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Börsen-Achterbahn: Alles wird gut. Bloß wann?

Brigitte Scholtes Frankfurt am Main
25. März 2020

An den Börsen geht es seit Wochen rund. Meist kennen die Aktienmärkte nur die eine Richtung: abwärts. Doch in den letzten Tagen haben die Kurse zum Teil auch kräftige Sätze nach oben gemacht. Wie passt das zusammen?

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USA New Yorker Börse an der Wall Street
Bild: picture-alliance/newscom/UPI Photo/J. Angelillo

Durchatmen an der Börse: Nach dem außergwöhnlichem Plus am Vortag schien den Händlern am Mittwoch die Puste auszugehen - in Frankfurt war das zu verzeichnen, was die Händler eine Seitwärtsbewegung nennen: Der Deutsche Aktienindex pendelte in einer bestimmten Spanne mal im Plus, mal im Minus um den Vortagesschluss. Der Dienstag hingegen hatte es in Sich: Da schoss der Dax um elf Prozent in die Höhe, der stärkste Zuwachs seit Herbst 2008, also der Finanzkrise vor mehr als zehn Jahren. Noch kräftiger legte der Dow Jones-Index an der Wall Street zu: Hier betrug das Plus 11,3 Prozent oder mehr als 2000 Punkte - einen solchen Zuwachs hatte seit 2933 nicht mehr gegeben. Denn die Börsianer freuten sich über die Einigung auf ein Zwei-Billionen-Dollar-Nothilfepaket in den USA wegen der Coronakrise. Doch zurück zum wichtigsten deutschen Börsenbarometer.  

Im Dax sind die dreißig größten deutschen Aktiengesellschaften notiert. Welche das sind, dazu gibt es verschiedene Kriterien wie etwa den Wert der an der Börse gehandelten Anteile. Die prozentualen Zuwächse orientieren sich an dem Punktestand, den der Index am Vortag erreicht hat. Ursprünglich war der Dax im Juli 1988 gestartet mit einem Stand von 1000 Punkten. Aussagekräftig ist die prozentuale Veränderung jeweils zum Vortag. Bis Mitte Februar war der Dax auf ein Rekordhoch von 13.789 Punkten geklettert, seither hat er zeitweise um mehr als ein Drittel verloren.
Noch fehlen die guten Nachrichten

Hat schon (fast) alles erlebt: Peter Tuchman, einer der erfahrensten Händler an der Wall Street.
Hat schon (fast) alles erlebt: Peter Tuchman, einer der erfahrensten Händler an der Wall Street. Bild: picture-alliance/AP Photo/R. Drew

Diese Schwankungen, wenn auch vielleicht nicht in diesem Ausmaß, werden noch eine Zeitlang bleiben. "Für die Börse ist die Entwicklung der Neuninfektionszahlen entscheidend", erklärt Robert Halver, Kapitalmarktstratege der Baader Bank. Solange die über der Zahl der Todesfälle liege, werde die Börse sich nicht wirklich erholen: "Dazu brauchen wir wirklich gute Nachrichten." Auch Carsten Brzeski, Chefvolkswirt Deutschland der ING-Bank glaubt: "Die Achterbahnfahrt wird weitergehen." Brzeski verweist auf die USA: dort befinde man sich ja erst am Beginn der Infektionswelle.

Eine schwierige Situation für Anleger, die ihre Kursgewinne der letzten Jahre dahinschmelzen sehen. Eine Trendwende sieht Robert Halver aber noch nicht: "Das Eis ist noch zu dünn", sagt er. In den nächsten Wochen dürften der Dax zwischen 8200 und 11.000 Punkten schwanken. Anleger brauchen also weiter starke Nerven. Der Kapitalmarktexperte aber hat lange Jahre Erfahrung an der Börse. Er ist sicher: "Auch diese Krise werden wir meistern - in medizinischer, finanzpolitischer und wirtschaftlicher Sicht." Man könne sich allmählich vorsichtig "gefallene Engel" (gefragte Werte, die derzeit günstig zu haben sind, d.Red.) ansehen und mit viel Geduld wieder in den Aktienmarkt hineingehen. Dabei hat Halver vor allem zyklische Aktien im Blick.

Wer jetzt Aktien oder Fondsanteile verkaufe, mache wahrscheinlich einen der wichtigsten Anlagefehler, warnt das Verbraucherportal Finanztip. "Er verkauft bei stark sinkenden Kursen und steigt später erst dann wieder ein, wenn sich die Kurse bereits kräftig erholt haben. Wenn Sie also vor einigen Wochen oder Jahren überzeugt waren, dass eine breit gestreute Aktienanlage langfristig im Wert steigt, dann sollten Sie diesen Glauben jetzt nicht aufgeben und an Ihrer festgelegten Anlagestrategie festhalten." Wer jetzt aber Geld benötige, müsse wohl seine Pläne anpassen und einen Teil des Aktienvermögens verkaufen. "Dann greift die Regel, dass man Aktienvermögen nie auf einmal, sondern geplant in Raten verkaufen sollte." Die Alternative: Man schiebt geplante Anschaffungen auf.

Auch an der Frankfurter Börse war es an manchen Tagen nicht mehr zum Hinsehen.
Auch an der Frankfurter Börse war es an manchen Tagen nicht mehr zum Hinsehen. Bild: picture-alliance/dpa/A. Dedert

Und was ist mit der Altersvorsorge?

In Aktien sollte man ohnehin nur mit einer langfristigen Perspektive investieren, sagt Chris-Oliver Schickentanz, Kapitalmarktstratege der Commerzbank: "Wer regelmäßig in einen breit gestreuten, globalen ETF-Aktiensparplan investiert, der sollte das auch weiter tun." Da bietet sich etwa der MSCI World an. Solche Indizes bilden ETF-Fonds ab, machen also dessen Schwankungen mit. Der Vorteil: Zu schlechten Zeiten erwirbt man für den festgelegten Sparbetrag mehr Anteile, man profitiert also von einer Aufwärtsbewegung entsprechend stärker.

Solche Produkte eignen sich auch für die Altersvorsorge, wenn man langfristig investiert und den Aktienanteil mit zunehmendem Alter reduziert. Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, hält Panik für unangebracht, solange die Risiken weltweit derart breit gestreut sind. "Als Aktienbesitzer muss man immer mit solchen Szenarien und starken Kursverlusten rechnen", sagt er. Ein Minus von 50 Prozent - das komme immer mal wieder vor. Für das höhere Risiko haben Aktionäre auch die Aussicht auf höhere Erträge. "Nach jedem Crash folgten in der Vergangenheit immer auch neue Höchststände. Allerdings weiß niemand, wie lange das dieses Mal dauern wird", sagt Nauhauser. Man solle jetzt nicht anders planen als sonst auch, also bei langfristigen Anlagen die Risiken breit streuen, nicht nur in Aktien investieren, sondern auch in sicherere Anlagen wie etwa Zinspapiere, Offene Immobilienfonds und einen kleinen Teil auch in Gold, dabei aber die Kosten für die Investments gering halten.