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Brasiliens Petrobras-Skandal weitet sich aus

Fernando Caulyt/Jan D. Walter12. November 2014

Brasiliens Regierungspartei soll jahrelang Geld aus dem halbstaatlichen Ölkonzern Petrobras in die eigene Kasse umgeleitet haben. Experten fürchten einen Image-Schaden für Brasiliens Unternehmen.

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Rousseff und Gracas in Ölarbeiteruniform und Helm (Foto: AFP PHOTO/VANDERLEI ALMEIDA)
Brasiliens Staatspräsidentin Dilma Rousseff (M.) und Petrobras CEO Marias das Graças FosterBild: Vanderlei Almeida/AFP/Getty Images

Der unangenehmen Meldung, dass in den USA gegen Petrobras ermittelt werde, wollte die brasilianische Regierung keine größere Bedeutung zumessen: "Das gehört dazu", sagte die Staatspräsidentin Dilma Rousseff am Mittwoch (12.11.2014) vor Journalisten auf einem Zwischenstopp in Doha (Katar), den sie auf dem Weg zum G20-Gipfel in Australien einlegte.

Am Sonntag (09.11.2014) hatte die britische Zeitung Financial Times unter Berufung auf Insider-Informationen berichtet, dass die US-Börsenaufsicht SEC und das Justizministerium DoJ (Department of Justice) gegen Mitarbeiter des brasilianischen Ölkonzerns Petrobras ermitteln.

Kein Grund zur Aufregung, fand auch Brasiliens Vizepräsident Michel Temer. Demontrativ gelassen riet er den US-Behörden, am Ball zu bleiben, "genau wie Brasilien auch".

Korruptionssystem zur Parteienfinanzierung

Schon lange wird in Brasilien kritisiert, dass viele Posten in der halbstaatlichen Petrobras stärker nach Parteizugehörigkeit als nach Kompetenz vergeben werden. Doch seit einigen Monaten treten immer mehr Details zutage, die mit "pikant" kaum noch zu umschreiben sind.

Mitten im Wahlkampf - den Präsidentin Rousseff Ende Oktober nur knapp für sich entschied - packten zwei ehemalige Ex-Manager des Ölkonzerns aus, die zu den Hauptverdächtigen im Petrobras-Skandal gehören.

Jahrelang soll demnach systematisch Geld aus absichtlich überteuerten Petrobras-Verträgen in die Kassen von Rousseffs Arbeiterpartei PT und deren Koalitionspartner umgeleitet worden sein.

Petrobras drohen Straf- und Zivilklagen in den USA

Staatspräsidentin Rousseff will von alldem nichts gewusst haben. Dabei saß sie als Präsidialamtschefin selbst eine Zeitlang im Vorstand der Petrobras - etwa 2006, als der Konzern eine texanische Ölraffinerie für den 27-fachen Preis kaufte, den die belgische Astra Oil im Jahr zuvor dafür bezahlt hatte.

Genau dieser Kauf könnte einer der Gründe dafür sein, dass sich das US-Justizministerium in die Causa Petrobras eingeschaltet und eine strafrechtliche Untersuchung eingeleitet hat.

Düstere Titelseite mit den Gesichtern von Lula da Silva und Dilma Rousseff (Foto: AP Photo/Felipe Dana)
"Sie wussten alles", behauptete das konservative Polit-Magazin Veja Mitte Oktober 2014 kurz vor der Stichwahl um die brasilianische Präsidentschaft. Gemeint sind Ex-Präsident Lula da Silva und seine Nachfolgerin Dilma Rousseff.Bild: picture-alliance/AP Photo

Der Börsenaufsicht dürfte es eher um Zivilklage gehen, die auf empfindliche Geldstrafen für den Konzern hinauslaufen könnten. Da nicht-staatliche Petrobras-Aktien unter anderem an der New Yorker Börse gehandelt werden, unterliegt das Unternehmen dem dortigen Recht.

Riesiger Image-Schaden für Brasilien und seine Unternehmen

Dass der Petrobras-Skandal nun auch internationale Kreise zieht, finden nicht alle Brasilianer so unbedeutend, wie die brasilianische Regierung glauben machen will.

Die Ermittlungen würden nicht nur dem Image der Petrobras schaden, sondern könnten das Vertrauen in das ganze Land schmälern, meint der brasilianische Anwalt für Unternehmensrecht Eduardo Boccuzzi: "Ausländische Investoren werden nun vorsichtiger, wenn es darum geht, brasilianische Unternehmensanteile zu zeichnen." Vor allem staatliche Unternehmen dürften es künftig schwerer haben, Geld an internationalen Kapitalmärkten einzusammeln.

Der brasilianische Professor für Unternehmensrecht Alexandre Bueno Cateb glaubt sogar, dass die Petrobras mit Restriktionen an ausländischen Kapitalmärkten rechnen muss und im Extremfall vom Handelplatz New York ausgeschlossen werden könnte. "Die US-Behörden sind sehr auf Glaubwürdigkeit an ihren Aktienmärkten bedacht", begründet er seine Einschätzung. Die nebulöse Situation der Petrobras passe da nicht hinein.