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Bringt sie nach Hause!

Bernd Riegert, Brüssel20. April 2007

Seit Jahren sind fünf bulgarische Krankenschwestern in Libyen inhaftiert. Sie sollen Kinder mit dem HI-Virus infiziert haben. Eine neue Initiative in Brüssel kämpft für die Inhaftierten und fordert mehr EU-Engagement.

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Die bulgarischen Krankenschwestern beim Berufungsprozess, Quelle: AP
Die Krankenschwestern und ein palästinensischer Arzt waren 2004 von einem Gericht zum Tode verurteilt wordenBild: picture-alliance / dpa

"Bringt sie nach Hause!" forderte der ehemalige Präsident des Europäischen Parlaments, Pat Cox. Die fünf Krankenschwestern aus Bulgarien und der palästinensische Arzt, die seit acht Jahren in Libyen inhaftiert sind und zum Tode verurteilt wurden, müssten endlich freigelassen werden, sagte er als Sprecher der europäischen Bürgerinitiative "European Movement".

Angehörige der Inhaftierten trafen in Brüssel die bulgarische EU-Kommissarin und den amtierenden Parlamentspräsidenten. Sie forderten die Institutionen der EU auf zu handeln. Worte der Solidarität habe man genug gehört, sagte Marian Georgiev. Er ist der Sohn eines weiteren Arztes, der zwar nicht mehr inhaftiert ist, aber Libyen nicht verlassen darf: "Bislang haben die Europäischen Institutionen uns nicht wirklich geholfen. Wir fordern ein effektives Eingreifen, das auch Resultate bringt, damit wir Druckmittel haben, um die unschuldigen Schwestern zu retten."

Libyen wirft den Krankenschwestern und Ärzten vor, 426 Kinder in Bengazi vorsätzlich mit dem HI-Virus infiziert zu haben. Ein Vorwurf, der nach Ansicht der EU völlig absurd ist. Untersuchungen belegen, dass die Infektionen durch die allgemein schlechten hygienischen Bedingungen in dem Krankenhaus verursacht wurden.

Am Ende ihrer Kräfte

2001 war es einigen bulgarischen Journalisten und Angehörigen möglich, kurz mit den Inhaftierten zu sprechen. Eine Gefangene klagte damals über schwere Folter mit Elektroschocks und unmenschliche Haftbedingungen.

Im Januar 2007 konnte die Schwiegertochter die Krankenschwester Valentina Siropulu im Gefängnis besuchen. Sie berichtete in Brüssel, allen Inhaftierten gehe es schlecht: "Sie fühlen sich sehr schwach. Sie sind nach acht Jahren Haft am Ende ihrer Kräfte. Darum fordern wir die Medien auf, Ihr dürft diese Menschen nicht vergessen."

Sechs Fraktionen des Europäischen Parlaments unterstützen den Appell der Angehörigen. Graham Watson von den Liberalen sagte, die EU müsse mehr Druck auf das energiereiche Libyen ausüben, auch wenn wirtschaftliche Interessen berührt seien. Schließlich sind die bulgarischen Krankenschwestern und der Arzt seit dem 1. Januar 2007 durch den Beitritt ihres Landes Bürger der EU: "Ich fordere die EU auf, nicht nur über Sanktionen zu beraten, sondern jeder Außenminister eines jeden Mitgliedsstaates sollte jede Woche den libyschen Botschafter einbestellen, um zu fragen, welche Fortschritte bei der Freilassung der Schwestern und des Arztes gemacht wurden."

Schmusekurs mit Gaddafi

Die EU-Kommission hat die politischen Beziehungen zum libyschen Regime unter Oberst Gaddafi in den letzten Jahren verbessert. Gaddafi war sogar zu Besuch in Brüssel. Kritiker sprechen von einem Schmusekurs mit dem Diktator. Die EU zahlt bereits für die Behandlung der HIV-infizierten Kinder und unterstützt das Krankenhaus in Bengasi. Den Familien der Kinder wurde finanzielle Hilfe angeboten.

EU-Diplomaten vermuten, dass Libyen durch eine Verlängerung des Verfahrens den Preis hochtreiben will. Zusätzlicher Druck könne sich negativ auswirken, warnen Diplomaten. Noch steht das abschließende Urteil des Obersten Gerichthofes in Libyen zur Vollstreckung der Todesstrafen aus.