1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Bildergeschichten: In der Not hilft nur Humor

Tillmann Bendikowski10. Februar 2014

Wir stellen jede Woche ein Bild vor und erzählen seine Geschichte. Diesmal gehen wir zurück in das Jahr 1921: Till Eulenspiegel und das Notgeld.

https://p.dw.com/p/1B1q5
Till Eulenspiegel Zeichnung
Bild: picture-alliance/akg-Images

Den Deutschen geht bekanntlich nicht der Ruf eines besonders humorbegabten Volkes voraus. Dabei kennt die deutsche Geschichte durchaus große Spaßmacher. Etwa Till Eulenspiegel, den wohl berühmtesten Schelm des Mittelalters, der seine Späße gerne auch mit den weltlichen und geistlichen Herren seiner Zeit trieb. Gerade das machte ihn zu einem Volkshelden, dem nicht nur das eine oder andere Denkmal gesetzt wurde. Vielmehr schmückte er auch die Scheine dieses Notgeldes aus dem Inflationsjahr 1921. Ausgegeben wurde es von der Gemeinde Kneitlingen bei Braunschweig, wo der berühmte Narr vermutlich um das Jahr 1300 geboren wurde.

Der Narr ist eine Figur des Mittelalters: Er galt als Sonderling, weil er geistig oder körperlich behindert erschien (und ausgegrenzt wurde), oder weil er die Existenz Gottes leugnete. Nur wenige gelangten als Hofnarren in den Umkreis der Mächtigen, wo sie die sprichwörtliche Narrenfreiheit genossen. Sie sollten allerdings keine Späße machen, sondern den Herrscher durch ihre Anwesenheit an die eigene Hinfälligkeit erinnern. Erst im ausgehenden Mittelalter wurde der Narr zum Unterhaltungskünstler, ausstaffiert mit den Symbolen für Torheit und Selbstverliebtheit: mit Narrenkappe samt Eselsohren und mit Spiegel – der bei Eulenspiegel Bestandteil des Namens war.

Dessen Taten wurden im 16. Jahrhundert mit dem Buch "Ein kurtzweilig lesen von Dyl Vlenspiegel" [Ein kurzweiliges Buch von Till Eulenspiegel] populär. Zu seinen Streichen zählt die Reaktion auf den Landesverweis durch den Herzog von Lüneburg. Der Schelm kaufte sich daraufhin bei einem Bauern einen Karren voll Erde, setzte sich hinein und fuhr demonstrativ zum Schloss des Herzogs. Der ärgerte sich und drohte Eulenspiegel mit dem Galgen, weil er doch sein Land betreten habe. "Das ist nicht Euer Land, sondern meines", lachte der den Herzog aus. "Ich habe es von einem Bauern gekauft" – und zog vergnügt von dannen.

So hatte Eulenspiegel also sein eigenes Land. Sein eigenes Geld, das Notgeld seiner Heimatgemeinde, sollte Jahrhunderte später kommen. Da herrschte schon die Inflation im Land: Manch großer Unternehmer, der über viel Geld verfügte, lebte wie im Schlaraffenland – während die kleinen Leute die großen Verlierer waren. Wie hätte Till Eulenspiegel die globale Finanzkrise kommentiert? Vermutlich hätte er sie nur mit viel Humor nehmen können – mit Galgenhumor.