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Politik

Ministerium weist Vorwürfe im Fall Amri zurück

15. November 2019

Ein Zeuge im Untersuchungsausschuss zum Breitscheidplatz-Attentäter Anis Amri hat ausgesagt, die Behörden hätten die Gefährlichkeit des Islamisten kleingeredet. Ministerium und BKA dementieren vehement.

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Jahrestag des Berliner Terroranschlags am Breitscheidplatz
Mahnmal für die Getöteten am Berliner BreitscheidplatzBild: picture alliance/dpa/B. Pedersen

Mit einer brisanten Aussage zum Terroranschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz sorgt ein Polizist aus Nordrhein-Westfalen für Aufregung in Berlin und beim Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden. Der leitende Beamte des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamts (LKA) hatte im Untersuchungsausschuss des Bundestages dem BKA vorgeworfen, die Ermittlungen seiner Behörde gegen den späteren Attentäter Anis Amri faktisch sabotiert zu haben.

Dies sei auf Anweisung "von ganz oben" geschehen, sagte er. Das Berliner LKA sei an einer Verfolgung Amris nicht wirklich interessiert gewesen. Außerdem berichtete der Zeuge, er habe das BKA gebeten, die Ermittlungen zu übernehmen, um seine Behörde zu entlasten. Dies sei abgelehnt worden.

Berlin Terroranschlag Breitscheidplatz 2016
Mit einem gekaperten LKW war der Attentäter auf den Weihnachtsmarkt gerast, um Menschen zu tötenBild: picture-alliance/dpa/B.v. Jutrczenka

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums, dem auch das BKA unterstellt ist, wies die Ausführungen ausdrücklich zurück: "Ein Übernahmeersuchen des LKA Nordrhein-Westfalen zum Sachverhalt an das BKA hat es nicht gegeben", so der Sprecher. Zudem sei auszuschließen, dass der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) oder führende BKA-Mitarbeiter entsprechende Weisungen erteilt hätten.

Der abgelehnte Asylbewerber Anis Amri  hatte am 19. Dezember 2016 in Berlin einen Lastwagen gekapert, mit dem er über den Weihnachtsmarkt auf dem Breitscheidplatz raste. Er tötete dabei zwölf Menschen. Amri wurde später auf der Flucht von Polizisten in Italien erschossen.

In der Folge kam immer wieder die Frage auf, ob der Anschlag durch konsequenteres Handeln und durch einen besseren Informationsfluss zwischen Behörden, Geheimdiensten und Regierungen hätte verhindert werden können.

Fahndungsfotos des gesuchten Tunesiers Anis Amri
Fahndungsfotos des abgelehnten Asylbewerbers Anis Amri (Archivbild)Bild: picture alliance/dpa/A. Dedert

Der Untersuchungsausschuss des Bundestages soll mögliche Behördenfehler rund um den Anschlag aufklären. Amri hatte enge Kontakte im deutschen Salafisten-Milieu und war ein Anhänger des IS. Der Tunesier war 2016 mehrfach Thema im Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum von Bund und Ländern gewesen.

Zu dem weiteren Vorwurf des Zeugen, ein BKA-Beamter habe ihm am Rande einer Besprechung beim Generalbundesanwalt im Februar 2016 gesagt, eine Quelle des nordrhein-westfälischen LKA, die auf die Gefährdung durch Amri hingewiesen habe, mache "zu viel Arbeit", sagte der Ministeriumssprecher: "Die Aussage wurde weder sinngemäß noch wörtlich durch den Beamten des BKA getätigt". Es habe gar kein inhaltliches Vieraugengespräch gegeben.

FDP: handfester Skandal

Der Obmann der FDP-Fraktion im Untersuchungsausschuss, Benjamin Strasser, sprach von einem "handfesten Skandal, der hier im Raum steht und den jetzt die Bundesbehörden, das Bundeskriminalamt, aber vor allem das Bundesinnenministerium ausräumen müssen". Eine Vernehmung de Maizières sei "unumgänglich geworden".

Dem schloss sich auch der CSU-Obmann Volker Ullrich an: "De Maizière hat das Recht und auch die Pflicht, das vor dem Untersuchungsausschuss klarzustellen", sagte er vor Journalisten.

uh/stu (dpa, afp)