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Bosnien-Herzegowina: Leben mit der Minengefahr

14. September 2005

In Bosnien-Herzegowina gibt es auch zehn Jahre nach Ende des Krieges zahlreiche Minenfelder. Seit 1995 sind durch Minen über 400 Menschen ums Leben gekommen. Noch heute prägen die Minen den Alltag der Menschen.

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Gefährliche Überreste des KriegesBild: AP


Auf den ersten Blick mutet das Dorf Slimena unweit von Travnik idyllisch an: Durch die wunderschöne bergige Landschaft mit seinen Tannenwäldern fließt der Fluss Lasva, einer der saubersten Flüsse in diesem Teil Bosniens. Slimena befindet sich auf 700 Meter Höhe und hat 4.000 gastfreundliche Einwohner, die jedem Fremden der hier vorbeikommt, Wasser und Kaffee anbieten.

Es könnte eine Idylle sein - wären da nicht die Minen-Warnschilder. Denn hier sind nach dem Krieg zahlreiche Mienenfelder übrig geblieben, die das alltägliche Leben der Bewohner gefährden. Die meisten von ihnen haben zwar den Krieg zwischen den kroatischen und muslimischen Truppen überlebt. Allerdings können sie auch zehn Jahre nach seinem Ende noch immer nicht unbeschwert durch die Felder spazieren gehen und müssen, wenn sie einkaufen gehen, sichere Umwege nehmen.

Zahlreiche Gefahren

Die Minenräumung hat zwar begonnen, aber es sei immer noch gefährlich, beklagt der 47-jährige Ante Lekic: „Du kannst dir vorstellen, wie das Leben zwischen den Minen ist - schrecklich. Wir können uns nicht frei bewegen, müssen ständig auf unsere Kinder und unser Vieh aufpassen. Nun arbeiten Minenräumer. Das ermutigt uns ein wenig, weil einige Minenfelder bereits geräumt sind."

In einem der umliegenden Minenfelder ist ein Nachbar tödlich verunglückt, und auch sein Schwager hat ein Bein verloren, erzählt Ante. Das größte Problem stellen aber die Kinder dar, die sorglos spielen möchten und sich der drohenden Gefahren nicht bewusst sind. Ante hat zwei Kinder - 14 und 16 Jahre alt - und ist froh, dass ihnen bisher nichts passiert ist. Er erzählt: „Wir müssen sie beaufsichtigen, nach ihnen schauen und erlauben ihnen nicht, sich weit vom Haus zu entfernen. Sie sind jetzt älter und passen auf sich auf. Es ist grauenvoll."

Deshalb hat er auf eigene Gefahr selbst die Minen vor seinem Haus geräumt, noch bevor die Profis gekommen sind. Er habe Feuer gelegt und ein Versteck gesucht, bevor die Mine explodierte.

Gemeinsame Probleme

Während des Krieges trennte Ante Lekic und seinen Nachbarn Omer Boric die Front: Ante ist Kroate, Omer ist Bosniake. Doch nun, da sie ein gemeinsames Problem - die Minen - haben, helfen sie sich gegenseitig, indem sie Informationen über die Räumarbeiten austauschen. Auch Omer hat die Minenräumung vor seinem Haus selbst erledigt. Aber das Leben sei schwer, sagt er: „In den drei Kriegsjahren habe ich erfahren, dass das Leben und der Tod gleichwertig sind. Deswegen bin ich nach Hause zurückgekehrt, habe unter Minen gelebt, Rasen gemäht und Garten bewirtschaftet. Aus diesem Umkreis habe ich mich nicht weiter entfernt."

Ausländische Hilfe

Die Minenräumung zu beschleunigen, war in Bosnien-Herzegowina in den vergangenen Jahren nicht möglich, weil die finanziellen Mittel dazu fehlten. Zurzeit arbeiten an der früheren Frontlinie im Gebiet Travnik drei Minenräumer. Einer von ihnen ist Bruno Budimir, der jeden Tag fünf Stunden auf den Minenfeldern arbeitet. In seinem gefährlichen Job hat er die Angst längst überwunden. Seinen Job betrachtet er wie jeden anderen: „Jede Arbeit birgt gewisse Gefahren. Wenn wir nicht aufpassen, kann uns ja auch auf der Straße etwas zustoßen“, sagt er.

Vor kurzem hat die deutsche Regierung 1,7 Millionen Euro Finanzhilfe für Minenräum-Arbeiten in Bosnien-Herzegowina zur Verfügung gestellt. Damit sollen an 35 Fundorten Minen geräumt werden, unter anderem auch in Slimena.

Belma Fazlagic-Sestic

DW-RADIO/Bosnisch, 14.9.2005, Fokus Ost-Südost