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Belgischer Deutschlehrerverband (BGDV)

Deutsch ist in Belgien eine der drei Landessprachen. Trotzdem birgt die Vielsprachigkeit viele Herausforderungen, denen sich der Belgische Germanisten- und Deutschlehrerverband gerne stellt.

Den Präsidenten des Belgischen Germanisten- und Deutschlehrerverbands Torsten Leuschner erreichen wir zwischen einem Seminar und dem Gang zur Mensa  also mitten in seinem Arbeitsalltag an der Universität Gent, wo er deutsche Sprachwissenschaft und Sprachpraxis sowie Landeskunde unterrichtet. Er leitet den BGDV seit Mai 2018.

Deutsche Welle: Herr Leuschner, Sie kommen aus Berlin und sind über Ihren Professor nach dem Staatsexamen mehr oder weniger zufällig nach Belgien gekommen. Wie ist es für Sie als Deutscher in einem Land, in dem offiziell drei Sprachen gesprochen werden?

Torsten Leuschner: Erst einmal ist das total faszinierend. Das ist auch einer der Gründe, weshalb ich überhaupt so an Belgien interessiert war. Ich hatte mir das Land sehr mehrsprachig vorgestellt, was ja irgendwie auch stimmt. Die einzelnen Landesteile sind inzwischen aber so autonom, dass wir zum Beispiel hier in Flandern faktisch in einer einsprachig niederländischen Region leben. Einzig in Brüssel hat man zwei gleichberechtige Amtssprachen, nämlich die beiden großen Landessprachen Niederländisch und Französisch.

Die dritte Landessprache ist Ihre Muttersprache, Deutsch, was ja nur in einem kleinen Teil Belgiens gesprochen wird. Sind die Deutschsprachigen in Belgien die Exoten?

Ja, so ein bisschen kann man das sagen. Allerdings gelten die Deutschsprachigen manchmal als die besten Belgier überhaupt, weil sie neben Deutsch auch gut Französisch sprechen und in der Schule außerdem Niederländisch lernen. Sie sind also die einzige Gruppe, die alle drei Landessprachen zugleich kann. Aber auch der heutige belgische König Philippe bemüht sich um Deutsch, indem er beispielsweise seine Weihnachtsansprache in drei Sprachen aufnimmt.

Torsten Leuschner, Vorsitzender des Belgischen Deutschlehrerverbands
Torsten Leuschner, Vorsitzender des BGDVnull privat

Das klingt ja nach tollen Nachrichten für Sie als Deutschdozent.

Ja, das stimmt. Aber es wirkt sich noch nicht wirklich auf unsere Arbeit aus. Dass die beiden größeren Landesteile immer autonomer werden, stärkt nicht unbedingt die Wahrnehmung von Deutsch als dritte belgische Landessprache.

Sie sind jetzt seit einem Jahr der Präsident des BGDV. Wie haben Sie die erste Zeit in der neuen Funktion erlebt?

Ich war zuvor bereits Vizepräsident und konnte somit schon etwas in die Aufgabe hineinwachsen. Jetzt bin ich Präsident und freue mich, dass wir auf einem bewährten Programm jährlicher Aktivitäten aufbauen können. Wir haben unsere Jahrestagung, wir organisieren Studientage für Lehrer, also Fortbildungsveranstaltungen, die dann meistens für eine Provinz gedacht sind. Und darüber hinaus veranstalten wir beispielsweise Exkursionen nach Deutschland, unter anderem auch regelmäßig zur Deutschen Welle. Das ist so unser Kernbestand.

Das ist ja schon eine ganze Menge! Gibt es denn bestimmte Projekte, die Sie als neuer Präsident angehen wollen?

Wir müssen uns natürlich immer weiterentwickeln. Dabei versuchen wir auch auf die Wünsche unserer Mitglieder zu hören, zum Beispiel indem wir bestimmte Aktivitäten, die sich früher bewährt haben, in neuer Form wieder aufleben lassen. Aber trotz allem: Nur weil sich der Präsident ändert, gibt es keinen großen Bruch bei uns, und das finde ich auch gut so.

Ihre wichtigste Veranstaltung ist die Jahrestagung, die jedes Frühjahr stattfindet. Wie läuft so eine Tagung ab?

Der BDGV ist laut der belgischen Vereinsgesetzgebung zu einer jährlichen Mitgliederversammlung in der ersten Jahreshälfte verpflichtet. Die veranstalten wir zugleich als einen Kongress für Deutsch als Fremdsprache. 2018 lief die Tagung unter dem Thema „Gebrüder Grimm“. Da haben wir mit dem Bundesland Hessen eng zusammengearbeitet, da die Brüder Grimm ja aus Hessen kamen. In der Landesvertretung Hessens in Brüssel gab es eine Kulturveranstaltung mit Vorträgen über die Brüder Grimm und Präsentationen über die Märchen. Wir haben sozusagen aus der Pflicht ein Vergnügen gemacht. 2019 dreht sich die Tagung um neue Methoden der Sprach- und Kulturvermittlung, was auch für Lehrer außerhalb des schulischen Deutschunterrichts sehr interessant ist. Die Versammlung muss stattfinden, aber wir nutzen sie, um unsere Mitglieder zu einem bestimmten Thema zusammenzubringen.

Dabei ist uns besonders wichtig, dass jede Jahrestagung in einem anderen Landesteil Belgiens stattfindet. 2017 waren wir in Flandern, 2018 in Brüssel, 2019 findet die Tagung in Wallonien statt und dann 2020 wahrscheinlich in der deutschsprachigen Gemeinschaft in Ostbelgien. Wir sind ein Verband für alle Teile Belgiens.

Vorstand des belgischen Deutschlehrerverbands
Der Vorstand des BGDV (von links Martine Van Berlo, Torsten Leuschner, Oliver Holz, Grazia Berger)null privat

Und Sie sind ein Verband für Lehrer und Germanisten zusammen. Lässt sich das gut zusammenbringen?

Es gibt viele Übergänge zwischen den beiden Gruppen, aber auch deutliche Unterschiede. Germanisten machen viel Forschung und sind oft international unterwegs. Lehrer arbeiten vor allem intensiv mit ihren Schülern. Das ist und bleibt ein Spagat. Wir geben uns große Mühe, Lehrkräfte aller Schulformen anzusprechen und sicherzustellen, dass immer auch Lehrer in unserem Vorstand und im Beirat vertreten sind. Schließlich gibt es ja viel mehr Deutschlehrer und -lehrerinnen als Germanisten.

Ist das auch eines der Ziele für Ihre zukünftige Verbandsarbeit? Lehrer mehr einbinden?

Ja, das ist eines unserer Ziele. Ein anderes wichtiges Ziel, das wir derzeit verfolgen, ist die Vernetzung mit unseren Kollegen in den Niederlanden und in Luxemburg. Wir haben gemerkt, dass wir gemeinsam stärker sind und voneinander viel lernen können.

Was genau können Sie von Ihren Nachbarn lernen?

In den Niederlanden ist das Netzwerk der Deutschlehrenden und Germanisten zentraler organisiert. In Amsterdam gibt es ein Deutschland-Institut, das mit der deutschen Botschaft, mit dem Goethe-Institut und mit dem DAAD zusammenarbeitet. Das ist sehr eindrucksvoll. Außerdem haben die Niederländer eine ganze Reihe von ganz tollen Initiativen, die Deutsch in der Öffentlichkeit bekannter machen sollen. Wir arbeiten jetzt daran, im Rahmen des belgischen Deutsch-Netzwerks ähnliche Initiativen zu starten, und unterstützen deutsche Stellen zum Beispiel auch dabei, das Schulfach Deutsch an ausgewählten Schulen in Belgien besonders zu fördern.

Außerdem wollen wir Deutsch mehr in die Öffentlichkeit und in die Aufmerksamkeit der belgischen Bildungspolitiker bringen. Das ist eine große Herausforderung, der wir uns gerne stellen.
 

Die wichtigsten Infos in Kürze:

Der Belgische Germanisten- und Deutschlehrerverband (BGDV) wurde 1974 gegründet und hat rund 200 Mitglieder. Im Universitätsverlag Winter (Heidelberg) gibt der Verband die wissenschaftliche Fachzeitschrift „Germanistische Mitteilungen“ heraus.
 

Vorstandsgremium:

  • Torsten Leuschner (Vorsitzender)
  • Grazia Berger (stellvertretende Vorsitzende)
  • Maria Ulz (Schriftführerin)
  • Martine Van Berlo (Schatzmeister)
     

IDV-Kontaktperson:

Torsten Leuschner; torsten.leuschner @ ugent.be