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Bundespräsident empfängt "Humboldtianer"

Heiner Kiesel11. Juni 2013

Wissenschaftler aus aller Welt sind zum Ehemaligentreffen der Alexander von Humboldt-Stiftung angereist. Unter ihnen Politiker, Forscher und Nobelpreisträger. Die Stipendien der Stiftung sind ein Karriere-Sprungbrett.

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Bundespräsident Gauck mit aktuellen und ehemaligen Stipendiaten der Alexander von Humboldt-Stiftung (Foto: DW/Heiner Kiesel)
Bundespräsident Gauck mit aktuellen und ehemaligen Stipendiaten der Alexander von Humboldt-StiftungBild: DW/H. Kiesel

In seinem eigenen Garten darf selbstverständlich auch der Bundespräsident launige Bemerkungen über das Wetter machen. Besonders wenn die Mittagssonne das Schloss Bellevue, den Amtssitz, in ein gleißendes Licht taucht. "Viele Menschen im Ausland haben Angst vor dem grauen Himmel in Deutschland", scherzt er. Seine Zuhörer lachen mit ihm - die über 500 Gäste im Schlosspark wissen, wovon er spricht.

Es sind aktuelle oder ehemalige Stipendiaten der Alexander von Humboldt-Stiftung - die "Humboldtianer", wie sich selbst nennen. Gauck wird ernst, als er zu seinem Herzensthema Freiheit kommt: Im Zusammenspiel mit dem Frieden sei sie der Garant dafür, dass alle Menschen von den Erträgen der Wissenschaft profitieren können. Aber das gehört wohl längst zum Erfahrungsschatz eines Humboldtianers. "Exzellenz und Persönlichkeit", lobt Gauck an ihnen in seiner Rede und hofft, "dass sie jetzt und in Zukunft gute Nachrichten über unser Land in der Welt verbreiten."

Netzwerk der Erfolgreichen

Über den Präsidenten selbst werden die Absolventen der Stiftung wahrscheinlich ebenfalls viel Gutes berichten. Gauck geht zur Absperrung vor dem Rednerpult, wechselt freundlich Worte und lässt sich immer wieder mit seinen Gästen fotografieren. "Ein ganz toller Moment", meint Mohammed Al Asaar aus Kairo, der sich mit seinem 2-jährigen Sohn durch die Menschentraube vorgekämpft hat, um ein Foto mit dem Präsidenten zu bekommen. "Jetzt will der Kleine aber wieder zu seiner Schwester."

Der Dozent für organische Chemie verschwindet Richtung Hüpfburg. Al Asaar forscht in Halle über Flüssigkristalle. Wenn sein Stipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung Ende des Jahres ausläuft, hat er nicht nur Erfahrung gesammelt, wie Wissenschaft in Deutschland betrieben wird. Er ist auch Teil eines Netzwerks von Forschern und Persönlichkeiten geworden, dem 25.000 Menschen in 130 Ländern angehören. Und jedes Jahr kommen 2000 neue hinzu.

Wenn sich wie in diesen Tagen die "Humboldtianer" zu ihrer Jahrestagung in der deutschen Hauptstadt treffen, schwingt auf allen Treffen mit, dass man einer besonderen Gemeinschaft angehört. Denn ein Forschungsstipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung führt nicht selten zu einer beachtlichen Karriere in Wissenschaft oder Politik. Vier von fünf Wissenschaftlern, so eine Studie der Stiftung, erlangen innerhalb von 20 Jahren nach ihrem Forschungsaufenthalt in Deutschland eine Vollprofessur. Von den Stipendiaten aus den 1990er-Jahren haben das inzwischen fast zwei Drittel erreicht.

Hamadi Boga steht im Garten der Alexander von Humboldt-Stiftung (Foto: DW/Heiner Kiesel)
Hamadi Boga konnte dank der Alexander von Humboldt-Stifung in Konstanz studierenBild: DW/H. Kiesel

48 Nobelpreisträger sind Absolventen der Stiftung. Die weitaus meisten von ihnen sagen, dass der Forschungsaufenthalt in Deutschland und das Netzwerk ausschlaggebend für ihren Erfolg waren. Hamadi Boga, ein Mikrobiologe aus Kenia, der in Konstanz studiert hat, sieht darin, "eine hervorragende Vorbereitung auf Führungsaufgaben." Boga ist in kürzester Zeit zum Leiter eines Colleges aufgestiegen, das bald den Status einer Universität erhalten soll. "Die Leute dort wissen, dass ich die Energie und die Kontakte habe, um die Dinge voran zu treiben."

Bekannte Namen

Nur rund 20 Prozent, so stellt die Stiftung fest, hätten ihrer Forschung den Rücken gekehrt und einen anderen Beruf gewählt. Das heißt aber nicht, dass sie von der öffentlichen Bildfläche verschwunden sind. Steven Chu, bis vor kurzem Energieminister der USA, gehört dem Netzwerk der Humboldtianer an. 1995 erhielt der Physiker den Humboldt-Forschungspreis, dann kam er ein Jahr später zum Forschen nach Deutschland - auf Einladung von Theodor Hänsch. Der Physiker und Nobelpreisträger gehört ebenfalls zum Netzwerk. Alice Gast, die Wissenschaftsbeauftrage Obamas, hat ebenfalls einen Humboldt-Preis bekommen. Und auch der derzeitige Energieminister im Kabinett Barack Obamas kommt aus den Reihen der Absolventen: Ernest Moniz, Physikprofessor am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge, USA.

Auch in anderen Ländern finden sich "Humboldtianer" in politischen Spitzenposistionen. Mit Laszlo Solyom beispielsweise wurde 2005 ein Jurist zum ungarischen Staatspräsidenten, der wiederholt als Humboldt-Stipendiat in Köln studiert hatte. Humboldtianer Lado Chanturia war Justizminister von Georgien, Absolventin Kazimira Danute Prunskiene war 1990 die erste Premierministerin Litauens. Es lohnt sich also offenbar, ein Stipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung zu bekommen - weit über die Wissenschaft hinaus.

Litauens ehemalige Ministerpräsidentin Kazimira Danute Prunskiene (Foto: dpa)
Kazimira Danute PrunskieneBild: picture-alliance/dpa