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Bundeskriminalamt lässt Ermittlungsdaten löschen

12. Februar 2012

Im Zusammenhang mit der Aufklärung der Neonazi-Mordserie hat das Bundeskriminalamt sensible Ermittlungsdaten löschen lassen. Bundesinnenminister Friedrich ist alarmiert und verlangt Aufklärung.

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Bild: picture-alliance/dpa

Dabei soll es sich unter anderem um die Daten handeln, die Spezialisten der Bundespolizei auf dem Handy des mutmaßlichen Terror-Unterstützer André E. entschlüsselt hatten, berichtet die "Bild am Sonntag“. E. gilt als wichtigster Helfer der als "Nationalsozialistischer Untergrund" bekannt gewordenen Zwickauer Neonazi-Zelle, der zehn Morde sowie mehrere andere Gewalttaten zur Last gelegt werden. Das Mobiltelefon des Verdächtigen war den Fahndern bei seiner Festnahme am 24. November in die Hände gefallen.

Dass die Daten auf Betreiben des Bundeskriminalamtes (BKA) gelöscht wurden, geht aus dem E-Mail-Verkehr zwischen beiden Polizeibehörden hervor, der dem Blatt an eigenen Angaben vorliegt. Ein BKA-Sprecher bestätigte gegenüber der Zeitung die Löschaktion. Zur Begründung sagte er: "Um in diesem sensiblen Verfahren eine Dislozierung der vorhandenen Asservate (d.h. eine räumliche Verteilung der gesammelten Beweismittel) zu vermeiden, wurde seitens BKA die Bundespolizei gebeten, als Kopie vorhandenen Handy-Daten zu löschen".

Schwerer Verdacht gegen das BKA

Ein Sicherheitsexperte sagte dagegen der Zeitung, der Vorgang rieche nach "Beweisunterdrückung durch das BKA". Polizeiexperten halten es demnach für möglich, dass das Bundeskriminalamt auf diesem Weg Informanten im Umfeld der Neonazi-Zelle schützen wollte. Üblicherweise, so das Blatt weiter, müsse die Bundespolizei ihre Ermittlungsergebnisse mindestens bis zum Abschluss des jeweiligen Gerichtsverfahrens aufbewahren, weil die Ermittler wichtige Zeugen werden könnten. Dann müssten sie genau belegen, woher die von ihnen beschafften Beweismittel stammten.

BKA-Chef Jörg Ziercke bestätigte die Löschung der als Kopie bei der Bundespolizei vorhandenen Daten nach ihrem Auslesen, bekräftigte aber, dies sei ein normales Verfahren. Alle sichergestellten Inhalte stünden "weiterhin vollständig und unverändert für die Ermittlungen des Generalbundesanwalts und des BKA zur Verfügung".

Der Vorgang hat Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) alarmiert. Sein Staatsekretär Klaus-Dieter Fritsche hat nach Angaben eines Ministeriumssprechers eine "umfassende Erklärung durch die Amtsleitung des BKA angefordert". Der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU) sagte der Zeitung: "Hier handelt es sich um einen gravierenden Vorgang, der unverzüglich aufgeklärt werden muss. Es darf nicht einmal der Verdacht entstehen, dass etwas verheimlicht werden sollte".

Bund-Länder-Kommission Rechtsterrorismus
Verlangt Aufklärung: Bundesinnenminister FriedrichBild: picture-alliance/dpa

Öffentliche Untersuchungen

Die Vorgänge und Fahndungspannen um das Zwickauer Neonazi-Trio beschäftigen inzwischen zwei Untersuchungsausschüsse und eine Bund-Länder-Kommission. Die mutmaßlichen Rechtsterroristen Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschärpe waren 1998 abgetaucht. Sie sollen anschließend neun türkisch- und griechischstämmige Kleinunternehmer sowie eine Polizistin ermordet haben. Außerdem werden ihnen weitere Gewaltverbrechen und mehrere Banküberfälle zur Last gelegt.

Böhnhardt und Mundlos hatten sich im November getötet, nachdem die Polizei sie nach einem Bankraub aufgespürt hatte. Zschärpe und fünf mutmaßliche Helfer der Gruppe sitzen derzeit in Untersuchungshaft.

gmf/rb/se (dpa, afp, dapd, rtr)