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Politik

Boris Johnsons Brexit-Breitseite gegen May

18. Juli 2018

Der britische Ex-Außenminister Johnson hat seine erste Parlamentsrede seit dem Rücktritt für eine scharfe Abrechnung mit Premierministerin May genutzt. Sein Hauptvorwurf: Sie verspiele die Chancen des Brexit.

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UK Boris Johnson im Parlament
Bild: picture-alliance/empics/PA Wire

Der jüngste Plan der Premierministerin Theresa May zum britischen EU-Austritt würde Großbritannien zum "wirtschaftlichen Vasallen" der EU machen, warnte Boris Johnson in London. May verfolge einen "Brexit nur dem Namen nach", ohne dass Großbritannien die EU wirklich verlasse. Anstatt die "ruhmreiche Vision" des Brexit umzusetzen, wirke die Politik der Regierung so, "als ob ein Nebel des Selbstzweifels niedergegangen sei", beklagte der Konservative.

In seiner Parlamentsrede sagte Johnson weiter: "Es ist noch nicht zu spät, den Brexit zu retten." Bei den Verhandlungen mit Brüssel gebe es "immer noch Zeit". Wenn die Premierministerin ihren Kurs korrigiere, könne sie immer noch "einen großartigen Brexit für Großbritannien" umsetzen. May müsse daher zurückkehren zu den Positionen ihrer ersten Brexit-Rede. Durch ihren unentschlossenen Kurs habe die britische Regierung allerdings "viel Verhandlungskapital verbrannt", kritisierte Johnson.

Johnson gilt als profilierter Brexit-Hardliner, innerhalb der zerstrittenen konservativen Regierungspartei werden ihm Ambitionen auf das Amt des Premierministers nachgesagt. May strebt hingegen auch nach dem Ausscheiden enge wirtschaftliche und regulatorische Bindungen an die EU an.

Bis zu 45 Milliarden Euro

Kritisch sieht Johnson unter anderem, dass Großbritannien dem Europäischen Gerichtshof eine Rolle in den künftigen Beziehungen mit der EU zubilligen will. Er kritisierte auch die Zusage Londons, eine Schlussrechnung in Höhe von 40 bis 45 Milliarden Euro zu begleichen. Am schlimmsten sei aber gewesen, dass man der Frage um eine feste Grenze in Irland so großen Raum eingeräumt habe, sagte Johnson. Technische Lösungen für Grenzkontrollen seien ohne Prüfung verworfen worden.

Großbritannien London Theresa May
Schwere Stunden im Unterhaus: Theresa MayBild: picture-alliance/PA Wire

Die Frage nach Grenzkontrollen zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland gilt als kniffligstes Problem der Brexit-Verhandlungen. Eigentlich wollen alle Seiten Kontrollen verhindern, doch es ist unklar, wie das gehen soll, wenn Großbritannien die Europäische Zollunion verlässt und es dann zwischen Irland und Nordirland eine EU-Außengrenze gibt. Die Mitglieder einer Zollunion vereinbaren gemeinsame Außenzölle. Kontrollen an den Binnengrenzen sind daher überflüssig. London will sich davon aber lossagen, um eigene Freihandelsabkommen mit Drittstaaten wie den USA und China zu schließen.

Zwei Zollsätze?

May will das Problem mithilfe eines komplizierten Zollabkommens mit der EU lösen. Dabei soll Großbritannien an seinen Häfen zwei verschiedene Zollsätze erheben: einen für Waren, die für die EU bestimmt sind, und einen anderen für Güter, die in Großbritannien bleiben. Diesen Plan bezeichnete Johnson nun als "wunderlich".

Johnson und Brexit-Minister David Davis waren vergangene Woche im Streit um den neuen Plan für den EU-Austritt der Premierministerin zurückgetreten und hatten damit eine Regierungskrise ausgelöst. Mehrere Abgeordnete traten zudem von Staatssekretärsposten oder Parteiämtern zurück. Seitdem hat May Zugeständnisse an Brexit-Hardliner in ihrer Partei gemacht. Ihre Position ist sehr geschwächt. Am Montag akzeptierte sie mehrere Änderungsanträge des erzkonservativen Abgeordneten Jacob Rees-Mogg zum Zollgesetz (Customs Bill). Demnach soll das Zollabkommen nur in Kraft treten können, wenn auch die EU an ihren Grenzen für Großbritannien Zölle kassiert. Kritiker glauben, dass der neue Brexit-Plan der Premierministerin damit zum Scheitern verurteilt ist.

Knapper Abstimmungssieg

Am Dienstag entging May nur knapp einer Niederlage im Parlament gegen die proeuropäischen Abgeordneten in ihrer Partei. Die hatten versucht, die Regierung mithilfe der Opposition zu Verhandlungen über eine Zollunion mit der EU zu verpflichten, sollte bis Januar kein Handelsabkommen mit Brüssel stehen. Doch ein entsprechender Änderungsantrag zum Handelsgesetz (Trade Bill) wurde mit 307 zu 301 Stimmen vom Unterhaus abgelehnt.

Einen kleinen Erfolg errangen die proeuropäischen Rebellen zumindest, indem sie durchsetzten, dass sich Großbritannien weiter an die EU-Regeln für Arzneimittel halten soll. Ein entsprechender Änderungsantrag wurde mit 305 zu 301 Stimmen angenommen.

Am Freitag will sich die EU erstmals zu Mays Plänen äußern. Großbritannien wird die Europäische Union am 29. März 2019 verlassen. Bis Oktober soll eigentlich ein Austrittsabkommen stehen. Doch die Uneinigkeit in der britischen Regierung hatte die Verhandlungen zuletzt zum Stillstand gebracht.

kle/sti (dpa, afp, rtre)