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Benzinpreis auf Rekordniveau

Dirk Kaufmann3. April 2012

Die Preise an den Tankstellen erreichen fast täglich neue Höchstmarken. Was für Privatpersonen nur ärgerlich sein mag, kann für einzelne Branchen zur Existenzbedrohung werden.

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ILLUSTRATION - Stefanie Endress hält sich am Dienstag (30.03.2010) in München (Oberbayern) aufgrund der hohen Spritpreise an einer Tankstelle einen Zapfhahn an den Kopf. Vor Ostern ist der Benzinpreis in Deutschland wieder stark angestiegen, momentan liegt er nach ADAC-Angaben im Schnitt bei 1,43 Euro und für Diesel bei 1,21 Euro je Liter. Bei Super ist es der höchste Stand seit September 2008. Foto: Felix Hörhager dpa/lby pixel
Steigende Benzinpreise trüben das KonsumklimaBild: picture-alliance/dpa

Wer täglich mit seinem Auto zur Arbeit fährt und einmal in der Woche zum Einkaufen, oder zweimal im Monat einen größeren Ausflug macht und einmal jährlich mit dem Auto in den Urlaub fährt, ärgert sich natürlich über die Benzin-Rekordpreise an den Tankstellen. Verbraucht sein Auto übers Jahr vielleicht 1500 Liter, würde eine Benzinpreiserhöhung von 20 Cent über einen längeren Zeitraum sein Budget schon um etwa 300 Euro jährlich zusätzlich belasten.

Das sind die Zahlen für einen privaten Verbraucher. Bei Unternehmen könne man so nicht rechnen, sagt Hubertus Bardt vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Die Wirtschaft sei generell "weniger vom einzelnen Benzinpreis abhängig, sondern von der Summe der Energiepreise insgesamt. Das ist auch das größere Konjunkturrisiko", sagt der Wirtschaftsexperte im Gespräch mit der Deutschen Welle.

Taxifahrer sind besonders schwer betroffen

Es gibt aber einzelne Branchen, die sehr stark unter den Rekordpreisen bei Kraftstoffen leiden - Taxiunternehmen zum Beispiel. Im Gegensatz zu privat genutzten Autos fahren Taxis nahezu im Dauereinsatz. In der Regel im Schichtbetrieb, das heißt: acht Stunden lang mit einem Fahrer und mit dessen Ablösung noch einmal eine ganze Schicht. Für den Bonner Taxiunternehmer Claus Trautmann beispielsweise fahren sechs Autos. Und jeder Wagen, so Trautmann, "legt im Jahr ca. 80.000 Kilometer zurück".

Das sind jeweils keine weiten Strecken, aber dafür sind Taxis meist im besonders spritschluckenden Innenstadtverkehr unterwegs. Claus Trautmann rechnet bei seinen Fahrzeugen mit einem Durchschnittsverbrauch von 9,2 Litern auf hundert Kilometern. Legt man nun eine Preissteigerung von 20 Cent für den Liter zu Grunde, heißt das: pro Wagen steigt die Jahrestankrechnung um 1.500 Euro. Dies bedeutet für Trautmann bei sechs Wagen eine Mehrbelastung von bis zu 9.000 Euro im Jahr.

Foto von Benzinanzeigetafeln mit hohen Spritpreisen (Foto: DW)
Von einem Rekord zum nächsten: die SpritpreiseBild: DW

Beim Fahrpreis eingeschränkt

IW-Experte Bardt weiß, dass einzelne Branchen besonders hart getroffen sind. Das ganze Transportgewerbe sei davon betroffen, aber, so Hubertus Bardt, "das Transportgewerbe kann die Preise gut an die Kunden weitergeben - Taxis können das nicht."

Taxiunternehmen dürfen nämlich ihre Preise nicht eigenhändig festlegen. Die Taxitarife müssen von der Stadt genehmigt werden und gelten dann in der Regel für ein Jahr. Für dieses Jahr hatte die Stadt Bonn den Taxifahrern eine Tariferhöhung von sechs Prozent genehmigt - das war aber, bevor die Preise an den Zapfsäulen explodiert sind. Außerdem könnte Taxiunternehmer Trautmann, auch wenn er dürfte, die Preise nicht einfach erhöhen. Taxi fahren in Deutschland ist inzwischen ein teueres Vergnügen, und wenn die Tarife weiter stiegen, weiß Trautmann, "bleibt auch die Kundschaft aus".

Zahlreiche Taxen reihen sich am Montag, 15. Juni 2009, in Berlin nach einer Demonstration vor dem Brandenburger Tor. Zahlreiche Berliner Taxifahrer streiken um gegen einen Zuschlag von 50 Cent pro Fahrt vom Flughafen zu demonstrieren. (Foto: AP)
Die Taxi-Unternehmer fühlen sich besonders betroffenBild: AP

Existenzangst

Die Preishatz an den Zapfsäulen ist für viele kleine Unternehmen durchaus bedrohlich. Auf die Frage, ob bei ihm Existenzängste aufkommen, antwortet Claus Trautmann erst nach einer kurzen Pause: "Ja, die kommen schon auf. Das ist für uns schon sehr hart."

Für die deutsche Wirtschaft insgesamt ist Wirtschaftswissenschaftler Bardt allerdings nicht pessimistisch. Er erwartet keine Pleitewelle und sieht auch keine "erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten durch diesen einen Effekt" auf die Deutschen zukommen.

Die glänzende Seite der Medaille

Bardt verweist dabei auf die andere Seite der Medaille: Höhere Benzinpreise führen auch zu höheren Steuereinnahmen. Mit dem Benzinpreis steigen nämlich auch die Einnahmen aus der Mineralölsteuer, der sogenannten Ökosteuer und der Mehrwertsteuer. Zumindest der Finanzminister kann von der aktuellen Entwicklung sogar profitieren.

Ein anderer Ausgleich ergebe sich, so Bardt, weil die deutsche Wirtschaft extrem exportabhängig sei. In Ländern wie der Bundesrepublik, die von Ölimporten abhängig sind, werde die Wirtschaft zwar leiden. In anderen Ökonomien aber, die von steigenden Rohölpreisen profitieren, nehme im Gegenzug die Kaufkraft zu. Dort würde dann mehr gekauft - auch Waren aus Deutschland. Hubertus Bardt sieht es gelassen: "Gesamtwirtschaftlich haben wir Kosten auf der einen Seite, Nutzen aber auch auf der anderen Seite und haben daher keinen Grund, in Panik zu verfallen."

Porträt von Hubertus Bardt (Foto: DW)
Sieht sogar positive Folgen der hohen Spritpreise: IW-Rohstoffexperte BardtBild: DW