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Immer mehr Straftaten in Flüchtlingsheimen

17. Januar 2016

BKA-Präsident Münch zeigt sich besorgt über zunehmende Kriminalität in deutschen Asylbewerberunterkünften, sieht aber keinen Anlass zur Dramatisierung. Und: Die Herkunft der Täter werde keinesfalls verheimlicht.

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Polizeieinsatz nach einer Schlägerei in einer Berliner Asylunterkunft (foto: picture-alliance/Citypress)
Bild: picture-alliance/Citypress24/Lueddemann

Die Straftaten in Sammelunterkünften stiegen "enorm", sagte der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA) der Zeitung "Bild am Sonntag". Dort lebten Menschen oft monatelang auf engstem Raum, darunter besonders viele junge Männer, eben "unter Bedingungen, die Kriminalität fördern", erläuterte Holger Münch. Insgesamt handele es sich bei den Straftaten in Flüchtlings- und Asylbewerberheimen dennoch um "relativ geringe Fallzahlen". Die Kriminalität steige keinesfalls so schnell an wie die Zahl der Neuankömmlinge, versuchte der BKA-Chef falschen Eindrücken vorzubeugen.

Die Hälfte der Delikte in den Großunterkünften sei Gewaltkriminalität. Vor allem gebe es um Körperverletzung, aber vermehrt auch Sexual- und Totschlagsdelikte. Zwischen den Herkunftsländern der Flüchtlinge gebe es dabei deutliche Unterschiede, berichtete Münch: "Migranten vom Balkan oder aus Nordafrika, vor allem Marokkaner, Tunesier und Algerier, fallen besonders durch Straftaten auf. Viel weniger dagegen die Zuwanderer aus Syrien und dem Irak."

Im Fokus: Sexualdelikte

Besondere Aufmerksamkeit der Ermittler richte sich inzwischen auf sexuelle Übergriffe von Migranten, so der BKA-Präsident: "Wir analysieren jetzt, ob es zwischen Zuwanderung und sexueller Belästigung von Frauen in Deutschland einen Zusammenhang gibt." Das Phänomen, dass sich junge Männer aus Nordafrika an bestimmten Orten sammeln, um durch das sogenannte Antanzen Diebstähle zu begehen, gebe es schon länger. Neu dagegen sei die Häufung der Sexualdelikte gegen Frauen. So etwas habe es bisher zwar insbesondere im nordafrikanischen Raum gegeben, betonte Münch: "Dies war für die Silvesternacht nicht vorhersehbar", fügte er mit Blick auf die Kölner Ereignisse entschuldigend an. Das BKA gehe weiter von organisierten Übergriffen aus und ermittle auch in dieser Richtung.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière und BKA-Chef Holger Münch (foto: dpa)
Bundesinnenminister de Maiziere und BKA-Chef Münch (r.) bei der BKA-JahrestagungBild: picture-alliance/dpa

Zugleich wies Münch den Vorwurf zurück, die Polizei verheimliche die Herkunft von Straftätern. Bei der amtlichen Statistik, die jeder im Internet nachlesen könne, werde bei den Tatverdächtigen auch Staatsangehörigkeit und Aufenthaltsstatus angegeben. "Uns liegt daran, objektiv über die Kriminalitätslage zu informieren. Deshalb erstellen wir auch aktuell mit den Bundesländern das Lagebild der Kriminalität im Zusammenhang mit der Zuwanderung."

Gewalt von Flüchtlingen und gegen Flüchtlinge

Bundesinnenminister Thomas de Maizière plant laut Medieninformationen einen ausführlichen Bericht über die Kriminalität von Zuwanderern. Darin solle es aber zugleich auch um Straftaten gegen die Einwanderer gehen, berichtete die "Welt am Sonntag" unter Berufung auf Quellen aus dem Ministerium. De Maizière wolle den Sonderbericht im Frühjahr parallel zur bundesweiten Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) 2015 vorstellen.

BKA-Präsident Münch warnte angesichts zunehmender Gewalt gegen Flüchtlinge vor dem Entstehen rechtsextremer Terrorzellen nach dem Vorbild des NSU. Daher brauche die Polizei "schnelle Ermittlungsergebnisse und Urteile, um die Dynamik der rechtsextremen Straftaten zu unterbrechen. Sonst können sich schlimmstenfalls terroristische Strukturen bilden." Münch warnte zudem vor selbst ernannten Bürgerwehren, die Recht und Gesetz in die eigene Hand nehmen wollten.

SC/cw (afp, KNA)