissen und was wir auch immer wieder den Menschen in Belarus gesagt haben. Es ist eine konzentrierte Botschaft für diese Menschen, was sie eigentlich alles verpassen, was ihre Nachbarn in der Ukraine und in der Moldau an Möglichkeiten und Perspektiven haben." Schrödter weist auf den alternativen Aktionsplan des Europäischen Parlaments hin, der ihr zufolge weiter geht: "Die Kommission fast nur zusammen, was theoretisch möglich wäre, wenn in Belarus ein Beginn von Demokratie wäre. Es fehlt ein wichtiger Teil, den wir in unserem alternativen Aktionsplan haben, was trotzdem jetzt möglich wäre und was man jetzt machen sollte. Es ist eher eine Bestandsaufnahme und nicht wirklich ein großes Aktionspapier."

Der stellvertretende Vorsitzende der belarussischen oppositionellen Sozialdemokratischen Partei "Hramada", Wladimir Nistjuk, ist der Ansicht, Europa habe endlich begriffen, dass man mit Lukaschenko einen Dialog und Kompromisse eingehen müsse: "Lukaschenko wird von einer Seite unter Druck gesetzt und wenn er jetzt noch von einer anderen stark unter Druck gesetzt wird, dann wird er als Staatschef in die Ecke getrieben und dann wird sein Vorgehen unberechenbar und schwierig. Das wird weder der Demokratisierung noch der europäischen Stabilität nutzen." Nistjuk begrüßt den Dialog. Das Dokument sei aber von der belarussischen Realität weit entfernt: "Aus irgendeinem Grund waren Experten aus Belarus an der Erarbeitung dieses Programms nicht beteiligt. Es ist nicht ganz richtig, 12 Bedingungen zu verkünden und dabei keinen Mechanismus zu deren Umsetzung vorzusehen. Ohne Mechanismus könnte ein solcher Dialog einfach misslingen."

DW-RADIO/Russisch, 21.11.2006, Fokus Ost-Südost