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Belgrad wirbt in Brüssel

Christoph Hasselbach3. September 2008

Es ist die ranghöchste serbische Delegation seit Jahren, die nach Brüssel reist. Sie will dort für die Annäherung an die EU werben. Doch trotz der Überstellung des mutmaßlichen Kriegsverbrechers Karadzic bleiben Hürden.

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Drei Männer in Anzügen (03.09.2008, Brüssel - Belgien, Quelle: AP)
Tadic (l.) mit Barroso (m.) und EU-Erweiterungskommissar Olli RehnBild: AP

Die serbische Visite in Brüssel am Mittwoch (03.09.2008) ist auch der erste Besuch seit dem Antritt einer europaorientierten Regierung in Belgrad Anfang Juli dieses Jahres. Diese neue Regierung glaubt, gute Argumente in der Hand zu haben, um eine Annäherung an die EU zu beschleunigen. Das wichtigste Argument hat den Namen Radovan Karadzic. Die Regierung war wenige Wochen im Amt, da wurde der frühere Anführer der bosnischen Serben und mutmaßliche Kriegsverbrecher festgenommen und zum Internationalen Kriegsverbrechertribunal nach Den Haag überstellt. Damit war eine der wichtigsten Forderungen der EU erfüllt. Und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hat die serbische Regierung jetzt erneut dafür gelobt.

Karadzics Militärchef Ratko Mladic und Goran Hadzic, der Anführer der Serben in Kroatien, sind dagegen noch auf freiem Fuß. Serbiens Präsident Boris Tadic tat etwas gequält, als er in Brüssel erneut darauf angesprochen wurde. "Um ganz ehrlich zu sein, wir tun alles, was möglich ist, um Ratko Mladic und Goran Hadzic zu finden, und gleich am ersten Tag, nachdem wir sie gefunden haben, werden wir sie auch ausliefern."

Stolperstein I: Flüchtige Kriegsverbrecher

Kosovo-Fahne (17,2,08, Pristina - Kosovo, Quelle: dpa)
Serbien bezweifelt, ob die kosovarische Unabhängigkeitserklärung rechtmäßig istBild: picture-alliance/ dpa

Doch solange die beiden Männer nicht überstellt sind, dürfte es keine entscheidenden neuen Schritte der Annäherung an die EU geben. Manche mutmaßen, die Belgrader Regierung wisse sehr wohl, wo Mladic und Hadzic steckten, behalte sie aber als eine Art Faustpfand in der Hinterhand, um politisch-wirtschaftliche Gegenleistungen durchzusetzen. Kommissionspräsident José Manuel Barroso meinte, es liege nun an Serbien, wie schnell das Land auf seinem Weg nach Europa vorankomme. "Ich glaube, wenn alles nach Plan läuft und wenn alle Bedingungen erfüllt sind, wird es möglich sein, Serbien 2009 den Kandidatenstatus zu geben."

Der Kandidatenstatus wäre eine wichtige Vorstufe zur Vollmitgliedschaft, die Belgrad bis 2014 anstrebt. Bisher gibt es nur ein Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen, und selbst das ist zwar unterzeichnet, aber nicht ratifiziert. Dazu müsste Serge Brammertz, der Chefankläger des Haager Tribunals, zu dem Ergebnis kommen, Belgrad arbeite vollständig mit dem UN-Kriegsverbrechertribunal zusammen.

Stolperstein II: Kosovo

Zwei Männer sprechen miteinander (5.8.93, Pale, Quelle: dpa)
Mutmaßliche Kriegsverbrecher: Karadzic (r.) ist in Den Haag, Mladic noch auf der Flucht (Archiv)Bild: picture-alliance/dpa

Auch wenn die EU von Serbien nicht erwartet, das Kosovo als unabhängigen Staat anzuerkennen, bleibt das Thema ein Dauerproblem in den Beziehungen. Hier vertritt auch Präsident Tadic ganz die traditionelle serbische Linie, dass die Unabhängigkeitserklärung keine Rechtsgrundlage habe. Und das will er von unabhängiger Seite klären lassen:

"Serbien gibt das Kosovo nicht auf. Serbien erkennt eine Unabhängigkeit des Kosovo nicht an. Nach unserer Auffassung ist die einseitige Unabhängigkeitserklärung durch die provisorischen Institutionen des Kosovo kein legaler Akt. In diesem Sinne bitten wir den Internationalen Gerichtshof um eine beratende Stellungnahme zur Rechtmäßigkeit der einseitigen Unabhängigkeitserklärung der serbischen Provinz Kosovo."

Diese gerichtliche Stellungnahme ist zwar für die serbische Regierung nicht bindend, sie will sie aber dennoch akzeptieren. Doch sie glaubt ohnehin, das Urteil werde im serbischen Sinne ausfallen.