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Bundeswehr

13. August 2010

Neues in Sachen Bundeswehr-Reform: Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg favorisiert ein Modell mit freiwilligem Wehrdienst, wie aus Regierungskreisen verlautet. Die Soldaten-Zahl soll stark zurückgehen.

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Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg am 13. November 2009 in einem Hubschrauber der Bundeswehr nahe Kunduz, Afghanistan (Foto: AP)
Bild: AP

Die jetzige Wehrpflicht könnte schon bald der Vergangenheit angehören. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat nach Angaben der "Süddeutschen Zeitung" vom Freitag (13.08.2010) eine Verkleinerung der Bundeswehr auf 165.000 bis 170.000 Soldaten im Visier. Davon soll die Zahl der Berufs- und Zeitsoldaten von rund 190.000 auf 156.000 sinken. Hinzu kämen pro Jahr 7500 freiwillige Soldaten. Bei diesem Modell würde die Wehrpflicht praktisch ausgesetzt und durch eine Art freiwilligen Wehrdienst ersetzt.

Widerstand aus der CSU

Guttenberg erhält aber weiter Gegenwind auch aus seiner Partei. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sieht "keine Vorfestlegung von niemandem". Guttenberg werde Anfang September "verschiedene Modelle zur strukturellen Weiterentwicklung der Bundeswehr vorstellen". CSU-Chef Horst Seehofer hatte vor zwei Wochen vor einer Aussetzung der Wehrpflicht gewarnt, weil er darin eine faktische Abschaffung sieht.

Rekruten legen am 30. Juli 2010 in Stuttgart während eines Feierlichen Gelöbnisses von rund 750 Bundeswehrsoldaten ihren Eid ab (Bild: AP)
Feierliches GelöbnisBild: AP

Auch der Verteidigungsexperte der CSU im Bundestag, Thomas Silberhorn, hat Zweifel am freiwilligen Wehrdienst: Er sei "skeptisch, ob dafür ausreichend Freiwillige bereitstehen werden", sagte er der Münchner Zeitung "tz" (Samstag). Silberhorn verteidigte die Wehrpflichtigen-Armee als "Armee unserer Söhne und Töchter". Dieses Argument der gesellschaftlichen Verankerung reiche für sich genommen aber nicht, um die Wehrpflicht aufrecht zu erhalten. Da sei das Argument der Nachwuchsgewinnung sehr viel bedeutender.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) wies mit Blick auf den Zivildienst auf die Gefahr einer Kostenexplosion in diesem Bereich hin. Viele Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen in Deutschland sind auf die jungen Männer angewiesen, die den Dienst an der Waffe verweigern und einen sozialen Ersatzdienst leisten.

Bundespräsident Christian Wulff schreitet am 02.06.2010 in Berlin vor dem Schloss Bellevue die Ehrenformation der Bundeswehr ab (Foto: dpa)
Bundespräsident WulffBild: dpa

Bundespräsident Christian Wulff warnte vor zu großen Einsparungen bei der Bundeswehr. Die Soldaten müssten sich darauf verlassen können, "dass die Streitkräfte auch künftig das erhalten, was sie zu einer erfolgreichen Erfüllung ihrer Aufträge benötigen". Das Kabinett hatte im Juni Einsparungen im Verteidigungsbereich von 8,3 Milliarden Euro bis 2014 beschlossen.

Noch keine Einzelheiten zu freiwilligem Wehrdienst

Die Details eines möglichen freiwilligen Wehrdienstes sind offen. Mit diesem Modell würde es keine zwangsweise Einberufung mehr geben. Für einen freiwilligen Dienst ist eine Zeitspanne von mehr als einem halben Jahr bis unter zwei Jahren im Gespräch. Wer den freiwilligen Wehrdienst absolviert, soll auch im Ausland eingesetzt werden können. Die Wehrpflicht soll aber nicht aus dem Grundgesetz gestrichen werden.

Das Verteidigungsministerium wollte sich zu den Überlegungen nicht äußern. Eine Entscheidung sei noch nicht gefallen. Guttenberg prüft fünf Personalmodelle für den künftigen Umfang der Bundeswehr. Vom Tisch ist offenbar die Variante mit nur noch 150.000 Berufs- und Zeitsoldaten. Eine andere Option ist die Beibehaltung der Wehrpflicht bei einer Gesamtzahl von 205.000 Soldaten.

Die Bundeswehr hat nach eigenen Angaben derzeit knapp 250.000 Soldaten, darunter rund 190.000 Berufs- und Zeitsoldaten. Mehr als 26.000 Soldaten leisten freiwillig länger Wehrdienst. Dazu kommen knapp 33.000 Grundwehrdienstleistende.

Zustimmung von SPD und Grünen

Die Opposition begrüßte die Pläne weitgehend. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte der "Bild"-Zeitung: "Der Verteidigungsminister übernimmt einen Plan, den die SPD entworfen hat." Er sei gespannt, ob Guttenberg die Kraft habe, das Konzept in den eigenen Reihen durchzusetzen.

Der damalige Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, SPD, am 30.04.2009 mit dem ISAF-Regionalkommandeur Nord, Brigadegeneral Jörg Vollmer (re.) in Masar-i-Scharif (Foto: dpa)
"Alles nur von uns geklaut" - Ex-Außenminister SteinmeierBild: picture-alliance/ dpa

Auch die Grünen reklamierten für sich, dass Guttenberg auf ihre Vorschläge zurückgegriffen habe. Grünen-Verteidigungspolitikerin Agnieszka Malczak kritisierte aber: "Konsequenter wäre es, die Wehrpflicht abzuschaffen, statt sie nur halbherzig auszusetzen." Die Bayern-SPD fürchtet, dass mit der angedachten Reform einige Bundeswehrstandorte geschlossen oder aufgelöst werden könnten.

Autor: Tobias Oelmaier (mit dpa, apn, epd)
Redaktion: Marko Langer