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Bosnien-Herzegowina kommt Europa näher

Zoran Arbutina16. Juni 2008

Wenn Bosnien-Herzegowina und die EU am Montag in Luxemburg feierlich das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) unterschreiben, wird das der vorläufige Höhepunkt im Integrationsprozess des Landes sein.

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Die Fahnen von Bosnien-Herzegowina und der EUFahne wehen nebeneinander
Rücken in Zukunft näher zusammen: Bosnien-Herzegowina und die EUBild: picture-alliance/ ZB

Der amerikanische Präsident Bill Clinton sprach im November 1995 auf dem US-Luftwaffenstützpunkt im kleinen texanischen Städtchen Dayton anlässlich der Unterzeichnung des Friedensvertrages für Bosnien-Herzegowina diesen Satz: "Die Präsidenten von Bosnien, Kroatien und Serbien haben eine historische und heroische Wahl getroffen. Die überwältigende Mehrheit der bosnischen Einwohner und der Einwohner von Kroatien und Serbien wollen dasselbe: sie wollen das Gemetzel stoppen, sie wollen der Gewalt und dem Krieg ein Ende setzen, sie wollen ihren Kindern und Enkeln die Chance geben, ein normales Leben zu führen. Heute wurden, Gott sei Dank, die Stimmen dieser Leute erhört." Damals schien das vorrangige Ziel der internationalen Gemeinschaft - den Krieg zu stoppen - erreicht.

Der spanische Premierminister Felipe Gonzalez, US-Präsident Bill Clinton, Frankreichs Präsident Jacques Chirac, Bundeskanzler Helmut Kohl, der britische Premierminister John Major und der russische Premierminister Victor Chernomyrdin, zusammen mit dem serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic, Kroatiens Präsident Franjo Tudjman und Bosniens Präsident Alija Izetbegovic bei der Unterzeichnung des Vertrags von Dayton
Beifall bei der Unterzeichnung des Friedensvertrages von DaytonBild: picture-alliance/dpa

Der Daytoner Friedensvertrag brachte dem Land aber nicht nur die Waffenruhe, sondern auch eine einzigartige staatliche Struktur. Drei gleichberechtigte Völker, Bosniaken, Serben und Kroaten bilden einen gemeinsamen Staat, der aus zwei weitgehend eigenständigen Teilen besteht – mit eigenen Parlamenten, Regierungschefs und Präsidenten. Dazu gibt es Distrikte mit Sonderrechten und Sonderparlamenten und über allem wacht der Hohe Repräsentant der internationalen Gemeinschaft - der im Zweifelsfall Gesetze erlassen oder verhindern kann. Bei allen drei Bevölkerungsgruppen sind die Nationalisten, die 1992 den Krieg angezettelt haben, nach wie vor an der Macht. Eine Einigung in strittigen Fragen streben sie meist nicht an, denn nur durch die Spaltung der Gesellschaft sichern sich die Nationalisten ihre Vorrangstellung.

Schwerer Weg nach Europa

Selbst an einem gemeinsamen Staat haben sie wenig Interesse. Sehr offen spricht das Milorad Dodik aus, der Regierungschef des serbischen Teils, der Republika Srpska. "Ich habe keine Ahnung was es sein wird", sagt er. "So weit ich weiß, wird es Republika Srpska jedenfalls geben, ob es auch Bosnien-Herzegowina geben wird, dessen bin ich mir nicht sicher." Der Dauerkonflikt zwischen den politischen Eliten führte zu einer weitgehenden Blockade der bosnischen Politik und die wirtschaftliche Entwicklung wurde gelähmt. Bosnien ist auch 13 Jahre nach dem Krieg eines der ärmsten Länder Europas. Für die Europäische Union ist das kein tragbarer Zustand, denn langfristig soll Bosnien-Herzegowina wie alle Balkanländer Teil der EU werden. Nur so glaubt man, dauerhafte Stabilität auch in diesem Teil Europas erreichen zu können. Ein erster Schritt in diese Richtung ist die Unterzeichnung des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens.

Bosnische Polizisten auf der Straße
Eine Reform der Polizei war Bedingung für die EU-Annäherung

Der Weg dahin war nicht einfach: denn Brüssel wollte zuerst einen Beweis für die politische Reife sehen. Das Land, das von Europa als Einheit betrachtet werden wollte, sollte wenigstens in der Lage sein, eine gemeinsame Polizei aufzubauen. Zwei Jahre lang, noch bis vor wenigen Wochen, stritten bosnische Politiker um die überfällige Polizeireform. Bei der Lösung hat die EU entscheidend mitgeholfen: Mit dem Zuckerbrot der Wirtschaftsförderung und der Peitsche der politischen und wirtschaftlichen Isolation hat es Brüssel geschafft, wichtige Reformprozesse im Land in Gang zu setzen. Mit dem Abkommen, das an diesem Montag in Luxemburg unterzeichnet wird, tritt Bosnien-Herzegowina in eine neue, vertragliche Beziehung mit der EU ein. Ab jetzt erhält das Land Zugang zu einigen europäischen Förderfonds. Und auch die Visa-Vergabe wird wesentlich erleichtert.

Endlich als Teil Europas anerkannt

Ein lang ersehnter Schritt, sagt Premierministers Nikola Spiric der die Unterzeichnung für das wichtigste Ereignis für Bosnien-Herzegowina nach dem Daytoner Friedensabkommen hält. Sein Außenminister Sven Alkalaj fügte hinzu: "Davon versprechen wir uns viel. Wir hoffen, dass wir in Kürze alle Bedingungen erfüllen werden, und gemeinsam den Weg schnell zurückzulegen." Man hoffe außerdem, so Alkalaj weiter, dass Bosnien-Herzegowina so bald wie möglich auch in die Reihe der EU-Beitritskandidaten aufgenommen werde. Für die Bevölkerung hat das Abkommen ebenfalls einen hohen symbolischen Wert: Das Land, das sich schon immer als Teil Europas betrachtet hat, wird jetzt endlich auch als ein solcher anerkannt.