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Berlusconi will weiter mitmischen

27. Oktober 2012

Vier Jahre Haft - so lautet das Urteil gegen Silvio Berlusconi. Doch Italiens Ex-Regierungschef deutet einen Rücktritt vom Rückzug aus der Politik an. Seine Anwälte wollen Berufung gegen das Urteil einlegen.

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Italiens ehemaliger Premierminister Silvio Berlusconi (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

"Ich fühle mich verpflichtet, auf dem Spielfeld zu bleiben", sagte Berlusconi im italienischen Fernsehen am Tag nach seiner Verurteilung wegen Steuerbetrugs. Später bekräftigte er jedoch, dass er nicht als Spitzenkandidat seiner Partei PdL (Volk der Freiheit) für die Wahl im Frühjahr 2013 antreten werde. Der frühere Ministerpräsident sagte, er müsse den "Justizplaneten" reformieren, damit anderen Bürgern nicht passiere, was ihm passiert sei.

Anwälte kündigen Berufung an

Seine Verurteilung im Prozess um Steuerbetrug und Hinterziehung will Berlusconi nicht hinnehmen. Nach Verkündung der Haftstrafe gegen den 76-Jährigen kündigten seine Anwälte Berufung an. Sie wollen ihren Antrag bis zum 9. November vorlegen. Erst in einer dritten Instanz würde das Urteil rechtskräftig. Ein Mailänder Gericht hatte Berlusconi am Freitag zu vier Jahren Haft verurteilt. Davon wurden ihm drei Jahre erlassen. Offen ist, ob das Urteil wegen Steuerbetrugs in einem voraussichtlich langen Berufungsverfahren überhaupt rechtskräftig werden kann. Denn die Mediaset-Straftaten verjähren Mitte 2014. Berlusconi nannte den Richterspruch "eine Barbarei" und ein politisches Urteil fern der Realität. Er hat sich bei seinen Prozessen immer von linken Staatsanwälten und Richtern aus politischen Gründen verfolgt gefühlt.

Berlusconi war nach Auffassung des Gerichts in den 1990er Jahren führend in eine Kette fingierter Verkäufe verwickelt. Beim Verkauf von TV-Rechten des Mediaset-Konzerns seien die Kosten um Hunderte Millionen Dollar aufgebläht worden. Das Gericht sprach von einem Geldfluss in Berlusconis Kassen. Das Gericht untersagte es Berlusconi auch für fünf Jahre, öffentliche - und damit vor allem politische - Ämter zu bekleiden. Berlusconi hatte wie schon in anderen Prozessen wiederholt seine Unschuld beteuert.

Berlusconi: Urteil ist inakzeptabel

"Ein Anschlag auf meine Glaubwürdigkeit"

Unterdessen nutzte der skandalumwitterte Politiker eine rund 50-minütige Rede, um Bundeskanzlerin Angela Merkel anzugreifen und die Steuerreformen seines Nachfolgers Mario Monti zu kritisieren. Deutschland habe ihn gezwungen, auf EU-Gipfeln Maßnahmen zu akzeptieren, mit denen er nie einverstanden gewesen sei, sagte der 76-Jährige.

Merkel und der damalige französische Präsident Nicolas Sarkozy hatten Berlusconi kurz vor dessen Abgang als Regierungschef bei einem Gipfel vor einem Jahr in ungewöhnlich scharfen Worten aufgefordert, den Schuldenabbau zu beschleunigen. Berlusconi erinnerte an eine Pressekonferenz, bei der Merkel und Sarkozy auf die Frage nach seiner Zuverlässigkeit nur gelächelt hätten. "Mit diesem Lächeln haben Merkel und Sarkozy einen politischen Anschlag auf meine internationale Glaubwürdigkeit versucht."

Montis Übergangsregierung gefährdet?

Scharf kritisierte Berlusconi Monti wegen der Sparmaßnahmen zur Lösung der Euro-Schuldenkrise. So werde der Sparkurs des aktuellen Regierungschefs die Wirtschaft "in eine Rezessionsspirale führen“. Die Italiener seien verstört über die brutale Art, mit der der Staat Steuerzahler behandele, sagte Berlusconi.

Sein Mitte-Rechts-Block werde angesichts der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung des Landes in den kommenden Tagen entscheiden, ob Monti das Vertrauen entzogen werde oder nicht, sagte Berlusconi weiter. Monti steht einer Übergangsregierung von Technokraten vor, die nicht vom Volk gewählt ist. Sie wird gestützt von den Blöcken Mitte-Rechts, Mitte-Links und dem Zentrum. Sollte Monti die Unterstützung des gesamten Mitte-Rechts-Blocks verlieren, stünde er vor dem Rücktritt.

GD/sti (rtr, apf, dpa, dapd)