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Bundestag ernennt neuen Wehrbeauftragten

Wolter von Tiesenhausen, Berlin14. April 2005

Am Donnerstag (14.4.) ist Reinhold Robbe zum neuen Wehrbeauftragten des Bundestages gewählt worden. Der umstrittene Kandidat erreichte eine überraschend deutliche Mehrheit.

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Überstand die Zitterpartie: Reinhold RobbeBild: dpa

In den 1970er Jahren verweigerte Reinhold Robbe den Wehrdienst, weil ihm niemand erklären konnte, warum er im Verteidigungsfall auf Freunde in Ostdeutschland hätte schießen sollen. Eine Entscheidung, die er nicht bereue, auch wenn er zum jetzigen Zeitpunkt anders entscheiden würde, sagt er heute. Als neuer Wehrbeauftragter wacht er jetzt über die Einhaltung der Grundrechte der deutschen Soldaten aller Dienstgrade.

Der sozialdemokratische Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Verteidigungsausschusses Robbe wurde mit den Stimmen der rot-grünen Koalition am Donnerstag (14.4.2005) ins neue Amt gewählt. Er löst seinen Parteifreund Willfried Penner ab, der dieses Amt die vergangenen fünf Jahre inne hatte. Er wolle durch persönliche Kontakte zu den Soldaten Vertrauen aufbauen. Präsent zu sein, sei das Wichtigste, sagte Robbe.

Heftiger Streit im Vorfeld

Um die Wahl Robbes hatte es im Vorfeld heftige Auseinandersetzungen innerhalb der SPD-Fraktion gegeben. Bei einer Probeabstimmung vor einem Monat erhielt er zunächst keine Mehrheit, bei einer zweiten Abstimmung siegte er nur knapp über einen innerparteilichen Rivalen. Daraufhin wurde die Wahl des neuen Wehrbeauftragten verschoben, um in der Zwischenzeit die notwendige absolute Mehrheit im Bundestag sicherzustellen.

Der Widerstand gegen Reinhold Robbe in den eigenen Reihen entzündete sich zum einen an der Tatsache, dass Robbe selber keinen Wehrdienst geleistet, sondern von seinem Recht auf Kriegsdienstverweigerung Gebrauch gemacht hatte. Außerdem waren viele SPD-Abgeordnete darüber verärgert, dass die Fraktionsführung die Nominierung Robbes im Alleingang beschlossen und wichtige Flügel der Fraktion nicht in die Entscheidung eingebunden hatte.

Gegenkandidat unterliegt deutlich

Angesichts des Widerstandes in den sozialdemokratischen Reihen entschlossen sich die Liberalen, ihren Abgeordneten Günther Nolting für das Amt zu nominieren. Eine solche Gegenkandidatur für das Amt des Wehrbeauftragten ist zwar möglich, war aber bisher im Deutschen Bundestag nicht üblich. Obwohl Nolting ein erklärter Gegner der allgemeinen Wehrpflicht ist, die wiederum von den Christdemokraten vehement verteidigt wird, sagte ihm die Union ihre Unterstützung zu. Bei der entscheidenden Abstimmung unterlag Nolting jedoch deutlich mit 276 zu 307 Stimmen.

Reinhold Robbe stammt aus Ostfriesland, der äußersten Nordwestecke Deutschlands. Er ist 51 Jahre alt, hat Verlagskaufmann gelernt und nach seiner Lehre den zivilen Ersatzdienst abgeleistet. Er engagiert sich in der deutsch-israelischen Gesellschaft und für Behinderte. Dem Deutschen Bundestag gehört er seit über zehn Jahren an.

Die Kompetenzen des Wehrbeauftragten

Der Wehrbeauftragte unterstützt den Bundestag bei der parlamentarischen Kontrolle der Streitkräfte. Er wird immer dann tätig, wenn ihm Umstände bekannt werden, die auf eine Verletzung der Grundrechte der Soldaten oder der Grundsätze der inneren Führung schließen lassen. Der Bundesverteidigungsminister und alle seine Dienststellen sind ihm zur Auskunft und zur Gewährung der Akteneinsicht verpflichtet. Der Wehrbeauftragte hat zudem ein uneingeschränktes Besuchsrecht bei allen Truppenteilen der Bundeswehr.