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Streit um China-Einstieg beim Hamburger Hafen

20. Oktober 2022

Eigentlich war man sich in der Bundesregierung einig, den geplanten Einstieg Chinas im Hamburger Hafen zu blockieren. Doch im Vorfeld einer geplanten Kanzlerreise nach Peking kommt Bewegung in die Sache.

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Verladekran im Containerhafen Hamburg Tollerort
Verladekran im Containerhafen Hamburg TollerortBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Zwischen dem Bundeskanzleramt und mehreren Ministerien gibt es nach Medieninformationen Streit um die Genehmigung eines bereits vereinbarten chinesischen Einstiegs bei einem Containerterminal im Hamburger Hafen. "Nach Informationen von NDR und WDR haben alle sechs Ministerien, die an der Investitionsprüfung fachlich beteiligt sind, das Geschäft abgelehnt", berichteten der Norddeutsche Rundfunk (NDR) und der Westdeutsche Rundfunk (WDR) am Donnerstag. "Das Kanzleramt drängt der Recherche zufolge jedoch darauf, dass der Einstieg zustande kommen soll."

Hintergrund ist eine im September 2021 geschlossene Vereinbarung zwischen dem Hamburger Hafenlogistiker HHLA und dem chinesischen Terminalbetreiber Cosco über eine 35-Prozent-Beteiligung der Chinesen am Hamburger HHLA-Terminal Tollerort (CTT). Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums wollte den Bericht nicht kommentieren. Auch ein HHLA-Sprecher sagte der Deutschen Presseagentur (dpa): "Kein Kommentar."

Den Informationen von NDR und WDR zufolge soll das federführende Wirtschaftsministerium das Thema bereits zur endgültigen Ablehnung im Bundeskabinett angemeldet haben, weil es sich um kritische Infrastruktur handele. Für Besorgnis sorgt demnach, dass durch die geplante Beteiligung ein "Erpressungspotenzial" entstehen könne.

Scharfe Kritik aus allen Lagern

China ist der mit Abstand wichtigste Handelspartner im drittgrößten europäischen Seehafen. Der Cosco-Konzern, der auch eine der weltweit größten Containerreedereien betreibt, lässt seine Schiffe seit Jahrzehnten am CTT festmachen. CTT mit vier Liegeplätzen und 14 Containerbrücken ist eines von drei Containerterminals, die die HHLA im Hamburger Hafen betreibt. Cosco will im Gegenzug zum Einstieg dort seine Ladungsströme in der Hansestadt konzentrieren, CTT soll zu einem bevorzugten Umschlagpunkt in Europa werden.

Dem Bericht zufolge drängt die Zeit: "Wenn das Bundeskabinett keinen Beschluss fasst und keine Fristverlängerung mehr vereinbart wird, würde das Geschäft laut Gesetz automatisch zustande kommen", schreiben NDR und WDR. "Das wäre nach aktuellem Stand Ende Oktober der Fall - kurz vor einem geplanten China-Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)."

Container- und Lotsenschiff sowie Verladekräne
Viel Betrieb am Containerterminal Hamburg TollerortBild: picture-alliance/dpa/C. Charisius

Bijan Djir-Sarai, Generalsekretär der mitregierenden FDP, hat den geplanten chinesischen Einstieg bei einem Containerterminal im Hamburger Hafen scharf kritisiert. "Die KP Chinas darf keinen Zugang zur kritischen Infrastruktur unseres Landes haben. Das wäre ein großer Fehler und auch ein Risiko", sagte Djir-Sarai am Donnerstag der dpa in Berlin. Er warnte davor, naiv gegenüber den chinesischen Machthabern zu sein. Djir-Sarai: "Die knallharten Machtinteressen, die sie verfolgen, sind nicht in unserem Interesse. Es bleibt dabei: China ist ein wichtiger Handelspartner, aber auch systemischer Rivale. Danach sollten wir handeln."

Der geplante Einstieg stößt auch bei den Grünen auf heftige Kritik. "Unsere kritische Infrastruktur darf nicht zum Spielball geopolitischer Interessen anderer werden. Europa ist ein starker Handels- und Wirtschaftsraum und auch unsere Häfen zählen zu besonders schützenswerten Einrichtungen", ließ deren Obmann im Innenausschuss des Bundestages, Marcel Emmerich, verlauten. "Wie Sigmar Gabriel damals Gasspeicher an Russland vertickte, will Olaf Scholz jetzt unbedingt Teile des Hamburger Hafen an China verhökern. Offenbar hat die SPD nichts gelernt."

Jens Spahn, Vizechef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, hat sich ebenfalls gegen einen chinesischen Einstieg bei einem Containerterminal im Hamburger Hafen ausgesprochen. Spahn sagte der dpa am Donnerstag: "Eine Lehre aus Pandemie und Energiekrise ist: Wir müssen unabhängiger von China werden." Doch Kanzler Olaf Scholz (SPD) wolle die Abhängigkeit offenbar noch vergrößern. "Das wäre ein fataler Fehler." Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) habe Recht. "Deutsche Häfen gehören nicht in chinesische Hand. Zumal Europäer sich in China nicht an Häfen beteiligen können."

hb/dk (dpa)