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Beschneidungsgesetz kann dauern

21. Juli 2012

Dutzende Juristen und Kinderärzte sind gegen das geplante Beschneidungsgesetz. Aber selbst Befürworter bezweifeln, dass die Neuregelung so schnell wie geplant möglich ist.

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Bundestags-Debatte (Foto: Axel Schmidt/dapd)
Bild: dapd

Die gesetzliche Regelung der Beschneidung von Jungen aus religiösen Gründen kommt möglicherweise nicht so bald, wie es der Bundestag mit breiter Mehrheit gefordert hat. "Ein solches Gesetz ist nicht auf die Schnelle zu machen", warnte der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, im Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin "Focus".

Kinderschutz oder Religion?

Grundsätzlich sei das Gesetz aber nötig, um Rechtssicherheit zu schaffen, argumentiert Papier. Das Urteil des Kölner Landgerichts, das rituelle Beschneidung von Kindern für rechtswidrig und strafbar erklärte, sei "verfehlt". Denn für Juden und Muslime handele es sich bei der Beschneidung nicht nur um eine Tradition, "sondern um einen essenziellen Glaubensinhalt".

Doch auch wenn der Bundestag bis Herbst rituelle Beschneidungen von Jungen legalisieren will - die Debatte ist noch längst nicht vorbei. "Wir sind weit davon entfernt, alle Argumente für und gegen ein Beschneidungsverbot ausgetauscht zu haben", kritisierte der Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers.

Kritik von Fachleuten

Auch eine Gruppe von Ärzten und Juristen wandte sich gegen "vorschnelle Beschlüsse". In einem auf der Internetseite der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" veröffentlichten Offenen Brief forderten sie die Politik auf, sich "eindeutig auf der Seite des Kindes zu positionieren".

"Es herrscht eine bemerkenswerte Verleugnungshaltung und Empathieverweigerung gegenüber den kleinen Jungen, denen durch die genitale Beschneidung erhebliches Leid zugefügt wird", heißt es dort. Initiiert wurde der Brief von Matthias Franz, Professor für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Universität Düsseldorf. 37 weitere Personen, darunter viele Ärzte und Juristen, haben ihn unterzeichnet.

"Kein Antisemitismus"

Auch in Umfragen gibt es keine Mehrheit für die Legalisierung von rituellen Beschneidungen. Nach einer Emnid-Umfrage für das Magazin "Focus" sind 48 Prozent der Befragten gegen die Gesetzesinitiative, nur 40 Prozent sind dafür.

Für den Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, ist das freilich kein Argument. "Demoskopie ist eine Sache, Verantwortungsbewusstsein etwas anderes", sagte er dem "Focus". Für antisemitisch hält er Beschneidungs-Kritiker indes nicht. Er wolle die schrillen Töne in der Debatte "überhaupt nicht auf das Thema Antisemitismus schieben - das hat damit nichts zu tun".

det/gri (dpa, epd, kna)