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Bildkunst anno dazumal

Jochen Kürten
8. September 2007

Trotz Multiplexkinos und digitaler Tricktechnik: Der Stummfilm erfreut sich auch heute noch großer Beliebtheit. Viele frühe Meisterwerke der Kinogeschichte lassen sich jetzt auch auf DVD wieder entdecken.

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Plakat zu Eisensteins Film "Panzerkreuzer Potemkin"Bild: picture-alliance / dpa

Stummfilme zeigen den Betrachtern von heute, wie man mit Bildern umgehen kann. Das Kino war zunächst einmal ein Medium der Bilder. Die großen Regisseure des Stummfilms haben es verstanden, die Zuschauer ohne viele Worte allein durch die Kraft der Bilder in den Bann zu ziehen. Das ist eine hohe Kunst, die so mancher Regisseur von heute verlernt zu haben scheint. Schaut man sich die Filme der 20er und 30er Jahre heute im Kino oder auf DVD an, so lässt sich gut nachvollziehen, wie das Kino laufen lernte. Über die Bilder erzählten die Regisseurinnen und Regisseure ihre Geschichte, Zwischentitel ergänzten die Bildfolgen, manche Filme verzichteten gänzlich auf sie. Die Zuschauer waren trotzdem fasziniert.

Filmische Urgewalt - Panzerkreuzer Potemkin (1925)

DVD-Cover "Das neue Babylon"
DVD-Cover "Das neue Babylon"

Noch heute kann man sich der Bilderkraft dieses Films nicht entziehen. Das Meisterwerk des sowjetischen Regisseurs Sergej Eisenstein, einer der einflussreichsten Filme der Kinogeschichte, überzeugt auch nach über 80 Jahren noch mit seiner suggestiven Bildsprache. Die 70-minütige rekonstruierte Fassung des Klassikers ist auch auf DVD ein Ereignis. Zumal man sich in der vorbildlichen Edition von "Transit Film" auch über die Rekonstruktionsgeschichte von "Panzerkreuzer Potemkin" informieren kann.

Der bekannte deutsche Kritiker und Dramaturg Herbert Jhering schrieb 1926: "Wenn von den Dokumenten der letzten 20 Jahre alles verloren ginge und nur der 'Panzerkreuzer Potemkin' gerettet würde, man hätte ein Zeugnis ablegendes, gültiges Menschenwerk bewahrt, wie die Ilias, wie das Nibelungenlied."

"Der Dirigent ist betrunken" - Das neue Babylon (1929)

DVD mit Filmen von Germaine Dulac
DVD mit Filmen von Germaine Dulac

Als der russische Film "Das neue Babylon" Ende der 20er Jahre in die Kinos kam, riefen die Zuschauer "Der Dirigent ist betrunken". Das war eine bezeichnende Reaktion auf die damals revolutionäre Filmmusik. Die musikalische Vorlage des Komponisten Dmitri Schostakowitsch reißt auch heute noch mit. Der Film erzählt die Geschichte eines Liebespaares vor dem Hintergrund der Pariser Kommune 1871 – und sie ist natürlich auch ein Spiegelbild kommunistischer Revolutionswirren.

Die Regisseure "Kosintzew und Trauberg vertraten damals am reinsten die 'poetische' Richtung des sowjetischen Films, die das erzählerische Prinzip für unwichtig erachtete, um statt dessen Situationen und Gefühle in komprimierter, aufs Grundsätzliche reduzierter Form darzustellen." (Ulrich Gregor/Enno Patalas)

Pionierin hinter der Kamera – Germaine Dulac

Frauen hinter der Kamera waren zu Zeiten des Stummfilms eine große Ausnahme. Die französische Regisseurin Germaine Dulac ist aber nicht nur aus diesem Grund eine wichtige Gestalt des Stummfilms. Mit einigen ihrer Werke betrat sie damals filmisches Neuland. "Das Lächeln der Madame Beudet" aus dem Jahre 1922 ist ein Meilenstein des feministischen Films und eines der Meisterwerke des impressionistischen Kinos.

"Mit Hilfe zahlreicher Montagen und Doppelbelichtungen, mit einer exzentrisch-irrealen Beleuchtung und mit Zerrspiegeln, die das Gesicht des Mannes zur dämonischen Fratze gerinnen ließen, suchte Germaine Dulac der Story ihres Filmes eine tiefenpsychologische Deutung zu geben." (Ulrich Gregor/Enno Patalas)

Surreale Bilderspiele – Die Muschel und der Kleriker (1927)

Noch vor Salvador Dali und Luis Bunuel schuf Germaine Dulac mit "Die Muschel und der Kleriker" den ersten surrealistischen Film:

"Die bizarre und traumhafte Geschichte eines gehemmten Jungklerikers, der mit einem ordenbehangenen General um die Gunst einer schönen Dame ringt. Antikirchliche Attacken verschmolzen hier mit freudscher Traumsymbolik." (Ulrich Gregor/Enno Patalas)

Drei Filme Germaine Dulacs (außerdem noch "Die Einladung zur Reise", 1927), sind beim Anbieter "absolut medien" erschienen, dort ist auch "Das Neue Babylon“ herausgekommen. "Panzerkreuzer Potemkin" ist bei "Transit" erschienen.