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Bonner Start-Up auf Erfolgskurs

10. Januar 2011

In der Krise wurden in Deutschland besonders viele Unternehmen gegründet. Auch mutige junge Menschen nutzten sie als Chance - und wurden ihr eigener Chef. Zum Beispiel der 31-jährige Jan Philipp Hinrichs.

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Jan Philipp Hinrichs, Geschäftsführer von Captcha Ad (Foto: DW)
Jan Philipp Hinrichs, Geschäftsführer von Captcha AdBild: DW/Scherle

Drei Laptops, eine Küche im Dachgeschoss und ein Schreibtisch: Damit hat für die drei Freunde aus Bonn alles angefangen. Nach dem Studium gründeten Jan Philipp Hinrichs, Michael Keferstein und Thomas Zumtobel das Unternehmen "Captcha Ad".

Das war 2009, mitten in der Wirtschaftskrise - eine Zeit, in der potenzielle Investoren besonders misstrauisch waren. Doch davon ließen sich die drei Jungunternehmer nicht entmutigen: Sie finanzierten ihre Firma aus eigenen Ersparnissen. Und hatten schon bald hochkarätige Kunden wie Universal Pictures.

Werbung und Spamschutz verbinden

Das Geschäftsmodell des Onlinemarketing-Unternehmens ist einfach zu erklären. Es verbindet auf Internetseiten Sicherheitsabfragen zum Spamschutz (sogenannte Captchas) mit Videowerbung: "Statt dass der User Buchstaben- und Zahlenkombinationen, die er oft nicht lesen kann, ausfüllen muss - schalten wir kurze Werbespots", erklärt Jan Philipp Hinrichs. In diesen Spots von meist 15 Sekunden wird eine kurze Frage zum Inhalt Content gestellt - zum Beispiel im Autobereich, welche Farbe der neue BMW hat.

Der User kann die Frage von erster Sekunde an beantworten. Durch diese Antwort verifiziert er sich. "Letztendlich ist es ein Spamschutz, der sicherer ist als die alten Captchas und ein komplett neues Werbeformat", sagt Jan Hinrichs, der Geschäftsführer von Captcha Ad.

Internationale Auszeichnungen für Captcha Ad

Jan Hinrichs und Thomas Zumtobel (Foto: dW)
Jan Hinrichs und Thomas Zumtobel wollen Sicherheitsabfragen im Netz revolutionierenBild: DW/Scherle

Diese Technologie haben die Jungunternehmer in Europa und den USA zum Patent angemeldet. Und sie brachte ihnen viele Auszeichnungen bei verschiedenen internationalen Gründerwettbewerben. Doch um erfolgreich zu sein als sein eigener Chef, braucht ein Jungunternehmer mehr als Preise: Nämlich sehr viel Disziplin und Durchhaltevermögen.

Denn auch wenn am ersten Tag alles gut läuft, könnte am nächsten wieder alles anders aussehen: "Ich glaube, die Schmerzgrenze muss sehr hoch sein: Ich nenne das immer die manische Depression einer Gründung", sagt Jan Philipp Hinrichs. "Aber es macht sehr viel Spaß. Man kann extrem viel bewegen: Es ist sensationell zu sehen, wie sich etwas entwickelt."

Zu wenig Zuspruch für Gründer in Deutschland

Für diesen Enthusiasmus der Gründer gibt es in der deutschen Gesellschaft aber zu wenig Zuspruch, meint Professor Michael-Burkhard Piorkowsky, Wirtschaftswissenschaftler an der Uni Bonn. Zwar sei die Gründungsinfrastruktur in Deutschland gut, weil es viele Beratungsstellen und Finanzierungsmöglichkeiten gibt.

Doch das ist nicht genug, denn ein grundlegendes positives Verständnis von Unternehmertum sei nicht vorhanden: "Unternehmer werden oft zwielichtig betrachtet, teils skeptisch, teils aber auch eifersüchtig, weil es sich anscheinend um Menschen handelt, die sehr aktiv ihren eigenen Weg suchen." Solchen mutigen Menschen begegnet Michael-Burkhard Piorkowsky sehr oft - er ist Ansprechpartner für Unternehmensgründung und Entwicklung an der Uni Bonn.

Positiveres Verständnis von Selbstständigkeit in den USA

Professor Piorkowsky (Foto: DW)
Professor Piorkowsky wünscht sich mehr Verständnis für ExistenzgründerBild: DW

"Hier an der Uni erleben wir immer wieder, wie potenzielle Gründer zu uns kommen und sagen 'Ich habe Angst, dass meine Geschäftsidee gestohlen wird, wenn ich sie mitteile", erzählt Professor Piorkowsky. Er antworte ihnen aber, dass sie sich darüber keine Sorgen machen müssen. Viel schwerer sei es, jemanden überhaupt von der eigenen Idee zu überzeugen - die Banken oder auch den Freundes- und Bekanntenkreis.

Professor Piorkowsky kritisiert auch eine in Deutschland weit verbreitete Vorstellung: dass Unternehmer, die ihre Firma wieder schließen müssen, "Versager" sind. Dabei werde nicht berücksichtigt, wie sehr der Erfolg einer Existenzgründung auch von äußeren Faktoren abhängt. Die USA seien viel weiter, was die positive Einstellung zur Selbstständigkeit betrifft, betont Michael-Burkhard Piorkowsky. Diese Mentalitätsunterschiede hat auch Jan Philipp Hinrichs auf seinen Amerika-Reisen beobachtet.

Erste Kontakte zu Google und Microsoft

Die Angst vor dem Scheitern dürfte sich bei den Jungunternehmern aus Bonn aber in Grenzen halten. Captcha Ad hat schon 10 Mitarbeiter und plant weitere Büros in München und Hamburg. Außerdem hat Jan Philipp Hinrichs bereits Google und Microsoft auf dem Radar: "Wir haben schon erste Kontakte zu beiden Firmen gehabt. Es könnten sehr spannende Kooperationspartner für uns sein - Firmen, die vielleicht auch gerne Captcha Ad auf dem Portofolio hätten."

Denn auch die beiden Internet-Giganten sind daran interessiert, Spamschutz und Werbung zu verbinden - und damit Geld zu verdienen.

Autorin: Alexandra Scherle

Redaktion: Henrik Böhme