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Bosnien: Illegal erteilte Staatsbürgerschaften entzogen

31. Januar 2008

Während des Bosnien-Krieges wurden viele ausländische Kämpfer eingebürgert – zu Unrecht, wie eine Kommission jetzt urteilte. Sie entzog über 600 Personen die bosnische Staatsbürgerschaft.

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Veteranen droht die AusweisungBild: AP

Bei der Vergabe der Staatsbürgerschaft sind in Bosnien-Herzegowina in den vergangenen 15 Jahren grobe Fehler und zahlreiche Gesetzesverstöße vorgekommen. Das hat die vor einigen Jahren eingesetzte „Kommission für die Revision der Staatsbürgerschaften“ festgestellt, die den Abschlussbericht ihrer Arbeit diese Woche im Parlament vorgestellt hat.

Einbürgerung ohne Nachweise

Nach Angaben der Kommission wurden in der Zeit vom 6. April 1992 bis zum 1. Januar 2006 mehr als 18.500 Menschen eingebürgert. Sie stammen überwiegend aus den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien. Unter ihnen sind aber auch etwa 1.500 Personen aus anderen Ländern, darunter auch Mudschaheddin – ausländische Freiwillige, die ab 1992 auf Seiten der bosnisch-muslimischen Streitkräfte im Bosnien-Krieg kämpften.

Die meisten Staatsbürgerschaften wurden an solche ausländischen Soldaten vergeben, die im Krieg mitgekämpft hatten. Häufig wurde die Staatsbürgerschaft nur aufgrund der Aussage des Antragstellers erteilt. Dieser musste lediglich zu Protokoll geben, dass er sich nicht an Aggressionen beteiligt habe oder sich als Staatsbürger Bosnien-Herzegowinas fühle. Dieses Verfahren verurteilte die Kommission nun nachträglich als gesetzeswidrig. Als Konsequenz hat sie 661 Personen die Staatsbürgerschaft entzogen.

Ehemalige Kämpfer als „Sicherheitsrisiko“

Einer der Betroffenen, dem nun die Staatsbürgerschaft entzogen wurde, ist der Syrer Al Hussein Imad, bekannt unter dem Namen „Abu Hamza“. Er war einer der Anführer der Mudschaheddin-Einheiten im Bosnien-Krieg. Bereits Mitte Februar soll er aus Bosnien-Herzegowina ausgewiesen werden. „Abu Hamza“ kündigte an, Sarajewo vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof verklagen zu wolle, wegen Verletzung seiner Menschenrechte und gesetzeswidrigem Entzug der Staatsbürgerschaft.

Der Leiter der Ausländerbehörde am Sicherheitsministerium in Bosnien-Herzegowina, Dragan Mektic, meint dagegen, Abu Hamza müsse als Sicherheitsrisiko ausgewiesen werden. Das Verfahren gegen ihn sei gesetzeskonform verlaufen. „Falls er Bosnien-Herzegowina nicht freiwillig verlassen will, wird das offizielle Ausweisungsverfahren eingeleitet“, betonte Mektic.

Die geplante Ausweisung liegt jedoch auf Eis: Zunächst soll bosnisch-herzegowinische Verfassungsgericht über den von Abu Hamza eingelegten Widerspruch entscheiden.

Offen bleibt, wer die Verantwortung für die gesetzeswidrig erfolgten Einbürgerungen übernehmen wird. Einige der damals Verantwortlichen besetzen heute wichtige Positionen in der Verwaltung und bei Behörden auf gesamtstaatlicher Ebene.

Zoran Pirolic, DW-Bosnisch