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Politik

BKA: Tunesier plante Anschlag mit Biobombe

20. Juni 2018

Die Ermittler sind sich nach dem Fund des hochgiftigen Rizin sicher: Der als Giftmischer verdächtigte Tunesier aus Köln bereitete den Bau eines biologischen Sprengsatzes vor. BKA-Chef Münch spricht von einer Biobombe.

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Deutschland Köln Durchsuchung nach Fund von Rizin
Polizisten sichern den Fundort des Giftstoffes in Köln Bild: picture-alliance/dpa/H. Kaiser

Der festgenommene Mann aus Tunesien hat nach Erkenntnissen des Bundeskriminalamtes (BKA) einen Anschlag neuer Dimension geplant. "Hier gab es schon ganz konkrete Vorbereitungen zu einer solchen Tat, mit einer, wenn Sie so wollen, Biobombe", sagte BKA-Präsident Holger Münch dem RBB-Inforadio. "Das ist schon ein in Deutschland einmaliger Vorgang." Er fügte hinzu: "Es gibt entsprechende Anleitungen dazu, auch von islamistischen Organisationen im Internet, wie man so etwas tut. Daran hat sich diese Person offensichtlich auch orientiert." "Welches konkrete Tatziel in den Blick genommen wurde, das wissen wir noch nicht", so der BKA-Präsident. Bisher unklar sei auch, ob der Festgenommene Mittäter oder Verbindungspersonen gehabt habe.

Polizisten hatten am Dienstag vergangener Woche die Wohnung des Tunesiers in einem Hochhaus in Köln-Chorweiler gestürmt und den 29-Jährigen festgenommen. Der Bundesgerichtshof erließ gegen den Verdächtigen Haftbefehl. Der Mann sitzt seit dem vergangenen Mittwoch wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz in Untersuchungshaft. Zudem wird gegen ihn wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat ermittelt.

Samen der Rizinusstaude
Aus solchen Samenkörnern der Rizinusstaude wollte der Verdächtige offenbar das Gift gewinnen Bild: picture-alliance/blickwinkel/fotototo

Gute Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden

Der Tunesier hatte Münch zufolge bereits damit begonnen, das hochgiftige Rizin herzustellen. Es lässt sich aus Rizinussamen gewinnen. Es seien auch Utensilien für die Herstellung eines Sprengsatzes gefunden worden, so der BKA-Präsident. Münch lobte die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden - national wie international. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte nach eigenen Angaben Hinweise erhalten, wonach ein tunesischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Köln potenziell hochgiftige Substanzen zu bestellen versuchte, und ging dem mit hoher Priorität nach.

Die Festnahme in der vergangene Woche zeige, dass man es mit einer unverändert hohen Gefährdungslage in Deutschland zu tun habe, sagte Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen gegenüber Journalisten in Berlin. "Erst das Zusammenspiel aufmerksamer Bürger mit der nachrichtendienstlichen Erkenntnislage hat uns in die Lage versetzt, den Gefährdungssachverhalt zu konkretisieren." Hinweise auf den Terror-Verdächtigen erreichten den Verfassungsschutz laut Maaßen auch über das sogenannte "Hinweistelefon Islamistischer Terrorismus". Es dient als Anlaufstelle für Hinweise aus der Bevölkerung, die auch in türkischer und arabischer Sprache erfolgen können.

Nach Maaßens Einschätzung plante der Mann "sehr wahrscheinlich" einen Terroranschlag. Er soll deutlich mehr als die zunächst bekanntgewordenen 1000 Rizinussamen bestellt haben. Es gebe Anhaltspunkte für eine noch größere Menge, teilte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft mit.

Die Ermittlungen gegen den 29-Jährigen dauern derweil an. Dabei geht es auch um die Frage, ob der Tatverdächtige Kontakte ins Ausland hatte. Deutsche Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass auch die Terror-Organisation "Islamischer Staat" (IS) in der Vergangenheit mit dem Gift Rizin experimentierte und es herstellte. Demnach soll 2016 im Irak dreimal Rizin gefunden worden sein, außerdem einmal an der syrisch-irakischen Grenze.

Sorge bereitet dem Bundeskriminalamt derzeit die hohe Zahl von radikalisierten Einzelpersonen, die es im Auge zu behalten gelte. "Der große geplante Anschlag, so wie wir das in Paris und Brüssel erlebt haben, den halten wir mittlerweile nicht für völlig unwahrscheinlich, aber weniger wahrscheinlich, weil der sogenannte Islamische Staat doch schon sehr geschwächt ist", erklärte Münch. Aktuell seien 770 Personen als Gefährder eingestuft.

kle/stu (dpa, afp)