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Fashion Week: Berlin bleibt modisch

Courtney Tenz / rk19. Januar 2016

Berlin lädt zu vier Tagen voller Laufstegevents, Messeveranstaltungen und Studiobesuchen ein. Das Ziel: Deutsche Mode und Öko-Fashion an die Massen zu bringen. Im stetigen Trendwandel versucht Berlin, Schritt zu halten.

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Model mit Kind auf dem Arm bei der Show des Labels "Sportalm" auf der BerlinFfashion Week (Foto: Gregor Fischer/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/G. Fischer

Es läuft die 18. Saison der Berlin Fashion Week, die in den letzten Jahren immer größere Dimensionen angenommen hat. Genau wie die Stadt, hat sich auch die Fashion Week seit dem ersten Laufstegevent 2007 gewandelt.

"Das Interessante an dieser Stadt ist gerade, dass sie sich im Umbruch befindet. Sie war früher im Kindergarten, jetzt hat sie gerade die Grundschule absolviert und überlegt sich nun, ob sie auf die Realschule oder das Gymnasium gehen soll", sagt Designer Michael Michalsky gegenüber der Zeitung "Die Welt". Michalsky, der einst als Global Creative Director für Adidas arbeitete, ist seit der Gründung seines eigenen Labels zum Gesicht der Berliner Modewelt geworden.

Seit dem Aufkommen von "Fast Fashion" und einer sich stark wandelnden Medienlandschaft, wird die Frage der Ausrichtung für die Modeindustrie zur Existenzfrage. In Folge der immer größeren Nachfrage von Kunden nach schnell produzierter Mode ändern Fashion Weeks rund um den Globus ihren Fokus. Heute sind auch Instagram-Stars und Blogger tonangebend: Sie diskutieren über ihre Kanäle, was angesagt ist und was nicht. Den Laufsteg aus der ersten Reihe zu beobachten, wird für jüngere Mode-Jünger so weniger relevant. Gegen diese Existenzkrise ist auch Berlin nicht gefeit.

Was ist in dieser Saison anders?

Eine der größten Veränderungen der Berlin Fashion Week in den letzten Jahren war, die Etablierung einen festen Standort für das Hauptzelt zu etablieren, wo die täglichen Events stattfinden konnten. Im Sommer 2013 stellte IMG Fashion, der Veranstalter der offiziellen Mercedes-Benz Fashion Week, erstmals ein Zelt nahe des Brandenburger Tors auf, wo die Laufstegshows über die Bühne gingen.

Als dieser Platz während der Fußballweltmeisterschaft im Sommer 2014 für Public Viewing genutzt wurde, musste die Fashion Week in eine Eislaufhalle umziehen. Dieses Jahr findet sie aber wieder im Zelt am Brandenburger Tor statt, was ein wesentlich internationaleres und professionelleres Flair mit sich bringt.

Mittlerweile gibt es immer mehr Designer, die ihre Mode auch außerhalb der Veranstaltungen im Hauptzelt präsentieren. Sie tauschen Catwalks und Tribünenreihen gegen leer stehende Lager und charmante Loftwohnungen ein. Der in Berlin wohnende Designer Marcel Ostertag wird zum Beispiel seine Herbst/Winter-Kollektion in einer ehemaligen Bäckerei, der Heeresbäckerei, vorstellen. Diese wurde zu einem Kulturzentrum mit Büros und Lofts umgewandelt. "Die Mode muss sich spätestens jede Saison neu erfinden", erklärt er der Presseagentur dpa. "Warum sollte die Art der Präsentation sich nicht wandeln und vielfältiger werden?"

Nicht nur die Orte für die Präsentation von Mode ändern sich: Anstelle der traditionellen Catwalk-Shows – bei denen Models einen schmalen, von Zuschauern umringten Steg herunterstaksen und am Ende vor einen Wand aus Fotografen im Blitzlichtgewitter posieren – gibt es nun Präsentationen in Salons. Hier kann der Zuschauer sich ein genaueres Bild machen und die Kleidungsstücken näher betrachten. Die Models stehen wie Schaufensterpuppen auf Plattformen; Besucher können die Stoffe anfassen, die Stoffstruktur unter die Lupe nehmen und sich von der Nähqualität überzeugen. Statt einer 90-sekündigen Momentaufnahme können die Anwesenden innerhalb der 20-minütigen Präsentation so viel Zeit mit einem oder mehreren Kleidungsstücken verbringen, wie sie mögen.

Dieses Konzept wurde vor einigen Jahren bei der Mercedes-Benz Fashion Week eingeführt. Der "Berliner Mode Salon" hat die Idee aufgegriffen und wird auf diese Weise während der Fashion Week zur Herbst/Winter-Kollektion 2016/2017 die Mode einiger namhafte Berliner Designer präsentieren, wie zum Beispiel von Hien Le und Michael Sontag.

Berlin als ethisches Fashionzentrum

Eine weitere bedeutende Veränderung war der überraschende Ausstieg der bekannten Modemesse "Bread & Butter" letztes Jahr, die früher in einem umgestalteten Hangar auf dem Flughafen Tempelhof stattfand. Die dadurch entstandene Lücke im Fashionbusiness wurde bisher noch nicht wieder geschlossen, auch wenn kleinere Messen das Ende von "Bread & Butter" als Chance für ihr eigenes Geschäft sehen, wie zum Beispiel die Streetwear-Spezialisten von "Seek Berlin".

Der "Greenshowroom" und die "Ethical Fashion Show" haben von den Veränderungen in der Modelandschaft profitiert; sie fokussieren sich auf Nischenmärkte, die auf Nachhaltigkeit und ökologische Modemarken setzen. Sie hoffen, eine alternative Kraft zur "Fast Fashion"-Industrie darzustellen, die derzeit die Modewelt durchschüttelt. Sie zeigen in Berlin lokal hergestellte Kleidung und Mode aus umweltfreundlichen Textilien.

Mode der Designerin Anja Gockel (Foto: BRITTA PEDERSEN/dpa)
Mode der Designerin Anja GockelBild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

Bei einer Podiumsdiskussion wurden Ideen zu innovativen Technologien besprochen, die Marken wie "Patagonia" und "Pya" nutzen, um ihre Outdoor-Bekleidung mit mehr wiederverwertbaren Materialien herzustellen.

Wer ist in – und wer noch nicht einmal dabei?

Nicht jeder, der mitgeholfen hat, Berlin sein Image als Mode-Mekka zu verschaffen, ist auf der Fashion Week vertreten. Auch wenn der offizielle Programmplan 47 Designerevents aufweist und 40 weitere Designer ihre Kollektionen beim "Berliner Mode Salon" präsentieren, fehlt manch großer Name - zum Beispiel Marken wie "Hugo Boss".

Kaviar Gauche, das Designerduo, deren Brautmode häufig in Medienberichten über die Fashion Week vorkam, hat seine Mode in den letzen Jahren bei der Paris Fashion Week präsentiert. Die Begründung: Dort herrsche ein anderes ökonomisches Klima.

Mode aus dem 3-D-Drucker

Eins der größten Events der Berlin Fashion Week wird auch dieses Mal ausbleiben: die vom Designer Michalsky veranstaltete Abschlussparty. Michalsky zeigt stattdessen eine Ausstellung mit dem Titel "Reality", bei der 25 Zentimeter große Figuren aus dem 3-D-Drucker seine Frühling/Sommer-Kollektion 2016 präsentieren. Das Ganze findet in der Gallerie von Anna Jill Lüpertz statt. Diese Show, so Michalsky gegenüber der Zeitung "Die Welt", zeige, wie schnell Fashion seine Rolle als "independant designer" geändert habe.

Wohlgemerkt nicht alle Designer haben der Berlin Fashion Week den Rücken gekehrt. Anja Gockel aus Mainz feiert dieses Jahr das 20-jährige Bestehen ihres Labels. Lena Hoschek wird ihre von traditioneller Frauenmode inspirierte Kollektion im Zelt präsentieren. Und Marcel Ostertag hat sich entschieden, mit seiner Herbst/Winter-Kollektion 2016/2017 in Berlin zu debütieren, bevor sie im nächsten Monat auf einer Show der New York Fashion Week in einem größeren internationalen Fokus steht.

Mit einer Mischung aus alten und neuen Namen im Programm der Berlin Fashion Week bleibt eines klar: Trotz aller Veränderungen bleibt Berlin wirklich modisch.