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Bildergeschichten

Tillmann Bendikowski25. Juli 2012

Schau, was kommt von draußen rein - 1929: Der erste deutsche Fernsehfilm wird gesendet.

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Zwei junge Frauen (Imogen Orkutt, Schura von Finkelstein) ullstein Bild
Bild: ullstein bild

Das sind Imogen Orkutt (links) und Schura von Finkelstein (rechts). Nun gut, man kann sie kaum erkennen, aber trotzdem haben sie mit diesem Auftritt Fernsehgeschichte geschrieben: Dieses Foto zeigt eine Szene aus dem ersten Fernsehfilm, der in Deutschland gesendet wurde. Es ist das Jahr 1929 – und der Sender Witzleben strahlt den Film in das nahe Stadtgebiet Berlins. „Wochenende“ (so heißt der knapp zehnminütige Streifen) ist leider noch ein Stummfilm, weshalb der Betrachter wohl kaum wahrnimmt, dass die beiden Damen auch singen, nämlich "Horch, was kommt von draußen rein“.

Aber nun wird dieser Film ja auch nicht in erster Linie zur Unterhaltung eines kaum vorhandenen Publikums gesendet, sondern zu Testzwecken. Aufgeregte Techniker erfreuen sich an den wenigen Zentimeter kleinen Bildschirmen ob der funktionierenden Übertragung des Bildes. Da macht es nichts, dass sich fast nichts erkennen lässt – das Bild besteht nur aus 30 Zeilen. Erst einige Jahre später gelingen Darstellungen mit über 400 Zeilen, wodurch auch die Mimik von Darstellern erkennbar wird.

Ab 1935 werden Bild und Ton gemeinsam übertragen, als in Deutschland der erste regelmäßige Fernsehprogrammbetrieb der Welt eröffnet wird. Die Nazis setzen anfangs große Hoffnungen auf das vermeintlich neue Propaganda-Medium: Zur Olympiade 1936 richtet die Post in Berlin, Leipzig und Potsdam 28 Fernsehstuben ein, in denen Fernsehbilder von den Spielen empfangen wurden. Doch ihren ehrgeizigen Plan, das Fernsehen zu einem Volksmedium zu machen, müssen die Machthaber im Zweiten Weltkrieg aufgeben: Es gab nicht mehr als 500 Fernsehempfänger im Land – für manchen Fernsehkritiker unserer Zeit, der die Kinder heute gerne von der Glotze weglocken möchte, fraglos eine attraktive Zahl …

Imogen Orkutt flieht übrigens 1939 mit ihrem Mann, dem jüdischen Chirurgen Georg Cohn, vor der Verfolgung durch die Nazis nach Palästina – und kehrt erst 1956 nach Deutschland zurück. Nach dem frühen Tod ihres Mannes sorgt sie allein für den Sohn, erst arbeitet sie in einer Wäscherei, dann in einem Tabakladen in München. Sie stirbt im Jahr 2000. Die Spuren Schura von Finkelsteins verlieren sich hingegen in der Nazizeit – wahrscheinlich hat sie den Holocaust nicht überlebt.