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Chicago feuert Polizeichef

1. Dezember 2015

Nach der Veröffentlichung von Videoaufnahmen tödlicher Polizeischüsse auf einen schwarzen Teenager ist der Polizeichef der US-Millionenstadt entlassen worden. Vorausgegangen waren Proteste der Bevölkerung.

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Screenshot aus dem Polizeivideo zur Tat (Foto: picture alliance/dpa)
Screenshot aus dem Polizeivideo der TatBild: picture-alliance/dpa/Chicago Police/Handout

"Das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Polizei der Stadt ist erschüttert und erodiert", sagte Bürgermeister Rahm Emanuel bei einer Pressekonferenz. Es sei an der Zeit für eine "neue Führung, um die Herausforderungen anzugehen". Darum habe er den bisherigen Polizeichef Garry McCarthy um den Rücktritt gebeten.

Hintergrund ist der Tod eines 17-jährigen Afroamerikaners. Ein weißer Polizist hatte am 20. Oktober 2014 in Chicago 16 mal auf Laquan McDonald geschossen. Am vergangenen Dienstag, mehr als ein Jahr nach der Tat, wurde der Polizist des Mordes angeklagt. Ein zugleich veröffentlichtes Video zeigt, dass nur zwei der Kugeln den Jugendlichen im Stehen getroffen haben. Die weiteren Schüsse wurden abgefeuert, als der Teenager schon wehrlos am Boden lag. Mehrere Polizeikollegen näherten sich dem Tatort, ohne sich um den Sterbenden zu kümmern.

Der Polizist, der auf den Jungen feuerte, fühlte sich nach Angaben seiner Anwälte von McDonald bedroht, der ein kleines Messer mit sich geführt haben soll. Die Staatsanwaltschaft sah aber keine Anzeichen für Notwehr und klagte den Polizisten wegen Mordes an. Am Montag kam er gegen eine Kaution von 1,5 Millionen Dollar (1,4 Millionen Euro) vorläufig frei.

Wütende Proteste gegen Polizeigewalt

Tausende Menschen gingen in den vergangenen Tagen in Chicago auf die Straße, um gegen Polizeigewalt zu demonstrieren. Außerdem warfen sie den Behörden Vertuschung vor und brachten mit der Parole "16 Schüsse - 13 Monate" ihren Unmut über die späte Anklage des Polizisten zum Ausdruck. Sie forderten auch den Rücktritt des Polizeipräsidenten von Chicago.

Video auf Druck veröffentlicht

Das von einer Kamera auf dem Armaturenbrett eines Polizeiwagens aufgenommene Video zum Tathergang war erst nach der Klage eines Journalisten veröffentlicht worden. Von der Polizei beschlagnahmte Aufnahmen einer Überwachungskamera eines Fast-Food-Restaurants verschwanden laut Medienberichten auf mysteriöse Weise.

Fälle von Polizeigewalt gegen Schwarze haben wiederholt für Empörung und Aufruhr in der afroamerikanischen Bevölkerung gesorgt. Im Sommer 2014 hatte die Tötung des 18-jährigen Michael Brown in Ferguson im Bundesstaat Missouri schwere Unruhen ausgelöst. Der verantwortliche Polizist wurde nicht angeklagt, obwohl Brown unbewaffnet war. Im April hatte der Tod des Schwarzen Freddie Gray im Polizeigewahrsam in Baltimore zu Ausschreitungen in der Ostküstenstadt geführt. Am Montag begann mit der Auswahl der Geschworenen der Prozess gegen den ersten der sechs angeklagten Polizisten im Fall Freddie Gray.

qu/rb (afp, APE, rtre, dpa)