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Politik

Breitbart: Sprachrohr der neuen Rechten

Nina Niebergall
15. November 2016

Bislang diente das Nachrichtenportal vor allem Donald Trump als Plattform für seinen umstrittenen Wahlkampf. Nun soll "Breitbart" nach Deutschland kommen - um den Aufstieg des europäischen Populismus zu promoten.

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Screenshot der Website breitbart.com
Bild: breitbart.com

Artikelüberschriften in leuchtendem Orange, überdimensionale Werbeanzeigen und Ressorts, die sich "big government, big journalism, big hollywood" nennen - die Website "Breitbart" ist alles, nur nicht zurückhaltend. Vor allem gegen das politische Establishment will das US-Nachrichtenportal schreiben, gegen die demokratischen ebenso wie gegen die republikanischen Etablierten. Bisweilen werden im Rundumschlag aber auch Frauen, Schwarze, Mexikaner oder Juden gleich mit verunglimpft.

So findet sich auf der Seite ein Artikel, der mit der These titelt: "Verhütungsmittel machen Frauen unattraktiv und verrückt." Milo Yiannopoulos, Autor und Star von Breitbart, ist inzwischen mit rassistischen und sexistischen Pöbeleien so auffällig geworden, dass Twitter sein Profil löschte. An anderer Stelle wird von der "muslimischen Vergewaltigungskultur" berichtet. Zwar finden sich auf der Website durchaus auch objektive, teilweise gar selbstkritische Beiträge - häufig jedoch nicht ohne irgendwann die Kritik mit einem subjektiven Statement des Autors zu entkräften.

USA Cleveland Stephen K. Bannon
Stephen Bannon war Wahlkampfmanager von Donald Trump und soll jetzt dessen Chefstratege werdenBild: Getty Images/K. Irwin

Zielpublikum: die "alternative Rechte"

Bedienen will Breitbart damit jene Bevölkerungsgruppe, die US-Amerikaner als "alt-right" bezeichnen, was wörtlich übersetzt eine "alternative Rechte" meint. Über ihr ursprüngliches Milieu hinaus ist die Plattform bekannt geworden, als sie sich an der Seite des designierten US-Präsidenten Donald Trump in den Wahlkampf einmischte. Die offen kommunizierten Sympathien für den Republikaner überraschten spätestens dann nicht mehr, als dieser den Chef von Breitbart, Stephen Bannon, im August zu seinem Wahlkampfmanager machte. Seit wenigen Tagen ist nun klar: Bannon soll als Trumps Chefstratege auch mit ins Weiße Haus einziehen.

Bürgerrechtler, Journalisten und Politiker jeder Couleur machen seither ihrer Entrüstung über diese Entscheidung Luft. Der Republikaner John Weaver mahnte auf Twitter: "Der nächste Präsident ernannte gerade einen Rassisten und Antisemiten zum Co-Stabschef." Die Anti-Rassismus-Gruppe Southern Poverty Law Center meint: "Bannon war die treibende Kraft dahinter, Breitbart zu einer ethno-nationalistischen Propagandamühle zu machen."

Die Macher von Breitbart News mögen sich nun denken: Nach der Wahl ist vor der Wahl. Denn vor wenigen Tagen kündigten sie an, das Unternehmen wolle auf den europäischen Kontinent expandieren. Einen Ableger in London gibt es bereits. Konkret sprach Chefredakteur Alexander Marlow von Standorten in Deutschland und Frankreich. Gespräche liefen bereits. Aus dem Umkreis der Breitbart-Führungsriege hieß es, man wolle in beiden Ländern rechtspopulistische Politiker unterstützen.

Im Fahrtwind von Populismus und Nationalismus

"In ganz Europa beobachten wir zurzeit, dass Populismus und Nationalismus zurückkommen", ließ Marlow im Gespräch mit der US-Zeitung "Politico" wissen. Deutschland sei für Breitbart besonders deshalb interessant "weil die Flüchtlingskrise so ist, wie sie ist", erläutert der Chefredakteur des Portals. Mit Blick auf Frankreich und den Erfolg rechter Politiker wie der Front-National-Chefin Marine Le Pen fügt er hinzu: "Für uns ergibt es sehr viel Sinn, dorthin zu gehen." Le Pen wurde auf der Nachrichtenseite bereits als "Europas neuer Rockstar der Rechten" gefeiert.

Screenshot der Website breitbart.com
Teil der Berichterstattung auf Breitbart.com: ein fiktives Video US-Gruppe "Secure America Now" über Deutschland unter Herrschaft der Terrormiliz "Islamischer Staat"Bild: breitbart.com

In London konnte sich Breitbart während der Debatte um den britischen EU-Austritt etablieren. Unmittelbar vor und nach dem Votum für den Brexit gewann das Portal immer mehr an Popularität. Allein am 23. Juni, dem Tag des Referendums, zählte das Nachrichtenportal die höchsten Zugriffe unter allen Websites, die weltweit von Breitbart betrieben werden.

Die nächsten europäischen Richtungsentscheidungen stehen 2017 in Form von Wahlen in Deutschland und Frankreich an. Die Spannungen, die europaweit durch die Einwanderung Hunderttausender Flüchtlinge entstanden sind, könnten sich dann entladen, die Angst vor Terrorismus und die wachsende Ablehnung des Islams viele Wähler in die Arme rechtspopulistischer Parteien treiben. Die freuen sich über die unverhoffte Wahlkampfunterstützung durch Breitbart. Sie wäre "glücklich" über eine Zusammenarbeit, teilte Marion Maréchal-Le Pen mit, Nichte der Front-National-Chefin. Der Heidelberger Kreisverband der "Alternative für Deutschland" (AfD) twitterte: "Breitbart kommt nach Deutschland. Fantastisch! Das gibt ein Erdbeben in unserer verkrusteten Medienlandschaft." 

Ein Platz in der Medienlandschaft?

Tatsächlich könnte das umstrittene Nachrichtenportal mit seinen monatlich zuletzt 37 Millionen Besuchern eine Lücke in Deutschland füllen. Bislang bedient sich die rechtskonservative Wählerschaft meist Weblogs, YouTube-Kanälen oder anderer Plattformen, die nicht die Kapazitäten haben, um es mit den etablierten Meinungsmedien aufzunehmen. Diese bilden ihre Positionen jedoch kaum ab.

Über die Inhalte eines deutschen Breitbart-Auftritts darf bislang nur spekuliert werden. Wenn Deutschland es in der Vergangenheit auf die Startseite des US-Nachrichtenportals geschafft hat, dann meist in Verbindung mit Terrorismus, Migration oder Vorurteilen über den Islam. So berichtete Breitbart im Januar über ein deutsches Video der rechten Gruppierung "Identitäre Bewegung", die in dem Artikel als "gegen die Masseneinwanderung gerichtete Jugendbewegung" charakterisiert wird. Das Video beschreibt der Autor als "powerful", was wahlweise als einflussreich, überzeugend oder beeindruckend übersetzt werden darf.