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Britisches Parlament vereint gegen Murdoch

13. Juli 2011

Nach dem Abhörskandal befasst sich das britische Parlament mit der geplanten Übernahme des Fernsehsenders BSkyB durch Medientycoon Rupert Murdoch. Regierung und Opposition zeigen dabei eine nie dagewesene Eintracht.

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Rupert Murdoch (Foto: AP)
Murdochs Lieblingsprojekt ist in höchster GefahrBild: AP

Das bislang Undenkbare könnte in Kürze Tatsache werden: Im Abhörskandal um britische Zeitungen formiert sich im Londoner Unterhaus eine parteiübergreifende Koalition aus Regierung und Opposition.

Die Konservativen von Premierminister David Cameron wollen sich an diesem Mittwoch (13.07.2011) einem Antrag der oppositionellen Labour-Partei anschließen, in dem der Medienunternehmer Rupert Murdoch aufgefordert wird, sein Übernahmeangebot für den Fernsehsender BSkyB zurückzuziehen.

Nationale Interessen stehen auf dem Spiel

"Wir beabsichtigen, das zu unterstützen", kündigte ein Sprecher Camerons an. Dessen kleinerer Koalitionspartner, die Liberaldemokraten, hatte bereits zuvor angekündigt, im Zweifel mit der Opposition stimmen zu wollen.

Porträt Cameron (Foto: Tim Ireland/PA Wire URN:11184008)
Camerons Konservative wollen mit der Opposition stimmenBild: picture alliance / empics

Deren Antrag macht geltend, dass ein Angebot zur Übernahme der vollen Kontrolle von BSkyB nicht im nationalen Interesse sei. Der Antrag besitzt zwar keine Gesetzeskraft, wäre mit der Unterstützung der drei größten Parteien aber ein deutlicher Ausdruck der Stimmung gegen das Medienimperium Murdochs.

Problematischer Plan

Dessen Lieblingsprojekt droht damit das Aus. Der Milliardendeal, mit dem Murdoch über seinen Konzern News Corp. die 61 Prozent am britischen Bezahlsender BSkyB übernehmen will, die ihm noch nicht gehören, ist seit langem ein Zankapfel.

Die politische Stimmungslage auf der Insel wurde durch den Abhörskandal, in den vor allem Murdochs inzwischen eingestelltes Boulevardblatt "News of the World", aber möglicherweise auch "The Sun" und "The Sunday Times" verwickelt sind, komplett auf den Kopf gestellt.

Regierung ändert ihre Meinung

Bis vor wenigen Wochen hatte die Regierung Cameron das Gebot in Höhe von umgerechnet rund neun Milliarden Euro noch mitgetragen und angedeutet, ihm eine langwierige Prüfung durch die Wettbewerbskommission zu ersparen.

Am Montag aber schaltete sie dann doch die Kartellbehörde ein, und ein Parlamentarier-Komitee forderte Murdoch sowie dessen Sohn James, der Chef von Murdochs britischer Zeitungsholding News International ist, für kommende Woche auf, vor dem Ausschuss Rechenschaft abzulegen.

Kriminelle Machenschaften

Journalisten der "News of the World" wird vorgeworfen, Tausende Telefonate abgehört zu haben. Darunter sollen Angehörige gefallener britischer Soldaten, von vermissten Kindern und von Opfern der Bombenanschläge von 2005 gewesen sein. Zudem sollen Reporter Polizisten bestochen haben.

Ehepaar Brown (Foto:AP)
Prominente Opfer des Abhörskandals: Ex-Premier Brown und seine FrauBild: AP

Auch Ex-Premier Gordon Brown war Ziel von Hackerangriffen. Er warf den Mitarbeitern von News International vor, mit Kriminellen zusammengearbeitet zu haben, die sich Zugang zu seinen Steuerakten, Kontoauszügen sowie den Krankenakten seiner Familie verschafft hätten.

Polizisten bestochen

Die Londoner Polizei bestätigte derweil, dass einige hohe Beamte womöglich Bestechungsgelder angenommen haben. Es geht um eine Gesamtsumme von mehr als 100.000 Pfund (rund 113.000 Euro).

Andy Coulson, der frühere Chefredakteur von News of the World und spätere Regierungssprecher von Premierminister Cameron soll die Zahlungen selbst abgezeichnet haben.

Wegen des Verdachts der Korruption wurde Coulson am vergangenen Freitag festgenommen, gegen Zahlung einer Kaution aber wieder auf freien Fuß gesetzt.

Wie das "Wall Street Journal" (ebenfalls im Besitz der Murdoch-Holding) berichtet, will Murdoch sich von allen seinen Zeitungen in Großbritannien trennen. Angesichts des schwierigen Umfelds für Printmedien habe sich allerdings noch kein Interessent gemeldet.

Autorin: Eleonore Uhlich (dpa, rtr, dapd)
Redaktion: Martin Schrader