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Britta Steffen - die Selbstzweifel überwunden

Wolfgang van Kann15. August 2008

Britta Steffen behielt im Chaos des deutschen Schwimmteams die Nerven und holte Olympiagold über 50 und 100 m Freistil. Der Weg bis zu diesem Erfolg war lang und hart. (17.08.2008)

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Britta Steffen - unmittelbar nach dem SiegBild: AP

Sie ist nicht der strahlende "Everybody's Darling", der sich in der Öffentlichkeit wohlfühlt, wie es Franziska van Almsick einst war – und mit der Britta Steffen übrigens befreundet ist Die inzwischen 24jährige Britta Steffen ist eher eine zurückgezogen in einem 12 m² Apartment lebende, sensible Persönlichkeit mit starken Selbstzweifeln, die zwischenzeitlich auch schon mal daran dachte, die Karriere zu beenden, als es nicht so gut lief.

Geboren in der ehemaligen DDR sprach erst nichts für eine Schwimmkarriere. Im Kindergarten meinte man, sie sei zu klein und zu dünn, daraus könne keine Schwimmerin werden.

Aber die Talentspäher hatten sich getäuscht – und wohl auch nicht die Energie, den Willen und die Zähigkeit gesehen, die in dem zierlichen Persönchen damals schon steckte. Sie wollte schwimmen und sie setzte sich durch. Mit 12 wechselte die gebürtige Berlinerin im nun vereinten Deutschland ins Sportinternat nach Potsdam, wo die Karriere dann so richtig begann. Sie schwamm mit und gegen die so andere Franziska van Almsick, damals der erste gesamtdeutsche Liebling, in deren Schatten sie ständig stand, die sie aber auch bewunderte und die sie oft schlug – aber nur im Training, nie im Rennen.

2000 qualifizierte sich Britta Steffen erstmals für Olympische Spiele und betrachtete mit staunenden Augen die ihr so fremde Welt in Sydney. Mehr als ein Staffelvorlauf war noch nicht drin. 2004 in Athen - mit großen Hoffnungen gestartet - wurde zur Enttäuschung: Wieder nur ein Staffelvorlauf, und Britta Steffen dachte über das Karriereende nach, begann ein Studium. Dann ging es aber doch weiter, und bei der Europameisterschaft 2006 kam das große Comeback – vier Titel und zwei Weltrekorde. Sie war plötzlich ganz oben, aber die Selbstzweifel blieben. Genährt wurden sie wieder, als es bei den Weltmeisterschaften 2007 "nur" zu Silber mit der 4 x 200 m Freistilstaffel und Bronze über 100 m Freistil reichte. Britta Steffen arbeitet viel mit einer Psychologin und wurde dafür belächelt, ja verspottet.

Britta Steffen Gold bei Olympia China Beijing 2008
Britta Steffen bei der SiegerehrungBild: AP

Vor den Olympischen Spielen von Peking wuchs der Druck ins unermessliche. Britta Steffen war die große Hoffnung im deutschen Schwimmteam und nach den katastrophalen Vorstellungen ihrer Teamkameraden war sie in Peking schnell die einzige deutsche Hoffnung. So mancher sah sie unter der Last zerbrechen, und ihre Reaktion nach dem Sieg zeigt, dass sie selbst weiterhin Zweifel hatte. Heulend lag sie ihrer Freundin Franziska van Almsick, die sie gerade sportlich überflügelt hatte, da Franziska van Almsick nie einen Olympiasieg geschafft hatte, in den Armen und bedankte sich unter Tränen bei ihr für das Vertrauen in ihre Stärke und für ihre Hilfe. Anschließend beschrieb sie, wie sie erst auf die Anzeigetafel schauen musste, um zu wissen, dass sie tatsächlich Olympiasiegerin geworden war. Da sei sie einfach nur glücklich gewesen.

Und dann fiel auch endlich der Druck ab, und die so zurückhaltende Britta Steffen kam vor laufender Kamera aus sich heraus, als sie erläuterte, wie sie sich selbst immer in Schutz genommen habe - da sie ja schon Weltrekordlerin sei, müsse sie ja gar nicht mehr Olympiasiegerin werden. Und dann schrie sie es endlich heraus: "Aber jetzt bin ich es, und das ist so geil!."