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Buchmesse in Südafrika ein Publikumsrenner

Almuth Schellpeper20. Juni 2006

Der Andrang auf die Buchmesse in Kapstadt hat die kühnsten Erwartungen der Organisatoren übertroffen. 400 Aussteller aus 26 Ländern stellten ihre neuesten Bücher vor.

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Wird in Zukunft jedes Jahr stattfinden - die Buchmesse in KapstadtBild: picture-alliance/ dpa

Die Buchmesse unter dem Titel "Celebrate Africa" war eine Premiere. Sie wurde gemeinsam vom Verband südafrikanischer Verleger und der Frankfurter Buchmesse veranstaltet. So folgten auch mehr als 130 deutsche Verlage der Einladung, vom 17.6.2006 bis zum 20.6.2006 neue deutsche Literatur in Kapstadt zu präsentieren.

Zum ersten Mal in ihrer Geschichte hat sich die Frankfurter Buchmesse auf eine enge Kooperation eingelassen und sich fast zur Hälfte als Partner an der Kapstadter Buchmesse beteiligt. Juergen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse, betont den Auftrag, auch im Ausland die internationale Verlagsindustrie und den Buchhandel zu unterstützen: "Unsere Kompetenz liegt natürlich vor allem in der Organisation der Messe", sagt Boos. "Auf der anderen Seite sind es gewisse Standards, die wir weltweit erfüllen wollen."

Neue Absatzmärkte in Afrika

Besucher auf der Frankfurter Buchmesse 2003
Messepartner: die Frankfurter Buchmesse lieferte das Know-How nach KapstadtBild: AP

Verschiedene Delegationen aus dem Buchhandel, unter anderem aus China, Deutschland und Frankreich, reisten nach Kapstadt, um den südafrikanischen Buchmarkt zu erkunden. Das Rahmenprogramm beinhaltete Autorenlesungen und Diskussionen über den Gebrauch einheimischer Sprachen in der Literatur. Es gab Veranstaltungen über die Herausforderung, in Afrika zu publizieren oder über die Rolle afrikanischer Autoren im Kontext dominierender europäischer und amerikanischer Literatur.

Peter Ripken, Leiter der Gesellschaft zur Förderung der Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika, war maßgeblich an der Gestaltung des deutschen Standes beteiligt. Seine Erfahrung in Afrika sei, dass Kinderbücher immer sehr gut auf zwei Ebenen ankämen, sagt er. So guckten sich Kinder und Eltern gucken das an sowie Designer und Illustratoren. "Die gucken sich die Bücher an, weil sie sagen, so etwas könnte ich auch machen. Oder sie schauen, wie machen die das", erzählt er.

Unterstützung für "schwarze" Autoren

In Südafrika existiert noch keine sehr ausgeprägte Lesekultur. Die geringe Alphabetisierung ist einer der Gründe dafür. Das wiederum ist nicht zuletzt eine Folge der Apartheid: Die schwarze Bevölkerung hatte damals nur sehr begrenzt Zugang zu Information und Bildung. Auch Verleger bedienten in der Vergangenheit eher die weiße Bevölkerung. Das Resultat war eine Überrepräsentation "weißer" Kulturnormen in den Publikationen und die Ignoranz gegenüber vielen "schwarzen" Autoren. Und dabei gebe es eine Tradition von vielen schwarzen Schriftstellern, erzählt Andres Oliphant. Der Professor für Literaturtheorie an der University of South Africa fordert die Herausgeber auf, das zu ändern. "Sie müssen Autorenkreise und Workshops unterstützen, Anfänger mit erfahrenen Schreibern zusammenzubringen und ihnen mit Ratschlägen und Kritik zur Seite zu stehen", sagt Oliphant.

Sachbücher beliebter als Trivialliteratur

Buchmesse in Kapstadt
Der Messestand des afrikanischen Verlags UmlandoBild: picture-alliance/ dpa

Heute muss sich der Buchmarkt auch der Herausforderung vieler verschiedener Sprachen in Südafrika stellen. Insgesamt gibt es elf offizielle Landessprachen. Andres Oliphant fordert, dass Autoren verstärkt in afrikanischen Sprachen schreiben und dass ihre Werke anschließend ins Englische übersetzt werden sollten, um sie anderen zugänglich zu machen. Im Allgemeinen bevorzugen die Südafrikaner eher Sachbücher als Erzählliteratur. Viele Familien können es sich jedoch nicht leisten, Bücher zu kaufen. Nur etwa fünf Prozent der südafrikanischen Bevölkerung geben regelmäßig Geld für Bücher aus.

Um so wichtiger ist die Rolle öffentlicher Büchereien, die leider oft schlecht ausgestattet sind. Die Regierung will nun die öffentlichen Büchereien in den nächsten drei Jahren mit etwa einer Billion Rand, umgerechnet etwa 129 Millionen Euro, unterstützen. Außerdem beabsichtigt die Regierung, jedes Klassenzimmer in jeder Schule mit 100 Büchern auszustatten - keine Schulbücher, sondern Bücher, die die Schüler zum Spaß lesen können. "Lesen ist ein zentraler demokratischer Aspekt", erklärt Andres Olophant. Denn für die Fähigkeit, sich an politischen Prozessen zu beteiligen und sich in einer modernen Welt zurechtzufinden, sei Bildung über hochwertige Literatur notwendig, so Olophant.

Lokale Buchindustrie im Aufwind

Von der stetig wachsenden Wirtschaft in Südafrika profitiert auch die lokale Buchindustrie. In den letzten Jahren sind am Kap neue Verlage entstanden, die Werke von jungen Autoren publizieren wie zum Beispiel Niq Mhlongo, Finuala Dowling und Consuelo Roland. Die Direktorin der Kapstadter Buchmesse, Vanessa Badroodien, ist sich sicher: "Seit wir die Apartheid hinter uns gelassen haben, gibt es mit Sicherheit mehr Themen, über die wir schreiben können, sowohl historisch als auch politisch." Es gebe auch mehr Themen im Kontext eines zeitgenössischen Südafrikas, sagt Badroodien.

Jetzt sei die Zeit für südafrikanische Autoren gekommen. Das habe weniger mit Zugeständnissen der Regierung zu tun, als mit den südafrikanischen Autoren selbst. "Sie haben jetzt das Joch der Geschichte abgeworfen, das sie beim Schreiben eingeengt hat." Im Unterschied zu Frankfurt war die Messe in Kapstadt auch für die Öffentlichkeit zugänglich. Der Buchmesse ist es zweifellos gelungen, eines ihrer wichtigsten Ziele zu erreichen, nämlich Aufmerksamkeit für das Medium Buch und das Lesen zu schaffen. In Zukunft soll es jedes Jahr eine Buchmesse in Kapstadt geben.