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Yayis Intimfeind in der Stichwahl

Katrin Gänsler20. März 2016

Am Sonntag entscheidet sich, wer Präsident in Benin wird. Im Rennen sind ein Premierminister, der den größten Teil seines Lebens in Frankreich verbracht hat, und der wohlhabende Intimfeind von Alt-Präsident Boni Yayi.

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Lionel Zinsou bei der Stimmabgabe in der ersten Wahlrunde am 6. März Foto: Katrin Gänsler
Lionel Zinsou bei der Stimmabgabe in der ersten Wahlrunde am 6. MärzBild: DW/K. Gaensler

In Benin brodelt die Gerüchteküche. In dem westafrikanischen Land, das die Wiege der alten Voodoo-Religion ist, hat es in den vergangenen Wochen wohl jede Menge Orakel gegeben, um herauszufinden, wer neuer Präsident wird. Denn der gut zehn Millionen Einwohner zählende Staat ist im Wahlkampf-Fieber: Am Sonntag ist Stichwahl.

In der Kleinstadt Ouidah, rund eine Autostunde von der Wirtschaftsmetropole Cotonou entfernt, schüttelt Daagbo Hounon den Kopf. "Wir können nicht vorhersagen, welcher Kandidat gewinnen wird", erklärt der höchste Voodoo-Vertreter im Land. Deshalb möchte er auch keine Prognose abgeben. "Unsere Aufgabe ist es, zu beten, damit Frieden herrscht", sagt er bescheiden, gibt dann aber zu: Viele der anfangs 33 Kandidaten hätten ihn in seinem Palast in Ouidah besucht, mit ihm gesprochen und um seinen Segen gebeten.

Voodoo-Vertreter Daagbo Hounon Foto: Katrin Gänsler
Voodoo-Vertreter Hounon: "Beten, dass Frieden herrscht"Bild: DW/K. Gaensler

Schlechtes Abschneiden des Regierungskandiaten

Ob auch Lionel Zinsou und Patrice Talon darunter waren, darüber schweigt er lächelnd. Sie haben es nach dem ersten Urnengang in die Stichwahl geschafft. Zinsou ist Premierminister und Wunschkandidat von Alt-Präsident Boni Yayi. Er holte 28,4 Prozent. Ein mageres Ergebnis, findet Klaus-Peter Treydte, Leiter der Friedrich-Ebert-Stiftung in Cotonou: "Boni Yayi hat 2011 noch 53 Prozent bekommen. Also ist die Hälfte weggebrochen."

Der 63-jährige Yayi darf nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten. Dabei hatte er mit weiteren fünf Jahren an der Staatsspitze geliebäugelt. In seinem Bemühen, dieses Ziel zu erreichen, hatte er sich ausgerechnet mit Patrice Talon überworfen, der jetzt als Zweitplatzierter in die Stichwahl um Yayis Nachfolge geht. Der reichste Beniner - das "Forbes-Magazin" schätzt sein Vermögen auf rund 400 Millionen US-Dollar - hatte noch 2006 und 2011 dessen Wahlkampf finanziert.

Geldgeber des alten Regimes wird Intimfeind

Doch dann überspannte der Alt-Präsident offenbar den Bogen: Er habe Talon gebeten, alle 83 Parlamentarier mit umgerechnet je gut 76.000 Euro auszustatten, sagt Roger Gbégnonvi, ehemaliger Minister und bekannter Kopf der Zivilgesellschaft. "Sie sollten einer Verfassungsänderung zustimmen, damit Boni Yayi ein drittes Mal antreten kann."

Benin Kandidat Patrice Talon vor der Stichwahl für den 16.März
Kandidat Patrice Talon weigerte sich, Parlamentarier zu bestechenBild: Getty Images/AFP/P.U. Ekpei

Talon weigerte sich. "Er hatte den Mut, nein zu sagen. Die Beniner hängen an ihrer Verfassung und werden so etwas nicht akzeptieren", so Gbégnonvi. Es folgte ein mehrjähriges Schmierentheater, das seinen Höhepunkt erreichte, als Boni Yayi dem abtrünnigen Geldgeber vorwarf, er habe geplant, ihn zu vergiften. Nach drei Jahren im französischen Exil kehrte der 57-Jährige, der sein Vermögen im Baumwoll-Handel verdient hatte, 2015 zurück in die Heimat.

Baumwoll-Baron soll den Neuanfang bringen

"Talon spricht von 'nouveau départ', also von einem neuen Anfang", erklärt Klaus-Peter Treydte dessen Strategie. Damit verbunden sei der Bruch mit dem alten System, für das Lionel Zinsou steht. Als Wunschkandidat von Boni Yayi verkörpert Zinsou die Fortsetzung alter Strukturen. Dabei galt der 62-jährige Banker noch vor dem ersten Wahlgang als aussichtsreichster Kandidat.

Benin vor der Stichwahl für den 16.März
Die Menschen in Benin möchten vom Wirtschaftswachstum profitierenBild: DW/K. Gaensler

Doch schon nach seiner Stimmabgabe am 6. März ruderte er zurück und sagte: "Die Entscheidung liegt wirklich in der Hand der Wähler. Ich gebe keine Prognose ab." Zinsou hat nämlich noch einen weiteren Hemmschuh: Er hat sein ganzes Leben in Frankreich verbracht und kam erst im vergangenen Juni als Premierminister in das Heimatland seines Vaters. Jetzt kommt erschwerend hinzu, dass 24 der ausgeschiedenen Kandidaten eine Allianz gebildet und Talon ihre Unterstützung zugesagt haben. Aktuellen Spekulationen zufolge könnte der zweite Wahlgang für Zinsou mit einem Fiasko enden.

Westafrikanische Vorzeige-Demokratie und wirtschaftliche Katastrophe

Dabei wünschen sich viele Beniner vor allem eins für ihr Heimatland: Es muss sich endlich etwas tun. Der Staat gilt zwar als demokratisch und politisch stabil. Doch wirtschaftlich hat sich gerade in der zweiten Amtszeit von Boni Yayi kaum etwas getan. Das Land hängt von den Einnahmen aus dem Hafen in Cotonou und aus seinen Baumwoll-Exporten ab. Dabei, so Klaus-Peter Treydte, liegt das Wirtschaftswachstum je nach Untersuchung derzeit etwa zwischen 5,5 und 6,1 Prozent. "Doch es ist ein reines Zahlenwachstum. Eins ohne Beschäftigung."

Das spürt in Ouidah auch Voodoo-Priester Daagbo Hounon. Es gebe zu viel Armut, sagt er, und fordert vom künftigen Staatsoberhaupt: "Jeder soll mindestens zwei Mahlzeiten pro Tag haben." Und noch einen Wunsch hat er: Die Korruption müsse dringend aufhören. "Diejenigen, die uns führen, denken nur an sich und füllen sich ihre Taschen. Das ist doch nicht normal."