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Bolton gibt auf

5. Dezember 2006

Washingtons umstrittener UN-Botschafter John Bolton wirft das Handtuch und kommt damit einer Entscheidung des neuen demokratischen US-Senats zuvor. Wer Boltons Nachfolger wird, ist unklar.

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John Bolton (Archivbild)
John Bolton (Archivbild)Bild: AP

Für John Bolton gibt es als US-Botschafter bei den Vereinten Nationen keine Zukunft mehr. Mit seiner Entscheidung zurückzutreten ist er am Montag (4.12.2006) einer entsprechenden Senatsentscheidung zuvorgekommen, nachdem klar geworden war, dass der künftig demokratisch beherrschte Senat einer Fortsetzung seiner im Januar ablaufenden Amtszeit nicht zustimmen wird. Der Rückzug gilt nach den verlorenen Kongresswahlen vor einem Monat als eine weitere schwere Niederlage für Präsident George W. Bush: Er hatte den vordem als entschiedener UN-Kritiker hervorgetretenen Bolton im Sommer 2005 am Kongress vorbei auf seinen Posten gesetzt, nachdem die Demokraten im Senat seine Bestätigung blockiert hatten.

Bush habe das Rücktrittgesuch "widerwillig akzeptiert", sagte eine Sprecherin des Weißen Hauses, Dana Perino, am Montag. Bush selbst äußerte sich in einer Erklärung "zutiefst enttäuscht". Wen der Präsident als Nachfolger nominieren will, wurde zunächst nicht bekannt.

UN-Botschafter kommt Senatsentscheidung zuvor

US-Präsident Bush (l.) spricht mit seinem UN-Botschafter Bolton und Außenministerin Rice. Im Vordergrund der algerische Präsident Bouteflika (Archivbild)
US-Präsident Bush (l.) spricht mit seinem UN-Botschafter Bolton und Außenministerin RiceBild: AP

Bushs Entscheidung für Bolton im vergangenen Jahr hatte zu einer der bisher größten Kraftproben mit den Demokraten im Kongress geführt. Sie hielten den für seinen brüsken Stil bekannten Bolton für die denkbar schlechteste Wahl, nachdem er sich in der Vergangenheit wiederholt abfällig über die UN geäußert und sie praktisch als nutzlos bezeichnet hatte. Bush griff dann zu einem gesetzlich erlaubten Verfahrenstrick. Er nutzte die Sommerpause des Senats, um ein Bestätigungsverfahren zu umgehen. Dabei berief er sich auf ein "dringendes nationales Interesse". In einem solchen Fall muss ein Präsident nicht auf eine Bestätigung durch den Senat warten.

Mit der konstituierenden Sitzung des vor einem Monat neu gewählten Kongresses wäre Boltons Amtszeit jedoch im Januar abgelaufen. Bush hatte ihn im November neu nominiert, aber die Demokraten, die künftig in der Kammer die Mehrheit haben, machten deutlich, dass Bolton auf keine Zustimmung hoffen könne. "Das kommt überhaupt nicht in Frage", sagte der künftige Vorsitzende des Auswärtigen Senatsausschusses, Joseph Biden.

Auch republikanischer Widerstand gegen Bolton

Bush würdigte unterdessen die Verdienste Boltons, dessen Verhältnis zum scheidenden UN-Generalsekretär Kofi Annan stets gespannt war. Er habe sich seinerzeit für Bolton entschieden, weil er Amerikas Werte repräsentierte und ein entschiedener Befürworter von UN-Reformen gewesen sei, sagte Bush am Montag. Bolton habe seinem Land mit "außergewöhnlicher Hingabe und Geschick" gedient. So habe er es beispielsweise geschafft, wichtige Koalitionen zu bilden, fügte Bush unter anderem mit Blick auf die jüngste Iran-Resolution im Tauziehen um das Teheraner Atomprogramm hinzu. Der Präsident nannte es weiter "zutiefst enttäuschend", dass Boltons Bestätigung an der "Obstruktion" einer "Hand voll Senatoren" gescheitert sei.

Doch auch bei Republikanern stößt Bolton auf Kritik; seine Nominierung im US-Senat, wo die Republikaner noch bis Januar die Mehrheit haben, galt als fraglich. Bereits nach der Nominierung Boltons durch Bush im Frühjahr 2005 hatte es im Senat erheblichen Widerstand gegen den konservativen Hardliner gegeben. Der Außenausschuss und das Plenum des US-Senats verweigerten Bolton mehrmals die Zustimmung. 59 frühere US-Spitzendiplomaten protestierten in einem Brief gegen die Ernennung Boltons, Ex-Außenminister Collin Powell äußerte ebenso Bedenken. (rri)