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Politik

Chicagos erste schwarze Bürgermeisterin

3. April 2019

Normalerweise sind Bürgermeisterwahlen in den USA international nicht so relevant, dass die Deutsche Welle über sie berichtet. Das Ergebnis in der US-Großstadt Chicago ist aber in mehreren Aspekten bemerkenswert.

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USA Chicago Lori Lightfoot
Bild: Getty Images/AFP/K. Krzaczynski

Erstmals in der Geschichte der Stadt bekommt Chicago eine schwarze Bürgermeisterin: Die afroamerikanische Demokratin Lori Lightfoot (Artikelbild) setzte sich in einer Stichwahl klar gegen die ebenfalls schwarze Toni Preckwinkle durch. Lightfoot erhielt nach Auszählung fast aller Stimmen knapp 74 Prozent.

Lightfoot und Preckwinkle gehören beiden dem linken Flügel der Demokraten an. Sie hatten sich im Februar in der ersten Wahlrunde überraschend gegen zwölf Konkurrenten durchgesetzt, von denen die meisten gemäßigt und Vertreter des politischen Establishments waren. Amtsinhaber Rahm Emanuel, der erste Stabschef von Ex-Präsident Barack Obama, hatte auf eine dritte Kandidatur verzichtet.

USA Innenstadt von Chicago
Der Norden und das Zentrum Chicagos erlebten einen wirtschaftlichen Aufschwung...Bild: Imago Images/UIG

Seit 1837 gab es in Chicago erst eine Frau als Bürgermeisterin sowie einen schwarzen Mann. Während Preckwinkle schon eine Reihe von politischen Ämtern innehatte, hatte Lightfoot ihren Wahlkampf bewusst als Außenseiterin bestritten. Die 56-jährige Anwältin ist auch das erste Stadtoberhaupt der drittgrößten Stadt der USA, das offen homosexuell lebt.

Der Wunsch nach Veränderung

Die Botschaft der Wahl sei deutlich, sagte der Politikwissenschaftler Evan McKenzie der Nachrichtenagentur AFP: Die Wähler wollten "neue Ideen und eine sauberere Regierung". Die langjährige Bundesstaatsanwältin Lightfoot sagte: "Die Menschen hoffen, dass etwas anderes kommt. Es ist überwältigend, dafür eine Hoffnungsträgerin zu sein." Sie ließ auch erkennen, dass sie mit der unterlegenen Preckwinkle zusammenarbeiten wolle. 

USA Obdachlose in Chicago
... während die Menschen im Westen und Süden der Stadt mit Armut und schlechten Perspektiven zu kämpfen habenBild: Imago Images/Xinhua/P. Gorski

Die sozialen Ungleichheiten sind in der Metropole im Norden der USA ein riesiges Problem. Kritiker beschuldigen die Stadtspitze um Noch-Bürgermeister Emanuel, eine glitzernde Fassade nach außen zu bauen - mit Wolkenkratzern und schönen Art-Deco-Häusern an der Küste des Michigansees, High-Tech-Jobs in den Bürotürmen für die gut Gebildeten und einem Wohlfühl-Image, das Touristen anlockt. An den Rändern der 2,7-Millionen-Einwohner-Stadt sieht es mit Armut, Kriminalität, Drogenproblemen und fehlender Bildung anders aus. Die Menschen in diesen Vierteln fühlen sich vernachlässigt.

Lightfoot setzt sie sich für bessere Lebensbedingungen in den mehrheitlich von Schwarzen bewohnten, heruntergekommen Vierteln der Stadt ein. Gleichzeitig will sie die grassierende Korruption und die Waffengewalt eindämmen. In keiner anderen Großstadt der USA werden so viele Menschen Opfer von Waffengewalt. Im vergangenen Jahr wurden mehr als 550 Menschen in Chicago ermordet - mehr als in New York und Los Angeles zusammen.

Lightfoot dürfte sich auch für Reformen bei der Polizei einsetzen. Die 56-Jährige hatte in der Vergangenheit unter anderem ein Gremium zur Reform der Polizei geleitet, nachdem ein schwarzer Jugendlicher von einem weißen Polizisten erschossen worden war. Ein Untersuchungsbericht des US-Justizministeriums attestierte der Polizei in Chicago, vor allem gegen Schwarze mit roher Gewalt vorzugehen - und zum Teil auch mit Willkür.

ust/fab (afp, dpa, chicagoelections.com, npr.com)