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Vereinbarung Serbien Kosovo

Bahri Cani26. August 2015

Belgrad und Prishtina haben vier Abkommen unterzeichnet, die zur Normalisierung der Beziehungen zwischen beiden Ländern beitragen sollen. Doch die Umsetzung scheint schwierig, weil beide Seiten sich als Sieger sehen.

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Brücke in Mitrovica (dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Die Abkommen sehen unter anderem eine gewisse Autonomie der mehrheitlich von Serben bewohnten Gemeinden im Norden des Kosovo vor. Außerdem wurden Vereinbarungen in den Bereichen Energie und Telekommunikation unterzeichnet, sowie zur Öffnung der von den Serben blockierten Brücke über den Fluss Ibar in Mitrovica.

Die Abmachungen sind ein Schritt zur Normalisierung der Beziehungen zwischen Kosovo und Serbien. Die Bewohner des Kosovo hoffen, dadurch einige konkrete Erleichterungen beim Telefonieren, bei der Energieversorgung oder eben bei der Bewegungsfreiheit zu bekommen. Andererseits hoffen die Serben im Kosovo auf mehr Autonomie, um die derzeitig engen Beziehungen zu Serbien zu bewahren.

So weit die gute Nachricht. Aber gleich nach der Unterzeichnung bedienten sich der kosovarische und der serbischer Premierminister, Isa Mustafa und Aleksandar Vucic, in Brüssel wieder ihrer alten politischen Floskeln. Beide erklärten sich zum Sieger der Verhandlungen.

"Jeder hat einen unterschiedlichen Blickwinkel, was den "Sieg" betrifft. Das könnte die Umsetzung der Vereinbarungen erschweren“, meint der kosovarische Analytiker Halil Matoschi im Interview mit der Deutschen Welle. "Mit den Vereinbarungen wurde die Souveränität des Kosovo nicht verletzt", fügt Matoschi hinzu.

Serbische Minderheit feiert

Der kosovarische Premierminister Mustafa zeigte sich zufrieden und betonte die "Ausdehnung der Souveränität des Kosovo und seiner Institutionen auf das gesamte Land - einschließlich des Nordens".

Belgien Treffen Isa Mustafa, Federica Mogherini und Aleksandar Vucic (Foto: EU Council / Anadolu Agency )
Serbiens Premier Aleksandar Vucic und sein kosovarischer Amtskollege Isa Mustafa mit EU-Außenbeauftragter Federica Mogherini in BrüsselBild: picture-alliance/AA/EU Council

Auch der serbische Premierminister Vucic sprach von einem großen Erfolg. "Diese Abmachungen sind gut für das serbische Volk im Kosovo, insbesondere die Vereinbarung, die es serbischen Gemeinden erlaubt, sich zusammenzuschließen“, so Vucic.

Die Abmachung wurde bis tief in die Nacht hinein gefeiert. Die künftig erlaubte Assoziation der serbischen Gemeinden soll mit "umfassenden Befugnissen für die serbische Minderheit" ausgestattet werden.

Dazu gehören eigene Statuten, das Amt eines Präsidenten, Vizepräsidenten, eine parlamentarische Versammlung, Wappen und eine Flagge. Die Gemeindevertreter sollen sich um die Themen Wirtschaft, Gesundheit, Erziehung und Lokalverwaltung kümmern, was zu einem besseren Schutz der serbischen Minderheit im Kosovo führen soll.

Schwierige Umsetzung

Das größte Problem dieser Abmachungen wird deren tatsächliche Umsetzung sein, weil jede Seite die Ergebnisse anders interpretiert und beide meinen, die jeweils andere Seite besiegt zu haben.

"Natürlich wird es große Schwierigkeiten mit der Umsetzung der Abmachungen geben. Es ist jedoch wichtig, dass der ganze Prozess über die Normalisierung der Beziehungen zwischen Serbien und Kosovo umgesetzt wird, lebt und weitergeht“, sagt Dusan Janjic, Direktor des Forums für die Ethnische Beziehungen in Serbien.

Der Kosovo ist inzwischen zwar von mehr als 110 Ländern als Staat anerkannt worden, dazu gehören auch 23 der 28 EU-Mitglieder, nicht jedoch von Serbien und der Mehrheit der Serben im Kosovo.

Widerstand und Geheimniskrämerei

"Es gibt mehrere Ebenen, die die Umsetzung dieser Abmachungen erschweren", so Instituts-Direktor Janjic. "Es gibt einerseits den politischen Widerstand der radikalen Opposition sowohl in Serbien als auch im Kosovo. Anderseits mischen auch kriminellen Gruppen mit, die durch eine Normalisierung der Lage verlieren können.“

Auseinandersetzungen in Mirtovica (Foto: Esat Ahmeti)
Immer wieder gibt es an der Brücke über den Ibar-Fluss Auseinandersetzungen zwischen Serben und AlbanernBild: Esat Ahmeti

Das zweite Problem ist eher struktureller Natur: "Kosovo ist ein Staat im Entstehen, und Serbien ist ein schwacher Staat mit schwacher Wirtschaft", erklärt Janjic. Das alles habe negative Auswirkungen auf den Prozess der Normalisierung der Beziehungen zwischen Belgrad und Prishtina.

Ein weiteres Problem sieht Janjic in der mangelnden Transparenz der internationalen Gemeinschaft, weil "die Öffentlichkeit in Serbien und Kosovo nur wenig bis gar nicht über die Verhandlungen in Brüssel informiert ist".

So bleiben viele Teile der Abmachungen auch 24 Stunden nach deren Unterzeichnung geheim für die Öffentlichkeit. Das lässt Raum für unterschiedliche Spekulationen und Darstellungen, je nachdem ,wie es den politischen Eliten in Belgrad oder Prishtina passt.

Symbol der Teilung

Trotz aller Schwierigkeiten zeichnen sich auch einige praktische Lösungen ab. So wird der Kosovo eine eigene Vorwahl (+383) bekommen. Eigentlich dürfte das Land keine eigene Vorwahl haben, da es immer noch kein Mitglied der UN ist. Nun hat man einen Kompromiss gefunden: Österreich soll im Namen des Kosovo diese Vorwahl beantragen und die serbische Telekom kann dann legal im Kosovo arbeiten.

Schließlich soll am 15. Oktober die von Serbien blockierte Brücke über den Fluss Ibar in Mitrovica wieder geöffnet werden. Inzwischen hat diese Brücke zwar keine große wirtschaftliche Bedeutung mehr, aber die Symbolik ist groß: seit Ende des Kosovokrieges (1999) symbolisiert sie die Teilung des mehrheitlich von Serben bewohnten Norden des Kosovo.