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Abgeordnete verdienen Millionen nebenher

3. August 2015

Die Abgeordneten des Bundestags haben nach Angaben einer Transparenzorganisation seit der letzten Wahl insgesamt mindestens 11,6 Millionen Euro durch Nebentätigkeiten verdient. Eine Fraktion liegt dabei ganz klar vorn.

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Bundestag Gedenkstunde zum Ende des Zweiten Weltkriegs
Bild: picture-alliance/dpa/W. Kumm

Bundestagsabgeordnete bekommen für ihren Job als Volksvertreter 9082 Euro brutto im Monat. Doch viele haben noch ganz andere Einkommensquellen - manche fast in Millionenhöhe. Auf diese Weise haben die Volksvertreter nach Angaben des Politikportals abgeordnetenwatch.de seit Beginn der Legislaturperiode insgesamt mindestens rund 11,6 Millionen Euro nebenher verdient.

Unter den elf Topverdienern sind ausschließlich Parlamentarier von CDU und CSU, wie abgeordnetenwatch.de mit Verweis auf die Angaben der Volksvertreter auf der Internetseite des Bundestags mitteilte. Die 11,6 Millionen Euro sind aber nur eine Mindestsumme - tatsächlich könnten die Abgeordneten seit Beginn dieser Legislaturperiode vor knapp zwei Jahren den Angaben zufolge sogar bis zu 21,4 Millionen Euro eingestrichen haben. Der Grund für die riesige Grauzone ist, dass Abgeordnete nicht die tatsächliche Höhe eines Nebenverdienstes veröffentlichen, sondern ihre Einkünfte jeweils einer von zehn groben Stufen zuordnen müssen.

Angaben von abgeordnetenwatch.de zufolge gaben 156 der 631 Bundestagsabgeordneten seit Beginn der Legislaturperiode Zusatzeinkommen an, also annähernd jeder Vierte. Bei der CSU ist es sogar jeder Zweite (26 von 56 Bundestagsabgeordneten). An der Spitze der Topverdiener steht demnach der CSU-Finanzpolitiker und Landwirt Philipp Graf von und zu Lerchenfeld mit 1,1 Millionen Euro seit der vergangenen Wahl. Den zweiten Platz belegt der CDU-Abgeordnete und Landwirt Albert Stegemann mit Nebeneinkünften in Höhe von 878.500 Euro, gefolgt von seinem Parteikollegen Johannes Röring - ebenfalls Landwirt - mit 862.000 Euro.

Der CSU-Abgeordnete Philipp Graf von und zu Lerchenfeld vor seinem Schloss im bayerischen Köfering (Foto: dpa)
Der CSU-Abgeordnete Philipp Graf von und zu Lerchenfeld, hier vor seinem Schloss im bayerischen Köfering, führt die Liste anBild: picture-alliance/dpa/P. Zinken

Erst auf dem zwölften Platz liegt mit Peer Steinbrück der erste SPD-Vertreter mit Mindesteinkünften von 189.000 Euro. Als SPD-Kanzlerkandidat war Steinbrück wegen seiner vielen Nebeneinkünfte erheblich unter Druck geraten. Er hatte hunderttausende Euro an Rednerhonoraren kassiert, ehe seine Partei ihn zum Kanzlerkandidaten machte.

"Es läuft etwas schief"

"Wenn Abgeordnete mit ihren Nebentätigkeiten mehr verdienen als die Bundeskanzlerin, läuft etwas gehörig schief", erklärte Gregor Hackmack, Geschäftsführer von abgeordnetenwatch.de. "Wir müssen jetzt darüber diskutieren, ob Nebeneinkünfte nicht komplett verboten werden sollten."

"Mehr Transparenz ist nötig und möglich: Wir fordern seit langem, dass Abgeordnete ihre Einkünfte in Euro und Cent offenlegen sollen", sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Britta Haßelmann. Bürger müssten die Möglichkeit haben, zu erfahren, welchen Nebentätigkeiten Abgeordnete nachgehen. Nur so sei nachvollziehbar, ob der Schwerpunkt ihrer Arbeit tatsächlich auf dem Mandat liege.

Gregor Hackmack, Geschäftsführer von abgeordnetenwatch.de
Gregor Hackmack, Geschäftsführer von abgeordnetenwatch.deBild: Heiner Kiesel

Abgeordnetenwatch.de kritisiert noch weitere Schlupflöcher bei den Veröffentlichungsregeln. So müssten Parlamentarier bestimmte Einkünfte überhaupt nicht melden: Im Dunkeln blieben zum Beispiel alle Nebenverdienste eines Abgeordneten, die unterhalb von 1000 Euro monatlich beziehungsweise unterhalb von 10.000 Euro jährlich liegen. Rechtsanwälte bräuchten ihre Honorare unter bestimmten Umständen gar nicht angeben, auch Gewinne aus der Unternehmensbeteiligung eines Abgeordneten tauchten nirgends auf.

Abgeordnetenwatch.de hat deswegen eine Petition mit dem Titel "Verschleierung von Nebeneinkünften stoppen!" gestartet. Darin werden die Bundestagsabgeordneten aufgefordert, ein "striktes Transparenzgesetz" zu beschließen, das die Offenlegung aller Nebeneinkünfte "vom ersten Euro bis zum letzten Cent sowie die namentliche Nennung aller Geldgeber" zur Pflicht macht.

  1. stu/chr (afp, dpa)