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Wirkstoff tötet Krebszellen

29. März 2019

Das Mittel nutzt einen Mechanismus auf der Oberfläche von Krebszellen, der diese dann absterben lässt. Jetzt muss untersucht werden, ob es auch außerhalb des Labors funktioniert.

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Auf der Oberfläche von Lymphomen haben die Forscher einen für die Zelle schädlichen Proteinkomplex entdeckt
Auf der Oberfläche von Lymphomen haben die Forscher einen für die Zelle schädlichen Proteinkomplex entdecktBild: Imago/Science Photo Library

Wird der Mechanismus auf der Oberfläche von Krebszellen richtig eingesetzt, führt das zum Tod der Krebszelle. Warum die Krebszellen diese Hintertüren bereitstellen, ist noch nicht bekannt. Die Forscher der Universität Bonn und ihre Kollegen der US-Firma Caris Life Sciences haben jetzt aber den Schlüssel - ein sogenanntes Aptamer - zu dieser Tür entdeckt. Richtig eingesetzt, wird er den Krebszellen selbst zum Verhängnis. 

Aptamere sind kurze DNA-Sequenzen, die sich - je nach Reihenfolge der enthaltenen genetischen Bausteine (Nukleotide) - zu unterschiedlichen Formen zusammenfalten können. Solch ein passend geformtes Aptamer haben Günter Mayer, Professor für chemische Biologie der Universität Bonn, und seine Kollegen nun entdeckt.

Prof. Günter Mayer forscht an der Universität Bonn an Stoffen für die Krebserkennung
Prof. Günter Mayer forscht an der Universität Bonn an Stoffen für die KrebserkennungBild: Barbara Frommann

Das Aptamer sollte eigentlich Chemotherapie-Wirkstoffe in die Zelle transportieren

Das Aptamer C10.36 passt genau zu einem Proteinkomplex auf der Oberfläche von sogenannten Non-Hodgkin-Lymphomen. Das ist deshalb entscheidend, da der Proteinkomplex sich selbst und das Aptamer im Anschluss ins Innere der Krebszelle schleust. Das erfolgreiche Andocken markiert also nicht nur die Krebszelle, sondern stellt auch einen Zugang zu dieser her. "Die ursprüngliche Idee war, das Aptamer an einen Chemotherapie-Wirkstoff anzubinden", erklärt Mayer.

Dies scheint aber vielleicht gar nicht nötig zu sein, wie die weiteren Beobachtungen der Forscher ergaben. Denn der Proteinkomplex auf der Zelloberfläche enthält auch sogenannte Splicing-Proteine. Diese dienen dazu, DNA an bestimmten Stellen zu schneiden, Teile herauszulösen, und wieder zusammenzufügen. Das ist ein Prozess, der in Zellen ständig passiert. Die Zelle produziert auf diese Weise ihre eigenen Proteine. Die zusätzlichen Splicing-Proteine scheinen diese Produktion in den Krebszellen jedoch durcheinander zu bringen. Die Krebszelle stirbt jedenfalls kurz danach ab.

Bei der Suche nach dem Oberflächenprotein hatten die Forscher auch eine gute Portion Glück. Denn eigentlich waren sie bereits seit 2006 auf der Suche nach einer Andockmöglichkeit für einen Markerstoff für Krebszellen. Dabei probierten sie im ersten Durchgang eine Billiarde verschiedene Aptamere aus, die sie mit den Krebszellen zusammenbrachten. Alle Aptamere, die nicht an die Krebszellen andockten, sortierten die Forscher nach und nach aus. Diejenigen, die wie C10.36 andockten, sahen sie sich näher an.

Mehr zu: Wie entsteht Krebs in der Zelle und im Körper?

Proteinkomplex könnte der Zellkommunikation dienen

Warum die Krebszelle auf der eigenen Oberfläche Proteine vorhält, die die Zelle abtöten können, wollen die Forscher ebenfalls näher untersuchen. Bislang gibt es dazu mehrere Theorien. "Eine davon ist, dass diese Proteine bei der Kommunikation mit anderen Zellen und bei der Verbreitung des Tumors zum Einsatz kommen", sagt Mayer.

Bis feststeht, ob sich Aptamere in der Krebstherapie einsetzen lassen, haben die Forscher aber noch viel zu tun. "Wir haben das Aptamer bisher nur an im Labor gezüchteten Krebszellen getestet", sagt er. Ob die DNA-Stränge auch bei Lymphomen im lebenden Körper wirken, müsse erst getestet werden. In den nächsten Jahren stehen also erst einmal Tests mit Labormäusen an. Auch die Art der Verabreichung muss dann noch geklärt werden.