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Kriminalität

BKA startet Cyber-Offensive

22. November 2018

Computer-Kriminalität gehört zu den größten Herausforderungen der Sicherheitsbehörden. Eine wichtige Rolle in der Gefahrenabwehr spielt das Bundeskriminalamt. Dessen Chef hat Großes vor - und ist vom Erfolg überzeugt.

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BKA-Herbsttagung Wiesbaden
Bild: picture-alliance/dpa/A. Dedert

"Wir gehören zu den Top 5 weltweit", sagt Holger Münch (im Artikelbild) auf der Herbsttagung des Bundeskriminalamtes (BKA) in Wiesbaden. Seine Selbsteinschätzung gilt der Fähigkeit, Cyber-Angriffe zu parieren. Der Präsident spricht ausführlich über "Handlungsoptionen im Zeitalter von Big Data, Algorithmen und autonomen Systemen". Was nach einem wissenschaftlichen Vortrag klingt, ist in Wirklichkeit ein Plädoyer für die technische, personelle und rechtliche Aufrüstung seiner Behörde. Nur so glaubt Münch den Kampf gegen die rasant zunehmende Cyber-Kriminalität gewinnen zu können - national und weltweit.

Die Politik teilt Münchs Sorgen. Kein Wunder, denn auch sie ist immer wieder Opfer von Cyber-Attacken. So wurde im Februar bekannt, dass anonyme Angreifer über längere Zeit in Datensysteme der Bundesregierung eingedrungen waren. Sicherheitsbehörden vermuten, dass russische Hacker dahinter steckten. Die Befürchtung, sensible Informationen könnten in falsche Hände geraten, war entsprechend groß. Deutschland investiert massiv in mehr Sicherheit: Zum eigenen Schutz, aber auch um Kraftwerke und Krankenhäuser zu verteidigen.

Symbolbild  Cyberattacke Virus Wurm Virusattacke
Wenn Hacker im Cyber-Raum manipulieren, kann es für Maschinen und Menschen gefährlich werdenBild: picture alliance/dpa

BKA-Chef Münch: "Computer-Experten wachsen nicht an Bäumen"

Das BKA profitiert davon schon länger. Mittelfristig soll die Zahl der Mitarbeiter von rund 5900 auf 8000 steigen. Besonders begehrt sind Computer-Spezialisten. Auf der Homepage stehen aktuell Stellenangebote für Systemtechniker und IT-Chefarchitekten. Solche Experten "wachsen nicht an Bäumen", sagt Münch im Gespräch mit der DW. Der BKA-Chef ist aber trotzdem zuversichtlich, genügend fähiges Personal zu finden. So werden gezielt Bachelor-Studenten angeworben, die als Cyber-Analysten Licht in die Finsternis des sogenannten Darknets bringen sollen.

In den Untiefen des Internets, das nur auf Umwegen zu erreichen ist, tummeln sich Kriminelle jeglicher Couleur. Sie aufzuspüren, glaubt Münch, ist für viele junge IT-Freaks reizvoller, als "irgendetwas zu programmieren". Im BKA geht es um ganz andere Herausforderungen, die Jagd nach Administratoren im Darknet ist eine davon. Auf dieser Plattform wird alles gehandelt, was  Sicherheitsbehörden Kopfzerbrechen bereitet - von Kinderpornographie bis hin zu Waffen.  

Cyberattacke auf Cathay Pacific

Wie ernst das BKA den Kampf gegen Cyber-Kriminalität nimmt, spiegelt sich künftig auch in der Organisationsstruktur wider. Bislang waren die hauseigenen Cyber-Experten dem Bereich "Schwere und Organisierte Kriminalität" zugeordnet, künftig werden sie eine eigene Abteilung bilden. Dort sollen neue Werkzeuge und Methoden entwickelt werden, "um auf der Höhe der Zeit zu bleiben". Das BKA sei bereit und faktisch in der Lage, "Verantwortung für die Gefahrenabwehr im Cyber-Raum zu übernehmen", betont Präsident Münch.

Abkehr vom Prinzip "Paragraf 1: Jeder macht seins"

Gegenüber den Polizeibehörden der 16 Bundesländer versteht sich das BKA als Dienstleister. Dass dabei noch Überzeugungsarbeit zu leisten ist, weiß auch Münch. Die föderale Arbeitsweise der Polizei sei noch zu häufig geprägt vom obersten Verwaltungsgrundsatz "Paragraf 1: Jeder macht seins". Damit stoße man bei Veränderungen an Grenzen. Dennoch ist der BKA-Chef zuversichtlich, dass die Modernisierung auf allen Ebenen gelingen wird.

Symbolbild: Grenzkontrolle
Digitale Technik auf dem neusten Stand - bei der Polizei in Deutschland keine Selbstverständlichkeit Bild: Imago/J. Gruber

Münch räumt aber auch ein, noch einen langen Weg vor sich zu haben. Das hippe Erscheinungsbild der Polizei im TV - mit Smartphone und Tablet - sei noch ein Wunschtraum. "In der Realität ist dem leider nicht so", bestätigt Münch indirekt den in Deutschland weit verbreiteten Eindruck, die Beamten säßen überwiegend in verstaubten Amtsstuben. Aber auch das soll sich unter dem Schlagwort "Polizei 2020" so schnell wie möglich ändern. Anregungen verspricht sich das BKA von einer Konferenz, zu der Ende November 140 Software-Entwickler eingeladen sind.

Die Europol-Direktorin spricht schon von Künstlicher Intelligenz

Noch seien die meisten IT-Experten damit beschäftigt, die bestehenden Systeme "am Laufen zu halten", ist beim BKA in Wiesbaden zu hören. Die immer wieder angemahnte Digitalisierung der Polizei kommt also nur schleppend voran. Das hat auch Folgen für die internationale Zusammenarbeit. Vor diesem Hintergrund wird Europol-Direktorin Catherine De Bolle nachdenklich nach Den Haag zurückgekehrt sein. Dort befindet sich der Sitz des Europäischen Polizeiamtes.

Portrait: Interpol-Direktorin Catherine De Bolle
Europol-Direktorin Catherine De Bolle setzt im Cyber-Kampf auf Künstliche IntelligenzBild: picture-alliance/AP/P. Dejong

In De Bolles Vortrag dreht sich fast alles um integrierte Daten, Machine Learning und Künstliche Intelligenz (KI). Lauter Begriffe, die in den Ohren vieler nicht mehr ganz junger Polizisten wie eine Sequenz aus dem Kino-Epos "Star Wars" klingen. Tatsächlich aber handelt es sich um digitale Werkzeuge, die auch im  Kampf gegen Cyber-Kriminalität von größter Bedeutung sind. "Wir tasten uns da rein", sagt BKA-Präsident Münch in seinem Schlusswort. Die Auswertung der mit Hightech gewonnenen Informationen "macht aber immer noch ein Mensch".