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Bulgariens Premier Stanischew legt Aktionsplan vor

8. Juni 2006

Die Sommerferien für Politik und Staatsbeamte in Bulgarien fallen dieses Jahr wohl aus. In Brüssel legte Ministerpräsident Stanischew einen Aktionsplan vor, der im Galopp umgesetzt werden muss.

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Premier Stanischew: Reformen im EiltempoBild: AP

Die EU-Kommission hatte am 16. Mai Bulgarien und Rumänien die Aufnahme zugesagt, sollten bis zum Herbst noch eine Reihe von Defiziten abgestellt werden. Der bulgarische Ministerpräsident Sergej Stanischew war am Mittwoch (7.6.) nach Brüssel gekommen, um einen "Aktionsplan" seiner Regierung mit den Reform- und Gesetzesvorhaben vorzulegen. EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn sagte milde lächelnd: „Meine Botschaft an meine Freunde in Bulgarien lautet: Jetzt ist es Zeit, die Ärmel hochzukrempeln auch während des Sommers. Alle, die ihre Sommerferien opfern müssen für diese patriotische Tat, Mitglied in der EU zu werden, haben mein volles Mitgefühl."

Sergej Stanischew, der jugendlich wirkende Chef der sozial-liberalen Regierung des gerüffelten Beitrittskandidaten, spielte den Ball zurück und sagte, er habe auch Mitleid mit den EU-Beamten in der Generaldirektion Erweiterung, die im Sommer mit Bulgarien alle Hände voll zu tun hätten. Stanischew versuchte Zuversicht zu verbreiten: „Wir lernen ständig dazu durch unsere Kontakte mit den Experten in der Kommission. Wir werden fast jeden Tag besser. Das ist eine sehr intensive Zeit. Wir müssen liefern. Ich glaube, dass wir beweisen können, dass wir es können. Wir werden gute Mitglieder der Union sein."

Verständnis und Versprechen

Der entscheidende Bericht der EU-Kommission soll jetzt wahrscheinlich bereits im September und nicht erst im Oktober vorgelegt werden. Einige EU-Mitgliedsstaaten bräuchten die Zeit, um die Ratifizierungsverfahren für die bulgarischen Beitrittsverträge abzuschließen. Rein rechtlich hätten der Monitoring-Bericht der Kommission und die Beitrittsverträge zur Union aber nichts miteinander zu tun, sagte Sergej Stanischew, der bulgarische Ministerpräsident. Er verstehe aber, dass die Kommission Rücksicht auf Parlamente und die kritische öffentliche Meinung in einigen Mitgliedsstaaten nehmen wolle.

Olli Rehn zeigte sich zuversichtlich, dass Bulgarien innerhalb weniger Woche seine Versäumnisse bei der Bekämpfung von Korruption und organisiertem Verbrechen aufholen könne: „Jetzt ist der Ball im Feld von Bulgarien. Wir vertrauen darauf, dass alle Behörden sich jetzt auf die Umsetzung des Aktionsplanes konzentrieren."

Ministerpräsident Stanischew wies alle Versuche zurück, die erreichten Ergebnisse der Beitrittsverhandlungen mit der EU wieder in Frage zu stellen. Die Verpflichtung, vier der sechs Reaktoren des umstrittenen Atommeilers Kosloduj zum 1. Januar 2007 abzuschalten, müsse erfüllt werden, trotz Kritik in Bulgarien. In Kosloduj hatte es erst im März einen Störfall gegeben. Stanischew sagte: „Das Thema Schließung der Blöcke ist ein heftig diskutiertes Thema in Bulgarien. Ich sage das, was auch immer schon meine Position als Parteichef war. Wir haben einen Vertrag, der vom Parlament ratifiziert wurde. Der Vertrag sagt klar, was wir tun müssen und daran werden wir uns halten. Wir werden tun, was zu tun ist und Kosloduj abschalten."

Mehrfache Absicherung

Die EU könnte nach den Beitrittsverträgen die Aufnahme Rumäniens und Bulgariens als 26. und 27. Mitglied um ein Jahr auf Januar 2008 verschieben. Dann allerdings ist der Beitritt garantiert, sollten bis dahin alle jetzigen Mitgliedsstaaten die Beitrittsverträge ratifiziert haben. Die EU kann Übergangs-Fristen, Schutz-Klauseln und Monitoring-Verfahren in Kraft setzen, um sicherzustellen, dass Rumänien und Bulgarien ihren Pflichten aus den Verträgen auch als Neumitglieder nachkommen.

Für die symbolträchtige Verschiebung der Beitritte wäre im Falle Bulgarien ein einstimmiger Beschluss nötig, im Falle Rumäniens reicht eine qualifizierte Mehrheit. Da Griechenland seinen Nachbar Bulgarien auf keinen Fall im Stich lassen will, scheint die Einstimmigkeit und damit eine Verschiebung auf 2008 derzeit ausgeschlossen.

Bernd Riegert, Brüssel

DW-RADIO, 7.6.2006, Fokus Ost-Südost