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Liga-Neustart trotz positiver Corona-Fälle?

3. Mai 2020

Bald entscheidet sich, ob die Bundesliga-Saison fortgesetzt werden kann. Vor dem Hintergrund der drei positiven Corona-Fälle beim 1. FC Köln entbrennt jedoch nicht nur die Diskussion um Quarantäne-Maßnahmen neu.

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Coronavirus - Köln
Bild: picture-alliance/dpa/F. Gambarini

Wenn sich am Mittwoch, dem 6. Mai, Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder zur Videokonferenz zusammenschalten, schaut die Sportwelt ganz genau hin. Die Zeichen stehen gut, dass es schon in kommenden Tagen grünes Licht gibt für den Neustart im deutschen Profifußball. Mit Geisterspielen und strengen Hygiene- und Sicherheitsregeln, versteht sich.

Das Konzept der Deutschen Fußball Liga (DFL) ist zumindest schon durchgewunken worden - sowohl bei Deutschlands Sportministerinnen und Sportministern als auch beim Bundesministerium für Arbeit, das den Arbeitsschutz der Spieler, Trainer und Betreuer beurteilen sollte. Dieser könne weitgehend sichergestellt werden, hieß es vergangene Woche. Und so äußerte sich auch Innenminister Horst Seehofer in der "Bild am Sonntag" positiv in Richtung Neustart der Bundesliga. Bei einem Corona-Fall in einer Mannschaft während des voll angelaufenen Spielbetriebs müsse allerdings der gesamte Klub für zwei Wochen in Quarantäne. "Es bestehen also Risiken für den Spielplan und die Tabelle. Das erfordert bei allen Beteiligten hohe Disziplin bei der Corona-Vorsorge. Ich bin aber dafür, dass wir einen Versuch wagen, um das Spielgeschehen wieder zu ermöglichen."

Drei positive Fälle beim 1. FC Köln

Das Interview fand statt, bevor nach den ersten flächendeckenden Corona-Tests in der Liga am Donnerstag alle Ergebnisse vorlagen. Denn nun steht fest: zwei Spieler und ein Physiotherapeut des 1. FC Köln sind positiv getestet worden. Seehofers Meinung habe sich danach aber auch nicht grundlegend geändert, erklärte ein Sprecher des Ministeriums. Für Nationalmannschaftsarzt Tim Meyer, der auch Leiter der Taskforce der DFL ist, waren die positiven Falle anscheinend keine Überraschung: Da fast 2000 Menschen in der Bundesliga getestet worden seien, habe man "einige positive Fälle erwartet", sagte Meyer beim TV-Sender Sport1. "Ich möchte nicht ausschließen, dass es weitere gibt." Denn es sei möglich, dass zunächst negativ getestete Spieler nachträglich positiv werden. "Das ist auch einer der Gründe, warum wir wiederholt testen." Es gebe, so Meyer, "kein einhundertprozentiges System, das war auch kein realistisches Ziel".

Deutschland 1. FC Köln Birger Verstraete mit Freundin Zoe
Birger Verstraete vom 1. FC Köln und seine Freundin Zoé Timmermanns Bild: Imago Images/H. Bucco

Die drei betroffenen Personen beim 1. FC Köln sind nun in einer zweiwöchigen Quarantäne - der Rest des Teams macht weiter wie bisher. So sieht es das Corona-Konzept der DFL vor und so hat es auch das zuständige örtliche Gesundheitsamt abgesegnet. Wie fragil das Konzept ist und welche Sorgen das bei den Spielern auslösen kann, äußerte FC-Profi Birger Verstraete im Interview mit dem belgischen TV-Sender VTM.  Die Entscheidung, nicht auch in Quarantäne zu sein sei "ein bisschen bizarr", befand er. Er habe engen Kontakt sowohl zu dem Physiotherapeuten als auch zu den beiden Spielern gehabt. "Ich will, dass erst jeder wieder gesund ist und dann erst wieder Fußball spielen", sagte der Belgier, dessen Freundin wegen einer Herz-Vorerkrankung zur Risikogruppe gehört und die nun vorerst nach Belgien ziehen wird.

"Spieler haben Angst"

Die Aussagen nahm Verstraete in einer Pressemitteilung des 1. FC Köln teilweise zurück und berief sich auf Übersetzungsfehler. Dennoch wird er vielen Fußballern aus der Seele gesprochen haben. So hatte unlängst Sergio Agüero, Stürmer von Manchester City, dem argentinischen TV-Sender "El Chiringuito" gesagt: "Die Mehrheit der Spieler hat Angst, weil sie Kinder und Familien haben." Ähnliche Bedenken äußerte auch Brightons Angreifer Glenn Murray.

Bisher meldete kein anderer Bundesliga-Verein weitere positive Fälle. Am Montag sollen die Ergebnisse der Nachtests vorliegen. Weitere Positivmeldungen könnten das Konzept ins Wanken bringen. Noch trainieren die Vereine in Kleingruppen, erst nach zwei Negativtests darf man ins Mannschaftstraining übergehen. 

Massive Kritik an den DFL-Plänen gibt es aus vielen Richtungen. Unter anderen äußerte sich SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach via Twitter: "Wer mit COVID-19 trainiert, riskiert Schäden an Lunge, Herz und Nieren. Ich wundere mich, dass Spieler das mit sich machen lassen. Fußball soll Vorbild sein, nicht Brot und Spiele."

Auch der langjährige Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Peter Dabrock, hält die Idee "medizinisch und epidemiologisch für unverantwortlich". "Praktisch halte ich sie für undurchführbar und juristisch für problematisch. Vor allen Dingen hielte ich es für gesellschaftlich fatal, sogar verheerend, sollte jetzt wieder gespielt werden", sagte er den "Nürnberger Nachrichten". 

Rummenigge: Wiederbelebung des "made in Germany"

Während die Hoffnung der DFL also trotz der Corona-Fälle beim 1. FC Köln groß ist, die Saison in wenigen Wochen weiterführen zu können, wurden in anderen Ligen bereits Fakten geschaffen: In den Niederlanden und in Frankreich ist die Saison vorzeitig beendet. In Frankreich war es beim Fußballprofi Junior Samba vom französischen Klub HSC Montpellier zu einem schweren Verlauf von COVID-19 gekommen: Der 23-Jährige musste zwischenzeitlich sogar in ein künstliches Koma versetzt werden, befindet sich nun aber offenbar auf dem Weg der Besserung, schrieb der Verein auf Twitter.  

Am Sonntagabend teilte der 1. FC Köln mit, dass man im Fall der Fortsetzung der Saison plane, ein "quarantäne-ähnliches Trainingslager" zu beziehen. Bayern Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge unterstrich indessen nochmals die Bedeutung der Fortsetzung der Saison in "dieser historischen Corona-Krise" als internationales Signal. "Wenn wir den Ligabetrieb wieder aufnehmen, wäre das auch ein Zeichen Deutschlands an die Welt, dass unsere Politik sehr gut arbeitet", sagte er dem "Müncher Merkur" und der "tz" und befand darin: "Es wäre eine Wiederbelebung des 'made in Germany'."