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Chaos im Nahen Osten

4. Januar 2007

Vermittler Ägypten gibt den Palästinensern die Schuld für den Stillstand der Friedensverhandlungen mit Israel. Die Beschuldigten liefern sich Kämpfe mit der israelischen Armee und untereinander.

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Ehud Olmert (links) und Hosni Mubarak (rechts)
Ramallah: Vollautomatische Waffen auf offener StraßeBild: AP

Zum Auftakt des Gipfeltreffens zwischen dem ägyptischen Präsidenten Mubarak und Israels Ministerpräsident Ehud Olmert hat die Regierung in Kairo schwere Vorwürfe gegen die Palästinenser erhoben. Außenminister Ahmed Abul Gheit gab der palästinensischen Führung die Schuld dafür, dass es trotz israelischer Zugeständnisse noch immer nicht zu einer Lösung der seit Monaten schwelenden Geisel-Krise gekommen ist. Die Freilassung des im Juni entführten israelischen Soldaten Gilad Schalit gilt derzeit als Haupthindernis für eine Wiederbelebung des Friedensprozessesl.

Ägypten für Palästinenser und Israel

Ein Familienmitglied hält das Foto des entführten israelischen Soldaten Gilad Schalit in den Händen
Schalits Angehörige klammern sich an alte BilderBild: AP

"Es gibt in der Frage keine Entwicklung", sagte Gheit am Donnerstag (4.1.2007) im ägyptischen Badeort Scharm el-Scheich, dem Ort des Gipfeltreffens. Israel habe den von den palästinensischen Geiselnehmern verlangten Gefangenenaustausch angeboten. "Leider denken aber einige palästinensische Kräfte, die Zeit sei noch nicht reif dafür." Eine Tonbandaufnahme, die die Angehörigen des Entführten erhalten haben, soll beweisen, dass der Schalit noch lebt. Die Hamas sei bereit, Israel zusätzlich eine aktuelle Videoaufnahme des verschleppten Soldaten zukommen zu lassen, sagte ein führender Hamas-Aktivist in Damaskus. Im Gegenzug erwarte die Hamas die Freilassung einer "erheblichen Zahl" palästinensischer Gefangener. Für die Freilassung des Soldaten fordern die Entführer die Freilassung von tausend Palästinensern aus israelischen Gefängnissen. Israel hat diese Forderung als überzogen zurückgewiesen.

Ägypten hatte darauf gehofft, bei dem Gipfeltreffen einen Durchbruch im Konflikt um den entführten Soldaten bekannt geben zu können, in dessen Folge Israel eine mehrwöchige Groß-Offensive im palästinensischen Gazastreifen unternommen und die Bewegungsfreiheit der Palästinenser empfindlich eingeschränkt hat. Zur Stärkung der gemäßigten Kräfte hat Israels Ministerpräsident Olmert zuletzt eine Lockerung der israelischen Maßnahmen eingeleitet. Zudem hatten beide Seiten bereits zuvor eine Waffenruhe für den Gazastreifen vereinbart.

Palästinenser gegen Palästinenser

Palästinensische Jugendliche werfen mit Steinen (Juni 2000, Jerusalem)
In Verzweiflung sind auch Steine Waffen (Archiv)Bild: dpa

Trotz Waffenruhe taten sich Anhänger der radikalislamischen Hamas und der gemäßigten Fatah am Donnerstag erneut Gewalt an. Bei mehreren Kämpfen im Gazastreifen seien ein 26-jähriger Hamas-Anhänger und ein 18-jähriger Fatah-Anhänger getötet worden, teilten Klinikmitarbeiter mit. Im Westjordanland setzten Angreifer das Auto des Ministers für Gefangenen-Angelegenheiten in Brand, ein weiterer hochrangiger Hamas-Vertreter wurde entführt. Der Gesundheitsminister war bereits am Vorabend entführt und wieder freigelassen worden. Hamas-Anhänger machten die Fatah verantwortlich und übten gewaltsam Rache.

Am Mittwoch (3.1.2007) waren bei Zusammenstößen zwischen den Palästinensergruppierungen fünf Menschen getötet worden. Es war der heftigste Gewaltausbruch seit Vereinbarung der Waffenruhe. Während der Beisetzung der Toten kam es im Flüchtlingslager Mughasi im Gazastreifen zu weiteren Schießereien, fünf Menschen wurden verletzt. Ursprünglicher Auslöser der Kämpfe war die Ankündigung von Abbas, Neuwahlen anzustreben, weil die Bemühungen um eine Einheitsregierung bislang erfolglos verlaufen sind. Die Hamas verurteilt die geplanten Neuwahlen als Staatsstreich.

Palästinenser gegen Israel, Israel gegen Palästinenser

Der Ministerpräsident Ismail Hanija (Hamas) spricht vor Mikrofonen
Hat im Prinzip nichts gegen Gewalt: Ismail HanijaBild: AP

Angesichts der jüngsten Gewalt brach Ministerpräsident Ismail Hanija von der Hamas eine Reise durch mehrere arabische Länder ab und kehrte am Donnerstag nach Gaza zurück. Er rief die Palästinenser dazu auf, die Gewalt umgehend zu beenden. "Ihr müsst Euch alle lieben und die Differenzen im Dialog und nicht mit Waffen beilegen", sagte Hanija. "Waffen dürfen nur gegen die israelische Besetzung gerichtet werden".

Die israelische Armee griff erneut Ziele im Westjordanland an. Ein Kampfhubschrauber beschoss ein Gebäude im Zentrum der Stadt Ramallah. Palästinenser bewarfen Jeeps und Planierraupen, die an der Aktion teilnahmen, mit Steinen. Im folgenden Gefecht wurden Krankenhausmitarbeitern zufolge vier Palästinenser getötet und mindestens 25 verletzt. Eine Vertreterin der israelischen Armee sagte, das Militär habe bei dem Einsatz vier gesuchte Männer festgenommen. Nähere Umstände oder ein Grund für die Festnahmen wurden nicht genannt. (ask)