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Streit um BenQ-Pleite

22. März 2007

Der taiwanesische Elektronikkonzern BenQ Corp. soll gut eine halbe Milliarde Euro von seiner insolventen deutschen Tochter BenQ Mobile abgezogen haben. Diese Summe will der Insolvenzverwalter nun wieder haben.

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Angespannt: Ben-Q-Gläubiger vor ihrer Versammlung am Mittwoch, Quelle: dpa
Angespannt: Ben-Q-Gläubiger vor ihrer Versammlung am Mittwoch (21.3.07)Bild: picture-alliance/ dpa

"Wir glauben definitiv, Ansprüche zu haben. Die werden jetzt auch gerichtsfest aufbereitet", sagte eine Sprecherin des Insolvenzverwalters der ehemaligen Siemens-Handysparte, Martin Prager, am Donnerstag (22.3.07). Damit bestätigte sie einen entsprechenden Bericht der "Süddeutschen Zeitung". In einem Vermögensgutachten seien die Forderungen in Höhe von 504 Millionen Euro aber vorsichtshalber mit Null bewertet worden, weil die Bonität von BenQ Corp. fraglich und die Werthaltigkeit daher unsicher sei, sagte die Sprecherin. Zudem gebe es Gegenforderungen der Taiwanesen. "Da wird man streiten müssen."

Bei einer gut siebenstündigen Gläubigerversammlung hatte Prager am Mittwoch bekannt gegeben, dass BenQ Mobile auf einem Schuldenberg von knapp 1,2 Milliarden Euro sitzt. Die Forderungen gegen das Unternehmen sind damit noch höher als bisher bekannt. Die Gläubiger gaben bei der Versammlung auch formal ihre Zustimmung zur Zerschlagung des Unternehmens, nachdem Prager trotz Verhandlungen mit rund 30 ernsthaften Interessenten keinen Käufer gefunden hatte. Der taiwanesischen BenQ Corp. warf der Insolvenzverwalter dem "SZ"-Bericht zufolge "existenzgefährdende Eingriffe" und "Eigenkapitalentnahme" vor. Das Unternehmen kämpft selbst mit hohen Verlusten.

Scharfe Kritik an Siemens

Im September 2006 meldete Handy-Hersteller BenQ Insolvenz an, Quelle: AP
Im September 2006 meldete Handy-Hersteller BenQ Insolvenz anBild: AP

Auf der Versammlung hatte Insolvenzverwalter Prager auch den früheren Besitzer Siemens kritisiert. "Meines Erachtens fehlte bei Siemens bei diesem Markengeschäft das Markengespür", sagte Prager. Das Unternehmen habe den Endkunden "nicht auf dem Radarschirm" gehabt. BenQ Corp. wiederum habe sich mit der Siemens-Handysparte völlig übernommen und sich dann in einer "Kurzschlusshandlung" zur Insolvenz des deutschen Geschäfts entschieden.

Die Forderungen gegen Siemens bezifferte Prager auf 100 Millionen Euro. Nach seiner Einschätzung wird sich das Insolvenzverfahren noch mehrere Jahre hinziehen. 4350 Gläubiger hätten Forderungen gegen BenQ Mobile angemeldet. Allein 3500 der Gläubiger sind nach Pragers Angaben ehemalige Mitarbeiter, die insgesamt 27 Millionen Euro fordern. Ein 40-jähriger Ingenieur berichtete, sein Ex-Arbeitgeber schulde ihm noch 60.000 Euro an Gehältern und Beiträgen zur Altersvorsorge. Doch seine Hoffnung, das Geld je zu bekommen, sei gering. "Das ist hier ein sauberes Begräbnis", meinte er.

Ausschüttungsquote für Gläubiger unklar

Genaue Angaben, welchen Anteil ihrer Forderungen sie zurückerhalten würden, wollte Prager den Gläubigern, darunter auch viele Lieferanten, nicht machen. Eine konkrete Prognose zur Ausschüttungsquote sei zum jetzigen Zeitpunkt unmöglich. "Ich gehe aber davon aus, dass sich die Quote im zweistelligen Bereich bewegen wird," sagte der Insolvenzverwalter. Das sei angesichts üblicher Quoten zwischen drei und fünf Prozent schon beachtlich.

BenQ Corp. hatte das verlustreiche Handygeschäft 2005 einschließlich einer Mitgift in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro von Siemens übernommen. Nach Umsatzrückgängen und einem weiteren Marktanteilsschwund drehten die Taiwanesen ihrer Tochter nur rund ein Jahr später den Geldhahn zu. Ende September vergangenen Jahres musste BenQ Mobile daraufhin Insolvenz anmelden.

Mehr als 3000 Beschäftigte verloren ihre Jobs. Nach Angaben des Insolvenzverwalters haben inzwischen rund 240 Mitarbeiter einen neuen Job gefunden. Etwa 2320 seien noch in Transfergesellschaften beschäftigt. (tos)