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Gefärbte Eier - kein Saisonartikel mehr

Mathilda Jordanova-Duda28. März 2016

Bunte Eier gehören in Deutschland zum Osterfest. Man kann sie selbst bemalen, aber auch kaufen. Rund 30 Färbereien arbeiten für den Osterhasen. Kurz nach Weihnachten beginnen sie und hören auch nach Ostern nicht auf.

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Ostereier
Bild: Fotolia/realjuju

Rasend schnell sortiert Justina Zatuska Eier auf Paletten: hier geringelt, dort getupft. Nichts fällt der flinken Packerin herunter. Das vierte Jahr schon arbeitet die polnische Saisonkraft in der Eierfärberei von Udo Baumeister in Breckerfeld. Vor Ostern kocht, färbt und verpackt der Betrieb bis zu 600.000 Stück am Tag. Eier rot, blau, grün, orange, pink und sogar golden - da muss der Osterhase ganz schön hoppeln.

"Die Regenbogen-Muster sind die beliebtesten", verrät Volker Rüggeberg. Der sogenannte Färbemeister arbeitet hier seit 35 Jahren. Vor ihm verschwinden weiße Eier in die Maschine, um bunt geringelt wieder aufzutauchen. Acht Düsen sprühen gleichzeitig verschiedene Farben auf, um ihnen die Streifen zu verpassen. "Das sind die gleichen Pistolen, die man zum Autolackieren benutzt", erklärt Rüggeberg: "Nur ist das hier Lebensmittellack".

Rüggeberg ist schon Rentner, aber in den Spitzenzeiten hilft er aus. Einen Monat vor Ostern laufen die Anlagen in drei Schichten und Baumeister heuert Saisonkräfte an. Bis zu 60 Leute arbeiten dann im Dienst des Osterhasen. Damit gehört der Betrieb zu den Größten in einer überschaubaren Branche.

Menschenauflauf beim Eierfärben

Vor mehr als 40 Jahren hatte der Vater des heutigen Firmeninhabers mit dem Färben angefangen und zusammen mit Maschinenbauer Bergmeier die ersten Maschinen dafür entwickelt. Damals bemalten die Leute ihre Ostereier zuhause und tunkten sie in Töpfe mit chemischen oder pflanzlichen Extrakten. Baumeister senior veranstaltete ein Schaufärben vor dem Kaufhof in Hagen, der nächsten Großstadt. "Dann fing es an zu rollen", sagt sein Sohn Udo.

Kinder suchen Ostereier
Glückliche Kinderaugen beim Ostereiersuchen: Da ist es doch fast egal, ob Mutti die Eier gefärbt hat oder Herr Rüggeberg in Breckerfeld.Bild: Kzenon - Fotolia.com

Laut Verband Deutsches Ei gibt es 10 größere und 20 kleinere Färbereien in Deutschland, wobei auch andere den Titel der ältesten für sich beanspruchen. Keiner der mittelständischen Betriebe kann allein davon leben: Sie halten eigene Legehennen, haben Packstellen oder produzieren Nudeln und Anderes. Man färbt im großen Maßstab auch in Österreich, der Schweiz und den Niederlanden. Ab und zu bekommt Baumeister Anfragen aus Bulgarien, aus asiatischen Ländern oder gar Abu Dhabi. "Die Ausländer reisen an und sind vollauf begeistert, aber bei sich können sie das nicht aufziehen". Wo es keine Bunte-Eier-Tradition gibt, könne es auch keinen Markt dafür geben, glaubt er.

Eier schwarz-rot-gold zur Fußball-EM

Andererseits hat sich der deutsche Markt inzwischen vom Brauchtum abgekoppelt. Nach dem Fest färbt Baumeister weiter: in nur einer Schicht zwar, aber das ganze Jahr über. Anlässe gibt es genug: Karneval, Bundesliga-Spiele, Firmenfeier, Parteiveranstaltungen. Die Eier lassen sich mit der modernen Spritztechnik in passendem Design gestalten. Allein zur Fußball-EM wird Baumeister Hunderttausende, wenn nicht sogar Millionen mit schwarz-rot-goldenen Streifen schmücken oder sie im "Fußball-Design" mit schwarzen Fünfecken auf weißem Grund verzieren.

Und auch zwischendurch pellen die Deutschen gern mal ein buntes Ei. Es ist eben bequemer, statt selbst zu kochen. Jedes 18. in Deutschland verkaufte Ei, also 474 Millionen, war 2015 gefärbt, stellt die Marktinfo Eier und Geflügel (MEG) fest. Die Farbe dient dabei nicht allein der Tradition oder der Schönheit: Sie versiegelt die Poren und erhöht die Haltbarkeit um mehrere Wochen.

Qualitätssiegel für bunte Eier

Nur perfekte Hühnererzeugnisse mit einer glatten dicken Schale eignen sich fürs Bemalen. Der Prozess ist strapaziös für die zerbrechlichen Dinger: Zunächst rollen sie 20 Minuten lang durch heißen Dampf, weil das Vorwärmen ein Aufplatzen verhindert. Zurück geht es durch fast siedendes Wasser. Sensoren schlagen Alarm, wenn die Temperatur um 2 Grad absackt oder der Wasserstand um einen halben Zentimeter fällt.

Rollmaschinen zum Färben hat praktisch jeder Betrieb. Die Eier kullern über sich drehende, mit Farbe getränkte Stäbe und erhalten so die typische Marmorierung. Die Lackiermaschine mit den Spritzpistolen ist schon etwas Besonderes: Sie kann mehrere Muster produzieren.

Kritiker vermuten im industriellen Eierfärben eine Methode, dem Verbraucher Ware aus Käfighaltung unterzumogeln, denn die übliche Stempelung geht verloren. Das Siegel des Vereins für kontrollierte alternative Tierhaltungsformen (KAT) garantiert für die Herkunft aus Boden-, Freiland- oder Biohaltung. Da es zudem keine gesetzlichen Vorgaben zum Herstellungsprozess gibt, hat die Qualitätsgemeinschaft Bunte Eier (QBE) Standards mit den Produzenten erarbeitet. Beide Logos wie auch das Mindesthaltbarkeitsdatum und die Angaben zu den Farbstoffen findet man auf der Verpackung.