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Bewerbung per Post hat noch nicht ausgedient

Das Gespräch führte Märte Burmeister1. Juli 2005

Sind Stellenanzeigen in Zeitungen bald Vergangenheit? Und wie sinnvoll sind Online-Bewerbungen? DW-WORLD sprach mit Michael Weideneder, Gründer und Geschäftsführer von Stellenanzeigen.de.

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Nicht mehr unbedingt notwendig: die klassische BewerbungBild: Bilderbox

DW-WORLD: Sterben die auf Papier ausgedruckten Bewerbungen bald aus?

Michael Weideneder
Pionier der Online-Stellenbörsen: MichaelBild: stellenanzeigen.de

Michael Weideneder: Der Trend geht schon klar zu Online-Bewerbungen: Zum einen sind sie für den Bewerber von Vorteil, weil die Möglichkeiten zur professionellen Darstellung immer besser werden - gerade durch die pdfs, mit denen ein druckfähiges Dokument online sehr schön abgebildet werden kann. Zum anderen können diese Bewerbungen bei den Unternehmen immer besser weiterverarbeitet werden. Aber nach wie vor gehen viele Bewerbungen – auch auf Online-Stellenanzeigen - per Post und in Form von einer ganz normalen Bewerbungsmappe bei den Unternehmen ein und sind dort auch erwünscht.

Das heißt, die haben dann die gleiche Chance?

Wir kennen nur ganz wenige Unternehmen, die sagen "nein, wir stellen jetzt um auf rein online". Das sind dann eher die ganz großen Unternehmen, die sehr viele Bewerbungen bekommen und einfach nicht mehr die Kapazität haben, sie zu bearbeiten. Es gibt Unternehmen, die x-tausend Postbewerbungen pro Jahr bekommen und finden, es koste ihnen zuviel, die abzusagen. Das sind aber eher die Top 30- oder Top 100-Unternehmen in Deutschland.

Wo liegen dann die Vorteile von Online-Stellenbörsen?

Bei den Vorteilen muss man zwischen Unternehmen und Bewerbern unterscheiden: Die Vorteile für Unternehmen bestehen darin, dass sie viel günstiger als in der Zeitung eine offene Stelle publizieren können und dabei insbesondere in der Länge nicht beschränkt sind. Für einen Preis - 580 Euro bei Stellenanzeigen.de - können sie beliebig lang und ausführlich die Stelle und das Unternehmen beschreiben, Links auf die Unternehmensseite hinzufügen, etc.. Und die Stellenanzeige kann jederzeit, 24-Stunden lang, online gestellt werden - man muss also nicht immer aufs Wochenende warten. Die Anzeige ist vier Wochen online und sie wird auch automatisch per E-Mail an die interessierten Bewerber versandt. Das ist eine ganz andere Leistungsfähigkeit als im Print-Medium.

Die Bewerber haben den Vorteil, dass sie über die Stellenanzeige durch einen direkten Link gleich auf die Unternehmens-Webseite kommen, und dass sie sich zeitnah, schnell und regelmäßig über neue Stellen informieren können.

Und wo liegen dann die Nachteile?

Das Potential, wenn man es einmal so formulieren will, liegt darin, dass bisher noch nicht jedes Unternehmen und noch nicht jeder Bewerber das Internet zur Rekrutierung, beziehungsweise zur Stellensuche nutzt. Der Anteil ist in den letzten zehn Jahren aber unheimlich stark gestiegen.

Wer hat die Online-Stellenbörsen eigentlich erfunden?

Stellenanzeigen.de wurde 1995 gegründet und in den USA wurde auch 1995 damit begonnen. Gerade letzte Woche habe ich gemeinsam mit Dr. Metzger, dem Gründer von Jobpilot, den Preis für zehn Jahre E-Recruiting und die Pioniere des Internets bekommen. Dr. Metzger und ich wurden hier als die Gründer der Online-Stellenmärkte in Deutschland geehrt.

Wie kamen Sie auf die Idee?

Ich war schon immer sehr stark an der Medienbranche interessiert. Dann habe ich Marktplatz.de auf den Münchener Medientagen 1995 gesehen, und mir war sofort klar, dass sich das Internet zur Suche nach Rubriken-Anzeigen, also Autos, Immobilien, Stellen, etc. eignen wird. Weil ich damals schon aus der Personalbranche kam, war mein Fokus sehr schnell auf Stellenanzeigen.de - eben auf der Umsetzung der Print-Stellenmärkte ins Internet. Mittlerweile geschieht dies aber mit einer engen Verknüpfung zu Print-Medien: Die Zeitungen in Deutschland haben eine nach wie vor deutlich höhere Reichweite als das Internet und werden am Wochenende durchgelesen, ohne dass der Leser aktiv und mit Suchwort nach einer Stelle sucht. Deswegen ist die kombinierte Nutzung der Print-und Online-Stellenmärkte die Zukunft.

Wie sieht es denn in anderen Ländern mit Online-Stellenbörsen aus?

In den USA gibt es einen ganz wesentlichen Konkurrenten von Monster, der Monster gerade sogar von der Anzahl der Stellenanzeigen her den Platz abgelaufen hat. In Skandinavien gibt es Finn, auch als Modell für Print- und Online-Verknüpfungen. Das heißt, auch in anderen Ländern ist das Modell mehr und mehr im Kommen, Print und Online zu verknüpfen.

Ist es durch Internet und Online-Stellenbörsen einfacher, sich zum Beispiel als Deutscher im Ausland zu bewerben?

Es ist auf alle Fälle einfacher, sich über das Internet im Ausland zu bewerben. Wir empfehlen hierbei, sich die beste Suchmaschine in den jeweiligen Ländern herauszusuchen - im jeweiligen Google oder in den jeweiligen Länder-spezifischen Suchmaschinen. Es gibt zwar Kooperationen auf den verschiedensten Job-Börsen-Seiten, aber wir stellen fest, dass hier jeweils sehr starke lokale Anbieter sind: Das heißt, so wie es in Deutschland Stellenanzeigen.de gibt, gibt es in England Workthing UK, etc.., also spezifische Stellenmärkte, die in den Ländern Marktführer sind und dort stark sind.

Wie wird denn jetzt weiter entwickelt? Offenbar gibt es schon Online-Assessment-Center…

Die Weiterentwicklung dieser Produktportfolios, die das Internet im Bereich Recruiting und Bewerben anbietet, geht relativ schnell voran. Da muss man jetzt abwarten, wie schnell diese verschiedenen Randthemen, wie "Assessment-Center online", "Eignungsdiagnostik-Tests online" oder "Bewerbungsmappen-Check rein online" auch professionalisiert werden. Es gibt da erste Ansätze, aber ich wäre momentan noch vorsichtig, allein darauf zu setzen.

Für wen sind Stellenanzeigen im Netz besonders interessant: Sind es eher Bewerber für gehobene Positionen, die im Internet fündig werden, oder findet zum Beispiel auch ein Gärtner geeignete Stellenanzeigen online?

Es sind momentan noch insbesondere die Büro-Arbeitsplätze, also im Vertrieb, im Marketing, aber auch im Bereich der Ingenieure, der Entwicklung oder auch Pharma-Berufe. Bei der anderen Zielgruppe - Gärtner, Handwerker, Köche, etc. - ist die Nutzung der Internet-Stellenbörsen durch die Bewerber schon sehr stark zu verzeichnen, aber leider vertrauen die Unternehmen hier diesem Medium noch nicht ganz. Eine Schlosserei sucht den nächsten Schlosser leider nicht so sehr übers Internet, wobei sie ihn dort in der Regel finden würde. Aber wir sind zuversichtlich, dass das in den nächsten Jahren noch kommt.