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Billig fliegt gut

Andreas Hartmann17. Oktober 2002

Seit den Anschlägen vom 11.9. strauchelt die Luftfahrtindustrie. Nun könnte ausgerechnet ein Auftrag von einem Billigflieger den europäischen Konzern EADS - Hersteller der Airbus-Flugzeuge - unter die Flügel greifen.

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Auch Airbus ist bei EasyJet gelandetBild: AP

Die Bekanntgabe, dass die britische Billig-Fluglinie EasyJet einen Auftrag über 120 Flugzeuge mit einer Option auf weitere 120 Maschinen im Gesamtwert von geschätzten 6,3 Milliarden Euro an Airbus vergab, gleicht einer kleinen Sensation. Denn ein Deal dieser Größenordnung ist in Zeiten, in denen die Fluggesellschaften mit sinkenden Passagierzahlen zu kämpfen haben, ungewöhnlich.

Airbus gegen Boeing

Mit dem Auftrag konnte sich das Unternehmen gegen seinen größten Konkurrenten, den amerikanischen Flugzeughersteller Boeing, durchsetzen. Traditionell benutzen Billig-Fluggesellschaften Maschinen von Boeing. Um Wartungs- und Anlernkosten für das Personal zu sparen, legen sich die Billigflieger eigentlich auf ein Modell eines Herstellers fest. EasyJet hat als erstes Unternehmen nun mit dieser Regel gebrochen und nun zu den vorhandenen Boeings . Im ständigen Wettlauf zwischen Airbus und Boeing hat das europäische Unternehmen dadurch einen gewaltigen Schritt nach vorne gemacht.

Der Deal ist ein hoch willkommener Silberstreif am grauen Horizont des zivilen Flugzeugmarktes. Im ersten Quartal 2002 sank das Auftragsvolumen um über 90 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal.

Strategisches Geschäft

Der Großauftrag von EasyJet ist branchenintern nicht unumstritten: Kritiker meinen, Airbus habe mit nicht sonderlich lauteren Mitteln den Auftrag ergattert. Der Verdacht des Dumpings steht im Raum. Medienberichten zu Folge schätzen Branchenkenner den von Airbus gewährten Rabatt auf 30 bis 40 Prozent. Außerdem sicherte Airbus umfangreiche Unterstützung - beispielsweise in der Wartung - zu, so dass der Betrieb der neuen Flugzeuge im Vergleich zu den Boeing-Typen um rund zehn Prozent günstiger ist. Die amerikanische Konkurrenz bezweifelt daher, dass die Vereinbarungen für Airbus profitabel sein können. Auch die Anleger reagierten skeptisch: Nach Bekanntgabe des Geschäfts rutschte der Kurs des Airbus-Papiers um sieben Prozent ab.

Wahrscheinlich ging es Airbus tatsächlich darum, überhaupt im boomenden Markt der Billig-Fluggesellschaften präsent zu sein. Für diese Positionierung war das Unternehmen offenbar bereit, einen hohen Preis zu bezahlen. John Leahy, Verkaufschef bei Airbus, bezeichnete den Auftrag als "wichtig" und "strategisch". Airbus scheint sich trotz der trüben Marktlage "Anschubfinanzierungen" dieser Art leisten zu können. "Wir waren im Gegensatz zu Boeing nicht von Auftragsstornierungen betroffen", teilte ein Sprecher des Unternehmens der DW-WORLD mit. Bereits erteilte Aufträge von Fluggesellschaften seien lediglich auf einen späteren Termin verschoben, so dass die momentane Flaute für Airbus nur eine vorübergehende Durststrecke zu sei.

Ob das Geschäft mit EasyJet jedoch tatsächlich eine lukrative Zukunftsinvestition für Airbus darstellt, wird erst die Zukunft zeigen. Branchenbeobachter vermuten, dass der hoch subventionierte Deal mit EasyJet mittelfristig die Preise in der gesamten Luftfahrtindustrie drücken könnte - und auch Airbus Schwierigkeiten bekommen könnte, zukünftig seine Maschinen kostendeckend zu verkaufen.