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Die Bundesliga und ihr Russland-Geschäft

6. April 2022

Nach einem Zensur-Vorfall aufgrund pro-ukrainischer Proteste hält die DFL an Bundesliga-Übertragungen in Russland fest. Daran gibt es Kritik. Andere europäische Ligen haben die Verträge vor Wochen gekündigt.

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Pro-ukrainische Proteste beim Spiel Dortmund gegen Leipzig auf Anzeigetafel und Werbebanden
Pro-ukrainische Proteste beim Spiel Dortmund gegen Leipzig führten zum Abbruch der TV-Übertragung in RusslandBild: Bernd Thissen/dpa/picture alliance

Und plötzlich war Schluss mit Bundesliga-Fußball im russischen Fernsehen: "Leider müssen wir die Ausstrahlung aus Gründen abbrechen, die außerhalb unserer Kontrolle liegen", sagte Kommentator Igor Kytmanow noch in der ersten Halbzeit des Topspiels zwischen Borussia Dortmund und RB Leipzig. Faktisch war es Zensur, der Grund für den plötzlichen Abbruch waren die im Stadion zu sehenden pro-ukrainische und gegen den russischen Angriffskrieg gerichteten Botschaften.

Die Deutsche Fußballliga (DFL) ist mit ihrem Produkt Fußball endgültig auf heiklem Terrain gelandet. "Es gehört zur menschrechtlichen Sorgfaltspflicht von Unternehmen, Geschäfte in Russland stark runterzufahren oder einzustellen", erklärt Dorothee Baumann-Pauly, Professorin für Wirtschaft und Menschenrechte der Universität Genf, im Gespräch mit der DW. "Das betrifft alle Branchen, also ganz klar auch die Bundesliga."

Premier League kündigt schnell und einstimmig

Andere europäische Ligen wie die Ligue 1 in Frankreich oder die englische Premier League hatten ihre TV-Verträge in Russland bereits Anfang März gekündigt. Die Entscheidung der 20 Premier-League Klubs fiel einstimmig. Die Deutsche Fußball Liga hatte zum gleichen Zeitpunkt entschieden, den Vertrag mit dem russischen Medienunternehmen Match TV vorerst fortzusetzen. Die Einnahmen werden für humanitäre Hilfe in der Ukraine gespendet. Als Argument führte die DFL an, dass auf diesem Wege Anti-Kriegs-Aufrufe und Friedensappelle aus den deutschen Stadien auch weiter die russische Bevölkerung erreichen könnten.

 Dorothee Baumann-Pauly
Dorothee Baumann-Pauly hält Professuren für Wirtschaft und Menschenrechte in Genf und New YorkBild: privat

"Man sieht, das funktioniert nicht", betont Baumann-Pauly, "deshalb sollte es einen Rückzug geben." Nach dem Bekanntwerden russischer Kriegsverbrechen in Butscha sei dies noch dringender. "Vor dem Hintergrund der Gräueltaten mit Bundesliga-Fußball Entertainment nach Russland zu liefern, geht nicht", meint die Wirtschaftsethikerin. Der russischen Regierung diene die Ware Bundesliga dazu, den Anschein von Normalität zu wahren.

DFL hält an Übertragung fest

Die öffentliche Haltung in der Bundesliga ist unstrittig. Alle Vereine verurteilen Russlands Angriffskrieg. Borussia Dortmund verweist im Austausch mit der DW gleich auf mehrere Aktionen, die der Klub gemeinsam mit den Fans gestartet hat: einerseits um Menschen in der Ukraine zu helfen, andererseits den sofortigen Stopp des Kriegs zu fordern. In letzter Konsequenz führte das nun zum Abbruch der TV-Übertragung.

Im Falle einer Zensur des Fernseh-Signals hatte die DFL eigentlich angekündigt, den Vertrag mit dem russischen TV-Kanal Match TV außerordentlich zu kündigen. Dafür sieht der Verband im Moment trotz der jüngsten Entwicklung offenbar noch keinen Anlass. Auf DW-Anfrage heißt es: "Die DFL setzt gegenwärtig weiterhin auf die Möglichkeit, mit Friedensbotschaften aus den Stadien die Menschen in Russland zu erreichen. Zugleich beobachten wir selbstverständlich genau, ob und inwieweit diese Möglichkeit weiterhin gegeben ist."
 

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Jens Krepela Redakteur, Reporter, Autor