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Buharis Kampf gegen ein korruptes System

Philipp Sandner11. August 2015

Nigerias Präsident Muhammadu Buhari hat ein Anti-Korruptions-Team einberufen - sehr zur Freude der Investoren. Mit der Regierungsbildung lässt er sich Zeit.

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Nigerias Präsident Muhammadu Buhari Foto: AP Photo/Cliff Owen
Bild: picture-alliance/AP Photo/C. Owen

Die Kampfansage steht. Rund zweieinhalb Monate im Amt, hat Nigerias Präsident Muhammadu Buhari sein siebenköpfiges Anti-Korruptions-Komitee benannt. Das Team, das überwiegend aus Akademikern besteht, habe die Aufgabe, Buharis Regierung im Kampf gegen Korruption und bei der Durchführung der nötigen Reformen im Rechtssystem zu beraten, erklärte Buharis Sprecher am Montag. Der jüngste Schritt folgt auf die Neubesetzung der Spitzenposten im nationalen Ölkonzern NNPC vergangene Woche. Bereits im Juli hatte er nach einer Serie islamistischer Anschläge zahlreiche Top-Militärs entlassen.

Mit dieser Linie findet Buhari Anerkennung in der nigerianischen Bevölkerung. Auch bei Ezenwa Nwagu. Er gehört zu den Gründern der "Say No"-Kampagne in Nigeria, die sich selbst dem Kampf der Korruption und Straflosigkeit verschrieben hat. "Ich habe niemals so viel Vertrauen in einen nigerianischen Staatschef gehabt wie jetzt in Buhari", sagte Nwagu der Deutschen Welle. "Er hat etwas vorzuweisen in Sachen Ehrlichkeit und Integrität."

Zweifel an Buharis demokratischer Gesinnung

Nigerianische Soldaten Foto: REUTERS/Joe Penney
Aufräumen in der Armee: im Juli entlässt Nigerias Präsident zahlreiche Top-MilitärsBild: Reuters/J. Penney

Schon zu seiner Zeit als Militärdiktator Anfang der 1980er Jahre ging Buhari rigoros gegen die Korruption in Nigeria vor. Im Mai dieses Jahres wurde er Präsident - und ging in die Geschichte ein als erster nigerianischer Staatschef, der durch einen demokratischen Machtwechsel ins Amt kam. Nach seiner Vergangenheit traut ihm manch ein Gegner so viel Sinn für Demokratie nicht zu. Die Aufräumaktionen des Muhammadu Buhari seien nur ein Weg, um mit Kontrahenten abzurechnen, höhnen Kritiker. In der Demokratischen Volkspartei (PDP) des bisherigen Präsidenten und unterlegenen Kandidaten Goodluck Jonathan spricht man gar von einer "Hexenjagd".

Zu Unrecht, sagt Auwal Musa Rafsanjani von der internationalen Nichtregierungsorganisation Transparency International. Auch Mitglieder aus Buharis Partei säßen nun wegen Korruptionsverdachts auf der Anklagebank, sagt Rafsanjani, der mit seinem eigenen Zentrum für Rechtsberatung in der Hauptstadt Abuja ebenfalls Teil des Say-No-Bündnisses ist. "Diese Art von politischer Mobilisierung wird diesmal nicht ziehen. Die Nigerianer sind die politische Selbstdarstellung leid", sagt der Aktivist im DW-Interview. Selbst viele PDP-Politiker würden die Kampagne begrüßen.

Kabinettsbildung und die Ungeduld der Öffentlichkeit

Bürotürme der Die staatlichen Ölfirma NNPC Foto: REUTERS/Afolabi Sotunde
Die staatliche Ölfirma NNPC: komplett neue FührungsriegeBild: Reuters/A. Sotunde

Buhari hat bereits deutlich gemacht: Auch die höchste Staatsebene soll nicht von Ermittlungen verschont bleiben. Ermittlungen gegen Ministerien und ehemalige Minister sind im Gange. Die Suche nach fähigen Nachfolgern will sich der neue Präsident nicht leicht machen - und verkündete bereits im Juli, dass sich die Kabinettsbildung noch bis September verzögern werde. Damit handelte sich der 74-Jährige unter Nigerianern den Beinamen "Baba Go-slow" ein. Dass Buharis Sprecher über den Zeitplan des neuen Anti-Korruptions-Komitees noch nichts aussagen konnte, wundert in dem Zusammenhang wenig: Schließlich sind die Minister, denen es Bericht erstatten soll, noch gar nicht benannt.

Das Machtvakuum sei ein beunruhigendes Zeichen für die internationale Wirtschaft, sagt Ökonom Bashir Kurfi von der nordnigerianischen Universität Zaria. Die brauche klare Ansprechpartner - etwa in Form eines Finanzministers. Und Buhari brauche ein starkes Kabinett, um die von Korruption durchsetzten Ministerien zu zügeln, sagt Kurfi der Deutschen Welle. Das sei wichtig, um das Vertrauen in das politische System zu erhalten - und den internationalen Wirtschaftsbeziehungen die nötige Basis zu geben.

"Diese Sache hat sich so sehr in die Wirtschaft eingefressen", so Kurfis Kommentar zur Korruption in Nigeria. Wenig Verständnis für Buharis Zögern zeigt er auch aus einem ganz anderen Grund: "Er ist jemand, der zehn Jahre in der Opposition mitgewirkt hat. Nach seinem Wahlsieg hatte er ganze zwei Monate bis zum Amtsantritt. Und dennoch wusste er nicht die richtigen Leute, die er einberufen konnte, damit sie nach seinem Amtseintritt gleich zur Tat schreiten können."

Investoren feiern Buhari

Buhari mit Bundeskanzlerin Merkel auf dem G7 Gipfel in Deutschland REUTERS/Christian Hartmann
Um nationale und internationale Wirkung bemüht: Buhari mit Bundeskanzlerin Merkel auf dem G7 Gipfel in DeutschlandBild: Reuters/C. Hartmann

Doch noch sei Buhari getragen von der Euphorie des Neuanfangs, sagt Bärbel Freyer von der Delegation der Deutschen Wirtschaft in Nigeria. Die Euphorie vieler Nigerianer teilen auch die internationalen Partner. Buhari genießt nun offenbar einen Vertrauensvorschuss. Denn die hohe Korruption und der islamistische Terror der Boko-Haram-Miliz, denen Vorgänger Jonathan nichts entgegen zu setzen hatte, haben dem Land stark zugesetzt und die große Wirtschaftsmacht ins Wanken gebracht. Dazu kommt der schlechte Ölpreis, der dem Ölexporteur Nigeria zu Schaffen macht.

"Da wird mit Hochdruck gearbeitet", bewertet Freyer den Umbau, den der neue Präsident auch in den Ministerien angestoßen hat. Das Signal, das Buhari mit seinem Anti-Korruptions-Komitee setze, werde international sehr positiv aufgenommen, sagt auch Olaf Schmueser, Leiter der Commerzbank Nigeria. Dieses Signal habe bereits gefruchtet: "Jetzt werden wirklich Verträge abgewickelt, die internationalen Standards entsprechen, und man muss nicht mehr in diese alten Riten zurückverfallen, wo etwas gezahlt werden muss." Westafrika und speziell Nigeria komme nun wieder verstärkt in den Blick der Investoren. Gerade erst habe er mit zwei potenziellen Geschäftspartnern aus Deutschland und Europa gesprochen, die in Nigeria investieren wollten.

Sowohl Freyer als auch Schmueser geben dem neuen Präsidenten bis Ende des Jahres, um ein funktionierendes Kabinett bereit zu haben. Was Investoren brauchten, sei Verlässlichkeit, sagt Schmueser - und die werde nicht durch Minister geschaffen, sondern durch die wirtschaftlichen Rahmendaten: Wachstum, Devisenraten und durch den Ölpreis. Der aber werde langfristig wieder wachsen. Durch die sorgfältige Ministerwahl unterscheide sich Buhari von Vorgänger Jonathan: "Buhari lässt sich einfach mehr Zeit, und das ist wahrscheinlich gut für das Land, dass er wirklich auswählt, wen er in seine Regierung aufnimmt."

Mitarbeit: Gwendolin Hilse, Uwais Abubakar Idris, Chrispin Mwakideu