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Berlusconi kämpft mit Parteirevolte

1. Oktober 2013

Auch aus den eigenen Reihen wächst der Druck auf den "Cavaliere", seinen Konfrontationskurs gegen Ministerpräsident Letta aufzugeben. Bis zu 20 Senatoren von Berlusconis PdL drohten mit der Gründung einer eigenen Partei.

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Silvio Berlusconi am 30. September in Rom (Foto: dpa/picture alliance)
Bild: picture-alliance/dpa

Es scheint, als hätte Italiens Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi seinen Einfluss innerhalb seiner Mitte-Rechts-Partei "Volk der Freiheit" (PdL) überschätzt. Die Entscheidung des 77-Jährigen, der Regierung in Rom unter Enrico Letta das Vertrauen zu entziehen, indem er die fünf Minister der PdL aus der Koalition abgezogen hat, hat in seiner eigenen Partei zu einer Zerreißprobe geführt. Im gemäßigten Flügel der PdL herrscht blanke Empörung darüber, dass Berlusconi die Entscheidung im Alleingang nach einem Treffen mit nur wenigen Hardlinern aus der Partei getroffen hat.

Alle fünf zum Rücktritt genötigten Minister haben sich von Berlusconis Beschluss distanziert. Die PdL sei in der Hand von Extremisten, denen Berlusconi übermäßig viel Gehör schenke. Und Reformminister Gaetano Quagliariello schloss die Gründung einer neuen Partei der Mitte nicht aus, sollte der Milliardär seinen Konfrontationskurs nicht ändern. Selbst Vize-Ministerpräsident Angelino Alfano, der als Berlusconis Kronprinz in der PdL gilt, machte seinem Unmut Luft.

Cavaliere zeigt sich unbeeindruckt

Doch Berlusconi denkt nicht ans Einlenken, sondern verpasste seinen Parteifreunden einen Maulkorb. Nach einem Krisentreffen der PdL am Montagabend sagte er: "Die schmutzige Wäsche wird zu Hause gewaschen". Und warnte, er werde keine "Verräter" dulden. "Unser Regierungsexperiment ist beendet".

Innerhalb der seit fünf Monaten regierenden Koalition aus Lettas Demokratischer Partei PD und Berlusconis PdL gibt es seit vielen Wochen erhebliche Spannungen. Ein Hauptgrund ist der drohende Ausschluss des rechtskräftig wegen Steuerbetrugs verurteilten Berlusconi aus dem Senat. Seine Partei nannte jedoch ein anderes Motiv für den Rückzug der Minister: die von ihnen abgelehnte Erhöhung der Mehrwertsteuer um einen Prozentpunkt auf 22 Prozent.

Um seine Regierung zu retten, will Letta am Mittwoch die Vertrauensfrage im Parlament stellen. Der Sozialdemokrat hofft, mit Hilfe von Abweichlern aus dem Berlusconi-Lager eine Mehrheit in beiden Kammern des Parlaments zu bekommen und damit Neuwahlen noch zu verhindern. Staatspräsident Giorgio Napolitano, wie Letta strikt gegen Neuwahlen, hat unterdessen mit Krisengesprächen mit den Beteiligten begonnen.

Verschärfte Regierungskrise in Italien

Das politische Chaos in der Regierung der drittgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone und die Sorge vor Neuwahlen mit ungewissem Ausgang schickten die Aktienmärkte und den Euro am Montag auf Talfahrt. Letta steht für den von Anlegern und vielen Euro-Partnern geforderten Sparkurs in dem Land, das mit massiven Schuldenproblemen zu kämpfen hat.

Aus Berlin erhielt Letta Rückendeckung. Bundeskanzlerin Angela Merkel habe in dem Telefonat "ihren Wunsch nach politischer Stabilität in Italien sowie nach einer Fortsetzung der von Ministerpräsident Letta angestoßenen Reformpolitik" ausgedrückt, teilte ihr Sprecher Steffen Seibert mit.


qu/kle (dpa, afp)