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Blatter und Platini suspendiert

8. Oktober 2015

FIFA-Chef Joseph Blatter darf für vorerst 90 Tage keine Funktion im Fußball ausüben. Mit ihm sperrt die Ethikkommission des Verbandes den Vizepräsidenten und UEFA-Vorsitzenden Michel Platini.

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Sepp Blatter FIFA Fußball PK Archiv
Bild: Reuters/A.Wiegmann

Nun also doch: FIFA-Präsident Joseph S. Blatter ist von der Ethikkommission des Fußball-Weltverbandes für vorläufig 90 Tage suspendiert worden. Das gab die rechtsprechende Kammer des Gremiums am Donnerstag bekannt. Auch FIFA-Vizepräsident Michel Platini aus Frankreich, in Personalunion Chef der Europäischen Fußball-Union (UEFA), darf zunächst 90 Tage keine Funktionen im Fußball ausüben. Eine Verlängerung des Banns um bis zu weitere 45 Tage sei dabei möglich, heißt es in einer FIFA-Erklärung.

Der bereits von der FIFA suspendierte Generalsekretär Jerome Valcke wurde für 90 Tage aus dem Verkehr gezogen, der ehemalige FIFA-Vize-Präsident Chung Mong-Joon für sechs Jahre gesperrt. Der Südkoreaner muss überdies 100.000 Schweizer Franken Strafe zahlen. Blatter und Platini haben haben jetzt zwei Tage Zeit, um Einspruch einzulegen.

Vage Begründung

Die Kammer begründete ihre Entscheidung mit dem Verdacht auf Verstöße des 79-jährigen Blatter gegen den FIFA-Ethikcode. Detaillierte Gründe darf die Kommission nicht veröffentlichen. Bereits Ende September hatte die Schweizer Bundesanwaltschaft ein Strafverfahren gegen den Schweizer, der seit 1998 an der FIFA-Spitze gestanden hatte, eingeleitet. Blatter wird "ungetreue Geschäftsbesorgung" vorgeworfen. Es soll Fernsehrechte weit unter Marktpreis verkauft haben.

FIFA Kongress Blatter Platini
Die beiden mächtigsten Männer des Weltfußballs sind gesperrtBild: P. Schmidli/Getty Images

Platini hingegen werden zwei Millionen Schweizer Franken zum Verhängnis, die er von der FIFA im Jahre 2011 bekommen hat - angeblich für seine Dienste, die er im Verband in den Jahren 1998 bis 2002 geleistet hat.

Den FIFA-Statuten gemäß übernimmt Issa Hayatou aus Kamerun interimsweise Blatters Amtsgeschäfte. Er ist dienstälteter Vizepräsident des Weltverbandes und würde auch an der Spitze bleiben, wenn die Sperre gegen Blatter fortbestehen sollte. Beim nächsten Wahlkongress am 26. Februar 2016 in Zürich wird in jedem Fall ein neuer Präsident gewählt. Blatter hatte im Juni seinen Rückzug bekannt gegeben, nachdem er wenige Tage zuvor im Amt bestätigt worden war. Als möglicher Nachfolger wurde Platini genannt, dessen Aussichten mit der Suspenierung auf ein Minimum gesunken sein dürften. Auch Platini muss seinen Posten als UEFA-Boss vorerst ruhen lassen. Für ihn übernimmt satzungsgemäß vorläufig der Spanier Ángel María Villar.

Blatter wirft Ermittlern Formfehler vor

In einer ersten Stellungsnahme sieht Blatter-Berater Klaus J. Stöhlker keine wirklichen Probleme auf seinen Klienten zukommen: "Er freut sich auf drei Monate Ferien, die er sich auch redlich verdient hat", sagte Stöhlker der "Bild"-Zeitung. Danach werde sich der Walliser bei der FIFA wieder zurückmelden. "Blatter ist rechtzeitig zurück, um am 26. Februar den Kongress zu führen", betonte Stöhlker. "Ausgerechnet die von Blatter initiierte Ethikkommission hat ihn jetzt an die Seitenlinie gestellt. Er will aber zurück ins Spiel!

Blatters Anwälte teilten mit: "Präsident Blatter ist enttäuscht, dass die Ethikkommission nicht dem Ethik- und Disziplinarcode gefolgt ist, die beide die Möglichkeit schaffen, angehört zu werden". Die Entscheidung der Ethikkommission basiere auf einem Missverständnis der Aktionen der Schweizer Bundesanwaltschaft, hieß es in der Stellungnahme der Rechtsvertreter Lorenz Erni, Erni Brun Forrer und Richard Cullen weiter. "Die Ermittler sind vom Gesetz verpflichtet, den Fall einzustellen, wenn ihre Untersuchung, die gerade einmal zwei Wochen alt ist, keinen hinreichenden Beweis erbringt", schrieben die Anwälte.

Am frühen Freitagmorgen sagte Cullen der Nachrichtenagentur dpa, ein Einspruch gegen das Urteil sei eingereicht worden. Über diesen muss die FIFA-Berufungskommission entscheiden. Auch UEFA-Präsident Platini hat Berufung angekündigt.

Ethikkommission seit 2009 im Dienst

Die Ethikkommission der FIFA, die die Sperren nur ausgesprochen hat, ist formal unabhängig. Das Gremium existiert seit der Verabschiedung des FIFA-Ethikcodes 2009. Im Zuge einer Reform aufgrund der Auswüchse bei der Vergabe der WM-Endrunden 2018 an Russland und 2022 an Katar wurde die Kommission, dem Prinzip der Gewaltenteilung folgend, in die ermittelnde Kammer einerseits und die rechtsprechende Kammer andererseits unterteilt.

Die ermittelnde Kammer geht Hinweisen auf Verstöße von FIFA-Funktionären und anderen mit dem Fußball verbundenen Personen gegen den Ethikcode nach. In Verdachtsfällen legt die ermittelnde Kammer der rechtsprechenden Kammer ihre Untersuchungsergebnisse zur Bewertung vor. Daraufhin können Sanktionen wie Suspendierungen oder Sperren für Tätigkeiten im Fußball erfolgen.

Die Kommission darf zu ihren Untersuchungen und Ergebnissen öffentlich keine Auskunft erteilen. Lediglich die rechtsprechende Kammer kann ihre Entscheidungen begründen. Zuletzt hatte die Kommission vorerst noch vergeblich beantragt, im Sinne höherer Transparenz Einzelheiten über laufende Verfahren kommunizieren zu können.

to/jj/kle (rtre, dpa, sid)